Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
gab Anweisungen für die Mahlzeiten, dann zog sie mich in ihr Arbeitszimmer, wo wir bis zur Essenszeit saßen und uns unterhielten, während Sanchia draußen ausritt oder die Umgebung erkundete. Wir sprachen zwanglos über viele Dinge.
Ich erzählte ihr, dass ich sehr überrascht war, als ich erfuhr, dass Sor Beatriz eine Tochter hatte, und berichtete ihr alles über ihre Mutter und das Kloster. Ich schilderte, wie freundlich Sor Beatriz zu mir gewesen ist, wie sie mich als ihre Helferin angeleitet hat. »Es scheint, als hättet Ihr meinen Platz eingenommen«, sagte Salomé. »Das freut mich. Und die Inquisition? Wir erfahren hier nicht viel. Ist es inzwischen wirklich so schlimm, wie die Leute sagen?«
Ich erwiderte, das sei es. Als sie hörte, dass ein Tribunal gerade zu der Zeit in Las Golondrinas eingetroffen war, als wir abreisten, war sie beunruhigt. Ich sagte ihr allerdings nicht, warum der Äbtissin so sehr daran gelegen war, dass das Tribunal uns nicht fand.
Es dauerte lange, bis ich Salomé alle Neuigkeiten aus dem Kloster erzählt hatte. Bevor die Konquistadors kamen, hatte sie keine Briefe nach Spanien schicken und keine aus Spanien empfangen können, und danach hatte sie oftmals an das Kloster geschrieben, jedoch nie eine Antwort erhalten. Ich versicherte ihr, dass kein Brief das Kloster je erreicht habe und die Nonnen erst, als Sor Serafina die Geschichten ihrer Brüder über die Kolonien wiederholte, erkannten, dass die Missionarinnen nicht ertrunken oder Piraten zum Opfer gefallen waren. Einmal fragte Salomé: »Ich nehme nicht an, dass meine Mutter Euch von meinem Vater erzählt hat? Nein? Auch zu mir hat sie nie über ihn gesprochen. Ich vermute, sie hatte ihre Gründe, weshalb sie dieses Geheimnis für sich behielt.«
Sie sah so in sich gekehrt und traurig aus, dass ich rasch das Thema wechselte und ihr von Don Tomás und der Entführung unserer Freundin berichtete. Das brachte Salomé zum Lachen. Sie meinte, das sehe Tomás ähnlich. Als einziger Sohn der Familie sei er schrecklich verwöhnt worden, bis er glaubte, in allem seinen Kopf durchsetzen zu können. Don Miguel war sein Pate geworden, als Don Miguel selbst erst sechzehn Jahre alt war. Seitdem hatte er Tomás aus manch einer schwierigen Lage befreit, hatte immer wieder wutentbrannte Ehemänner und Väter besänftigen müssen und hofft nun, dass sich Tomás eine Zeitlang mit nur einer Frau zufriedengeben wird. Salomé tätschelte mir begütigend die Hand und versicherte mir, dass Marisol vermutlich genau wisse, was sie will. Und soweit sie gehört hatte, betrachtete Doña Luisa die Geburt der Zwillinge als ein persönliches Kompliment – Zwillinge kamen in ihrer Familie öfter vor. Von der armen Rita, die endlich auch verheiratet war, erwartet man nun natürlich ebenfalls Zwillinge.
An einem anderen Tag erzählte ich Salomé von Pía.
Ich erwachte jeden Tag mit der Hoffnung, dass Don Miguel auf der Hazienda erscheinen würde, doch von ihm war nichts zu sehen. Salomé sagte, er habe einen ganzen Flügel des Hauses für sich, doch die Familiengeschäfte führten ihn oft über lange Wochen in andere Teile des Landes. Es war offensichtlich, dass sie nur ungern über seine Abwesenheit sprach. Ich verstand, was sie nicht sagen wollte. Don Miguel lebt mit seiner Geliebten zusammen, und wahrscheinlich auch mit den gemeinsamen Kindern, wie es hier üblich ist. Ich erwähnte Don Miguel nicht mehr. Es war Zeit, dass sie mir ihre Geschichte erzählte. Es gab so vieles, das ich gerne wissen wollte. Es dauerte fast eine ganze Woche, bis sie mir alles berichtet hatte, und ich zeichnete auf, was sie sagte.
Ich verließ Spanien vor über dreißig Jahren, um eine Mission in Gran Canaria aufzubauen – mir erschien es wie ein Abenteuer! Die Äbtissin hatte von der Kirche die Erlaubnis erwirkt, Missionarinnen zu schicken, die dort ein Kloster und eine Schule für einheimische Frauen und Mädchen gründen sollten. Ich vermute, dass die Kirchenbehörden zustimmten, weil muslimische Händler in Gran Canaria begonnen hatten, Moscheen zu bauen, und die Kirche und Spanien wollten verhindern, dass die Muslime die Oberhand gewannen.
Ich wünschte mir so sehr, bei diesem Unterfangen dabei zu sein, und meine Bitten wurden erhört, als die Äbtissin mich auswählte. Meine Mutter und ich weinten beim Abschied, doch wir rechneten damit, dass sie mit einer zweiten Gruppe von Nonnen nachkommen würde, wenn die Mission aufgebaut war. Ich weiß noch, wie aufregend
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