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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Eingeborenen sahen verwirrt aus und wenn wir nicht solche Angst gehabt hätten, wäre es alles zum Lachen gewesen. Schließlich zeigte einer der Matrosen auf seinen Hosenlatz und machte eine derbe Pumpbewegung mit den Hüften, schüttelte dann den Kopf und zeigte auf uns. Der Anführer hielt erschrocken die Luft an, erteilte dann in barschem Ton einen Befehl und die Krieger verschwanden – zu unserer großen Erleichterung.
    Am Strand zündeten die Matrosen in einiger Entfernung von ihrem Lager ein Feuer an und richteten einen Schlafplatz für uns her. Auf den ersten Blick waren uns die Seeleute viel rauer erschienen als die wenigen Männer, die wir im Kloster zu Gesicht bekommen hatten – zumeist Priester, Pilger und Bettler –, sodass wir in ihrer Gegenwart auf der Hut waren, doch als wir sie besser kennenlernten, erfuhren wir, dass die meisten von ihnen aus converso -Familien stammten und prahlten, dass Muslime die besten Matrosen seien. Sie beteuerten, dass es eine Sache der Ehre sei, uns als ihre Schwestern zu betrachten.
    In jener Nacht hörten wir, wie sie gemeinsam überlegten, was zu tun sei, wenn sie die Schäden am Schiff behoben hatten. Sollten sie weitersegeln, in der Hoffnung, irgendwann an einen bekannten Ort zu gelangen? Oder wäre es besser, umzukehren und sich erneut den Gefahren des Meeres des Nebels und der Finsternis auszusetzen? Und war es für die Frauen sicherer, zurückzubleiben, während sie nach der besten Passage suchten, und uns später abzuholen? Oder sollten wir unser Glück mit ihnen versuchen und gleich mitfahren? Alle stimmten überein, dass sie uns nicht allein zurücklassen konnten, und beschlossen, drei Männer auszulosen, die mit uns hierbleiben sollten.
    Während sie debattierten, kauerten wir uns zusammen, um uns gegenseitig zu wärmen, und führten unsere eigene Diskussion. Auf dem Schiff waren schon jetzt kaum genügend Männer. Es wäre nicht recht, einige von ihnen unseretwegen hierzubehalten und dadurch ihre Chancen zu schmälern, sicher zu ihren Familien zurückzukehren. Schließlich kamen wir überein, dass sie uns zurücklassen sollten. Sor María Manuela meinte, die Eingeborenen hätten uns nichts getan und vielleicht würden sie uns unter ihren Schutz stellen. Die anderen drei Nonnen pflichteten ihr bei: Wir sollten auf Gott vertrauen und bleiben. Eine nach der anderen sagten auch die Beatas, dass sie sich der Entscheidung der Nonnen beugen würden und dass die Novizinnen es ihnen gleichtun sollten. Die anderen Novizinnen weinten jedoch und wollten zurückkehren. Ich war bereit, dem Anführer zu vertrauen.
    Schließlich verstummten wir. Mein Buch hatte ich immer bei mir, außerdem eine Schreibfeder und einen Tintenkuchen, den ich in ein Stück Stoff gewickelt in der Tasche meines Habits aufbewahrte. Ich drückte das Buch an die Brust, faltete meine Hände in die Ärmel meiner Tracht und versuchte, an etwas anderes zu denken als an das schöne Gesicht des Anführers, seine muskulösen Arme und die breiten Schultern. Die Matrosen schliefen irgendwann ein und wir drehten uns mit dem Rücken zum Feuer und setzten unsere Wache fort. Der Hunger lässt uns die Kälte besonders deutlich spüren. In der letzten Zeit hatten wir so wenig gegessen, dass sich unsere Zähne lockerten.
    Und dann blickten wir auf und sahen, dass wir umzingelt waren. Vollkommen lautlos hatte sich eine schweigende Gruppe eingeborener Frauen in einfachen Tuniken um uns herum aufgebaut und starrte uns neugierig an. Wie die Männer waren auch sie groß, gut aussehend und dunkelhaarig. Ihre bronzefarbene Haut schimmerte im Schein des Feuers, sie hielten sich sehr gerade, ihr Blick war gelassen und ruhig. Sie waren nicht bewaffnet, trugen aber Umhänge über dem Arm. Sie packten unsere Hände, zogen uns hoch und hüllten uns in die Umhänge. Sie waren aus einem herrlichen Material gefertigt, wunderbar weich und warm.
    Dann legten uns die Frauen den Arm um die Schultern und zogen uns von unserem Lager weg. Wir waren von Kälte und Müdigkeit zu benommen, sodass wir erst nach den Matrosen riefen, als es zu spät war. Da hatten uns die Frauen bereits in den Wald geführt. Wir kamen zu einem niedrigen Gebäude aus Stein, dessen Eingang von großen Fackeln erleuchtet wurde. Es schien ein Palast der Eingeborenen zu sein. Im Innern brannten viele Feuer, ihr Licht spiegelte sich funkelnd in den zahlreichen Gegenständen aus Gold und Silber, die im Raum verteilt waren. An den Wänden hingen bunt gemusterte

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