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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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muß.
    Sonderbar! sagte Mansfeld; ich soll etwas allgemein Bekanntes erzählen, und werde von meinen Zuhörerinnen, die es mir befohlen haben, nach der Reihe ausgescholten. Und doch ist es nur der Name Louise, der Sie, Theuerste, zuletzt so über die Gebühr erschreckt hat, denn sonst ist für unser Jahrzehend diese Geschichte eine fast alltägliche zu nennen. Während meines Vortrages haben Sie sich überhaupt den Fehler zu Schulden kommen lassen, daß Sie sich alle immer mit den dargestellten Personen verwechselten; darüber ist das reine unbestochene Interesse verloren gegangen. – Das Schlößchen selbst wurde aber bei diesen Kriegsvorfällen fast ganz zerschossen und verbrannt; es ist erst nach dem Frieden wieder von einem weitläufigen Verwandten des letzten Besitzers hergestellt worden, und zwar in der Art und Weise, wie wir es Alle kennen. Daß aber seitdem der Spuk wilder als jemals tobt, daß Kobolde Tag und Nacht das Haus und selbst die Gegend beunruhigen, daß Pferde dort wild und Hunde und Stiere toll werden, daß alle Sorten von Geistern sich zeigen und Ahndungen, Stimmen, Geschrei, Geheul dort rumoren und ihr Wesen treiben, ist Jedem begreiflich und nichts weniger als räthselhaft, der nur etwas mit der Etikette und den ganz natürlichen Folgen solcher unnatürlichen Blutschuld und so gräßlichen Mordes bekannt ist.
    Und in dem unglückseligen Hause, klagte die Mutter weinend, sollen wir nun wohnen?
    Louise sagte: der Eigentümer, wie mir schon gestern Herr Mansfeld sagte, soll es bloß wegen des tausendfachen Elends, was er dort schon erlebt, meinem Vater verkauft haben.
    Alles, fügte Mansfeld hinzu, ist noch lange nicht gesagt und geschildert, denn dazu wird mehr Zeit erfordert. Entsetzlich ist es auf jeden Fall und kann wieder neue tragische Folgen nach sich ziehen.
    Ja, ja, sagte der alte Freimund, der schon seit einiger Zeit in der Dämmerung des Hintergrundes stand, ohne daß einer sein Eintreten bemerkt hatte, so ist es, und die Einweihung des furchtbaren Ortes, so wie das Verlöbniß meiner Tochter soll heute oder morgen gefeiert werden. Und ohne Widerrede zwar und ohne den Einspruch irgend eines dummen Gespenstes.
    *
    Der Hauptmann Carl von Wildenstein saß am Fenster seiner Wohnung, neben ihm sein Freund Ferdinand. Die Reiter begaben sich nach vollendetem Manöver in ihre Quartiere und zogen durch das lichte, offene Städtchen mit fröhlicher Feldmusik. Carl war finster und übel gelaunt, er schien sehnlich jemand zu erwarten, denn immer wieder sah er mit gespanntem Auge nach dem Ausgang der Gasse, die ins Feld hinausführte. Ich bin in der bedrängtesten Lage von der Welt, rief er endlich aus: keine Nachricht von ihr, und mein Vater, der mir helfen sollte, läßt auch auf sich warten! Der alte Mann, der über Alles lacht, meint immer, es werde sich schon geben, für jedes Unglück sei auch ein Mittel da, man müsse niemals die Hoffnung aufgeben, am wenigsten verzweifeln. Als wenn hier noch viel zu erwarten wäre! Auf welchen Zufall soll ich denn rechnen? – Endlich! rief er mit fröhlicher Stimme. Ein Note kam keuchend und ermüdet an, und übergab einen kleinen Brief. Mit jedem Worte, das der Hauptmann vom Blatte gierig las, ward seine Miene finsterer, seufzend faltete er das Papier wieder zusammen und warf sich mit dem Ausdruck des bittersten Verdrusses in den Stuhl. Nun? fragte Ferdinand, keine Hülfe, kein Trost, keine Aussicht? Lies selbst! antwortete der Hauptmann: mein Sinnen ist zu Ende; wenn kein Zufall, kein Glück vom Himmel fällt, so kommt aller Rath zu spät.
    Ferdinand las: »Mein Geliebter, wie es werden soll, begreife ich nicht. Mein Vater ist dem Deinigen unversöhnlicher, als jemals; morgen sollen wir auf dem sogenannten Zauberschlosse, dem neu angekauften kleinen Gute, Nachmittag und Abend zubringen. Das Fest der Einweihung soll zugleich durch den Herrn von Dobern verherrlicht werden, an den schon geschrieben ist, und welcher gewiß nicht ausbleiben wird. Kommt er, so weiß ich nicht, wie ich dieser verhaßten Verlobung, die am nehmlichen Abend, morgen, ausgesprochen werden soll, entgehen kann. Denn mein Vater nimmt keine Einwendungen an, und selbst das Vermitteln des Deinigen würde uns nicht weiter führen, man würde den General gewiß nicht anhören, ihn sogar nicht vorlassen, wenn er auch persönlich erscheinen wollte. An meiner Mutter habe ich auch keine Hülfe, die, ob sie gleich das Verfahren des Vaters nicht ganz rechtfertigen kann, doch viel zu schwach ist,

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