Das Zeichen Des Dunklen Gottes
wie. Er ist schuld, dass die Dinge hier in Tarpol anders laufen. Waljakov und ich sind uns ausnahmsweise einig und sehr sicher.«
Sie nickte, wirkte aber gleichgültig. »Da gebe ich Euch Recht. Dennoch ich werde Euch nicht helfen können. Lodrik hat seine Wahl getroffen, ich gehe zurück.«
»Das ist nicht die Norina, wie ich sie kennen gelernt habe«, schaltete sich der Leibwächter endlich in das Gespräch mit ein. »Ihr wart doch immer die Unbequeme, die sich gegen die Verhältnisse auflehnt, wenn sie ungerecht sind.«
Die Brojakin senkte den Blick. »Ich habe die Kraft nicht. Mein Vater ist tot, alles scheint in Trümmern zu liegen, und ohne Euch würde ich mutterseelenallein in diesem riesigen Ulsar sitzen. Was Ihr vorhabt, ist zu groß für mich.«
»Nesreca zerstört alles, was Ihr zusammen mit Lodrik einführen wolltet«, wandte sich Stoiko eindringlich an die junge Frau. Mit beiden Händen umfasste er ihre. »Die Reformen sind bereits zurückgenommen, die Brojaken sind …« Er hielt inne und verwünschte sich selbst für diese Bemerkung. Norina war zusammengezuckt. »Nach den Vorschlägen seines Vetters hat er Gouverneure einsetzen lassen, die als brutale Militärs bekannt sind und die Distrikte genauso regieren werden. So lange man die Schuld dafür auf den Krieg wälzen kann, wird sich das Volk dagegen auch nicht wehren. Der Kabcar ist für sie ein Held. Lodrik hat bei den einfachen Tarpolem einen solchen Kredit, dass er fast alles mit ihnen machen kann.« Der Vertraute schüttelte sanft ihre Hände. »Aber was passiert, wenn die Kriege zu Ende sind? Oder wenn der Krieg nie zu Ende geht? Welcher Wind wird durch das Reich wehen? Wenn Nesreca nicht beseitigt wird, sehe ich schwarz für die Untertanen.«
»Der Silberschopf ist die Quelle, aus der die Gedanken des Jungen vergiftet werden«, meinte Waljakov grimmig. »Und wir sollten diese Quelle trocken legen und zuschütten.«
»Erinnert Euch, Norina. Früher hätte der Kabcar uns zuerst gefragt, wenn er einen Rat benötigte. Heute sagt ihm sein Vetter alles vor oder steuert ihn so, dass er glaubt, selbst auf die Lösung gekommen zu sein. Mit Aljascha hat sich Nesreca anscheinend arrangiert, und wer weiß, was er dieser Frau versprochen hat.« Stoiko ließ ihre Hände los und legte seine in den Schoß. Gespannt wartete er eine Reaktion ab.
»Borasgotan hat ihm dabei mit dem Giftanschlag auch noch zugespielt«, sagte sie, aber die beiden Männer schüttelten fast gleichzeitig die Häupter. »Wie meint Ihr das?«
»Nicht rempeln«, sagte der Vertraute, bevor der Kahlköpfige den Arm heben konnte, »ich sage es ihr.« Er sah die junge Brojakin an, anscheinend rang er mit sich selbst, bevor er mit der Sprache rausrückte. »Wir glauben, dass Nesreca den Brojakenrat vergiften ließ, um die unbequemen Großbauern und die gemäßigten Gouverneure aus dem Weg zu räumen. Borasgotan trifft ausnahmsweise keine Schuld.«
Norina keuchte auf. »Dieser Mann hat meinen Vater auf dem Gewissen?«
»Dieser Mann«, verbesserte Stoiko ohne eine Spur von Humor, »hat kein Gewissen. Waljakov hat Anzeichen gefunden, die Zweifel an der Geschichte des Vetters aufkommen lassen.« Der Leibwächter erzählte in kurzen Sätzen, wie er zu der Annahme kam.
»Und was sagt Lodrik dazu?«, erkundigte sich die schwarzhaarige Frau, ihre Gesichtsfarbe hatte eine Spur von Rot angenommen. Ihre Gefühle waren nach dieser Ankündigung in Aufruhr.
»Wir haben dem Kabcar noch nichts gesagt«, gestand Waljakov. »Der Junge würde uns nicht glauben.«
»Und deshalb brauchen wir Euch«, fügte der Vertraute hinzu. »Wir müssen Nesreca mit seinen eigenen Waffen schlagen, Intrigen spinnen und eine große Falle auslegen, in die er tappt und mit der er beim Kabcar die Glaubwürdigkeit verspielt. Aber es muss alles genau geplant sein, nichts darf dem Zufall überlassen sein. Wenn es ihn trifft, muss er versenkt werden, oder sein darauf folgender Zug wird uns alle ins Verderben stürzen. Einen Fehler können wir uns nicht erlauben, dafür ist er zu mächtig.« Stoiko fuhr sich über das Gesicht und nahm einen langen Zug aus dem Glas. »Damit hätte der Kabcar den Rücken frei, wenn er sich gegen Sinured wenden müsste. Denn, ehrlich gesagt, denke ich, dass das Auftauchen der beiden Ungeheuer irgendwie miteinander in Verbindung steht.«
Keiner der drei sprach.
Norina blickte wieder auf das verworrene Muster der Tischdecke, die Gedanken scheinbar weit, weit entfernt. Ihre Hände spielten mit
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