Das Zeichen Des Dunklen Gottes
erzeugte einen Glanz, der den Mann wahnsinnig wirken ließ.
»Die Tür stand nicht offen«, stellte Norina richtig. »Hinaus!« Sie versuchte, so energisch wie möglich zu klingen, um ihre Überraschung zu verbergen. Doch es gelang ihr nicht wirklich. Eine böse, abstoßende Aura ging für sie von dem Konsultanten aus, die im Widerspruch zu seiner freundlichen, Vertrauen erweckenden Art stand, mit der er so viele am Hof um den Finger wickelte.
»Vielen Dank, ich nehme gerne Platz.« Nesreca zog die Tür hinter sich ins Schloss und setzte sich tatsächlich an den Tisch. Er sah auf die Gläser und das noch immer ungeöffnete Päckchen. »Ihr hattet bereits Besuch, wie ich annehme. Oder versucht Ihr Eurer Einsamkeit im Wahn zu entfliehen?« Gelangweilt entledigte er sich seiner Handschuhe und warf sie achtlos auf den Tisch. »Ein Verehrer?« Er nahm die Schachtel in die Hand und schüttelte sie versuchshalber. »Ihr habt demnach Eure Trauerphase trotz Schleier beendet?«
Norina beobachtete den Mann mit den silbernen Haaren bei seinem Tun und verstand es nicht.
»Ich war gerade in der Stadt, um einige Geschäfte zu erledigen, und ich dachte mir, ich schaue bei Euch vorbei«, erklärte er, als habe er ihre Gedanken gelesen. »Wie geht es Euch, wo Ihr nicht mehr im Palast seid, Euer Vater bei den Toten weilt und Euer Land vermutlich verbrannt ist? Ach ja, und Euer Geliebter Euch verstoßen hat, wenn man das so nennen kann.« Der Tonfall, in dem er sprach, klang nach süßester Konversation und Komplimenten, die Worte dagegen trafen wie Pfeile ins Gemüt der Brojakin.
Doch die Unterhaltung mit ihren beiden Freunden hatte sie so weit gestärkt, dass sie nicht gleich in Tränen ausbrach. Der alte Trotz, die Gefasstheit waren zurückgekehrt. Hinzu kam der tiefe Hass gegen den Mann, der ihren Geliebten so verändert und ihren Vater umgebracht hatte.
Wortlos lief sie zur Tür und öffnete sie. »Jetzt ist offen. Und Ihr werdet gefälligst verschwinden. Ich habe mit Euch nichts mehr zu tun.«
Ohne Regung blieb der Konsultant sitzen, die Augen musterten Norinas Statur aufmerksam. »Ihr habt ein wenig zugenommen, wenn ich mich nicht sehr irre. Kummerspeck?« Ruckartig nahm er seine Handschuhe und stand auf. Unwillkürlich wollte die Brojakin einen Schritt rückwärts machen, spürte aber die Wand im Rücken.
»Ich bin hier, um gegen meine Prinzipien zu verstoßen«, sagte er, als er vor der Trauernden angekommen war. »Ich machte Euch bei der Rückkehr Eures damaligen Geliebten ein Angebot, erinnert Ihr Euch? Ich habe Euch gefragt, was Ihr bereit wärt zu tun, um als rechtmäßige Gemahlin neben dem Kabcar zu sitzen.« Er kam noch näher, sodass sie seinen Atem spüren konnte. »Und ich habe Euch gesagt, dass Ihr eine sehr begehrenswerte Frau seid. Wenn Ihr beides zusammenfügt, wisst Ihr, was ich von Euch erwarte, wenn ich Euch helfen soll, zurück in den Palast zu kommen.« Er beugte sich vor und roch an ihrem Haar.
Norina war hin und her gerissen. Auf der einen Seite hätte sie dem Mann am liebsten einen Dolch in die Brust gestoßen, wenn sie einen zur Hand gehabt hätte. Auf der anderen Seite würde das angedeutete Angebot die Möglichkeit bieten, Aljascha loszuwerden und an ihrer Stelle auf Lodrik einzuwirken. Der Plan, danach den Konsultanten zu beseitigen, wäre sofort um Längen einfacher in die Tat umzusetzen.
Nesrecas Kopf wanderte an dem Schwarz ihrer Haare entlang, bis er am Hals angelangt war. Er hob den Schleier der jungen Frau. »Solche Augen sollten auf ein Königreich schauen, nicht voller Kummer sein.« Schmeichelnd legten sich die Worte um ihren Verstand. Seine rechte Hand berührte ihren Hals. »Ihr habt eine wunderschöne Haut, Norina.« Ganz nah spürte sie seinen Mund, der nur noch eine Tuchbreite von ihr entfernt war. Die Linke hatte der Konsultant auf ihren Bauch gelegt.
Als würde das Kind in ihrem Inneren rebellieren, trat es nach der Hand.
Nesrecas Augenbrauen wanderten in die Höhe, und Norinas Verstand arbeitete bei der Bewegung schlagartig wieder normal. Schnell wich sie zur Seite aus.
»Ich warte immer noch auf eine Antwort, Norina«, forderte er sie auf.
»Ich habe es damals gesagt, ich wiederhole es nun gerne«, antwortete sie hart. »Verschwindet!«
Der Konsultant legte den Kopf ein wenig zur Seite, als überlegte er. Mit einem schnellen Schritt stand er direkt vor ihr, riss ihr den Schleier vom Haar und schleuderte ihn zu Boden. Dann nahm er sie in die Arme und unterband damit
Weitere Kostenlose Bücher