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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Gerechtigkeit, wenn ich den Gedanken nicht ertrage, daß ich den Preis bezahlt haben soll, bloß damit ein anderer sich gütlich tut. Es war mir lieber, gleich zwanzigmal gehängt zu werden oder einen von Tongas Pfeilen in mein Fell zu kriegen, als mein Leben lang in einer Gefängniszelle zu hocken und zu wissen, daß mit dem Geld, das eigentlich mir gehört, ein anderer es sich Wohlsein läßt in einem Palast.«
    Smalls Maske stoischer Gelassenheit war gefallen; dies alles kam in einem einzigen wilden Wortschwall hervorgesprudelt, seine Augen blitzten, und seine Hände bewegten sich in leidenschaftlicher Erregung, so daß die Handschellen klirrend aneinanderschlugen. Nun, da ich den Zorn und den Ingrimm dieses Mannes sah, begriff ich, daß die Furcht von Major Sholto, als er erfuhr, daß der betrogene Sträfling hinter ihm her war, weder unbegründet noch übertrieben gewesen war.
    »Sie vergessen, daß wir von alledem nichts wissen«, sagte Holmes ruhig. »Wir haben Ihre Geschichte noch nicht gehört und können deshalb auch nicht beurteilen, inwiefern Sie ursprünglich im Recht gewesen sein mögen.«
    »Nun, Sir, Sie haben sich mir gegenüber hochanständig verhalten, wenn ich auch sehe, daß ich diese Armbänder da Ihnen zu verdanken habe. Aber ich trage Ihnen nichts nach. Es war ein offener und fairer Kampf. Ich wüßte nicht, weshalb ich Ihnen meine Geschichte verschweigen sollte, wenn Sie sie hören wollen. Was ich Ihnen erzählen werde, ist die reine Wahrheit, Wort für Wort. Danke, Sie können das Glas hier neben mich stellen, dann kann ich es mit den Lippen erreichen, wenn mir der Mund trocken wird.
    Ich stamme aus der Grafschaft Worchester, bin in der Nähe von Pershore geboren. Ich nehme an, man könnte in der Gegend noch einen Haufen Smalls finden, wenn man wollte. Ich habe mich dort oft mal wieder umsehen wollen, aber die Wahrheit ist, daß ich meiner Familie nie besonders viel Ehre gebracht habe und deshalb bezweifeln muß, daß sie vor Freude aus dem Häuschen kämen, wenn ich wieder auftauchte. Sie waren lauter ordentliche Leute, brave Kirchgänger, Kleinbauern, landauf, landab bekannt und respektiert, während ich schon immer ein bißchen ein Stromer war. Als ich jedoch etwa achtzehn war, brauchten sie sich endlich nicht mehr über mich zu ärgern, denn ich geriet wegen einem Mädchen in ein Schlamassel, aus dem ich nur dadurch wieder herauskam, daß ich den Shilling der Königin nahm 33 und mich dem dritten Regiment der
Buffs
34 anschloß, das eben nach Indien aufbrach.
    Allerdings sollte ich nicht eben lange den Soldaten spielen. Kaum konnte ich einigermaßen im Stechschritt marschieren und meine Muskete handhaben, kam ich auf die blöde Idee, im Ganges schwimmen zu gehen. Zum Glück war John Holder, der Feldwebel meiner Kompanie und einer der besten Schwimmer der ganzen Truppe, zur gleichen Zeit wie ich im Wasser. Als ich halb über den Fluß war, erwischte mich ein Krokodil und zwackte mir das Bein ab, grad oberhalb des Knies, so sauber, wie kein Chirurg es besser hätte machen können. Vom Schock und dem Blutverlust bin ich ohnmächtig geworden und wäre bestimmt ertrunken, wenn Holder mich nicht gepackt hätte und ans Ufer zurückgeschwommen wäre. Fünf Monate lang lag ich im Lazarett mit dieser Sache, und als ich endlich loshumpeln konnte mit dieser Holzstelze an meinem Beinstumpf, da war ich mittlerweile als dienstuntauglich ausgemustert und für keinen aktiven Beruf mehr zu brauchen.
    Sie können sich ja vorstellen, daß das eine schlimme Zeit für mich war: noch keine zwanzig und ein nutzloser Krüppel! Doch zeigte sich bald, daß ich Glück im Unglück hatte. Ein Mann namens Abel White, der rübergekommen war, um Indigo anzubauen, suchte einen Aufseher, der seine Taglöhner überwachte und sie zur Arbeit anhielt, und der Zufall wollte es, daß er ein Freund unseres Obersten war, der seit dem Unfall viel Anteil an meinem Geschick genommen hatte. Kurz und gut, der Oberst empfahl mich wärmstem für diesen Posten, und da sich der größte Teil der Arbeit zu Pferd machen ließ, war mein Bein kein großes Hindernis, denn es war gerade noch genug davon übriggeblieben, daß ich mich gut im Sattel halten konnte. Meine Arbeit bestand darin, über die Plantage zu reiten, die Arbeit der Männer zu überwachen und die Faulenzer zu melden. Ich erhielt einen anständigen Lohn, hatte ein angenehmes Quartier, kurz, ich wäre es zufrieden gewesen, den Rest meiner Tage auf dieser Indigo-Plantage zu

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