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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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damit hob das Wehgeschrei dieses Tages an. Es war der Schrei eines Pferdes, das sich mit einem Breitkopf in der Brust aufbäumte. Das Pferd machte einen Satz vorwärts, mit dem es seinen stahlgerüsteten Reiter nahezu aus dem Sattel warf. Die Bewegung des verwundeten Pferdes wirkte wie ein Signal, einige Pferde folgten ihm, dann gaben alle Reiter der französischen Linie ihren Tieren die Sporen, und mit Kriegsrufen auf den Lippen begann die Reiterei ihren Angriff. «Saint Denis! Montjoie!»
    «Sankt Georg!», rief jemand aus der englischen Linie, und überall in der kleinen Armee wurde der Ruf aufgenommen. «Sankt Georg!» Die Feldkämpfer verspotteten die Franzosen mit Jagdrufen, und der Lärm wurde ohrenbetäubend, als die Trompeten ihre schrillen Töne gen Himmel schickten.
    Über den Hooks zweiter Breitkopf zog.
    Ghillebert, Seigneur de Lanferelle, stand in der ersten Reihe der französischen Armee. Er war einer der über achttausend unberittenen Feldkämpfer, aus denen die erste der drei französischen Kampfeinheiten bestand. Er trug einen schimmernden Plattenpanzer unter seinem Wappenrock mit der Sonne und dem Falken darauf, wenn auch die Beinstücke seiner Rüstung inzwischen mit Schlamm bespritzt waren. An seiner Seite hing ein langes Kampfschwert, über seiner Schulter eine bleibeschwerte Keule mit Eisendornen, und in der Hand hielt er eine Lanze mit stählerner Spitze und einem Eschenschaft, der auf sieben Fuß gekürzt worden war. Sein Kopf war von einer Lederkapuze umschlossen, die unter dem Kinn mit Bändern zusammengehalten wurde und unter der er sein langes Haar aufgerollt hatte. Über der Kapuze trug er eine Kettenhaube, die Kopf und Schultern bedeckte, und über der Kettenhaube saß ein italienischer Kampfhelm. Das Visier des Helmes war hochgeklappt, sodass er die Engländer sehen konnte, und so sah er auch, dass ihre Armee lachhaft klein war.
    Die Franzosen schäumten beinahe über vor Siegesgewissheit. Henry von England hatte es gewagt, mit seiner läppischen Armee von der Normandie in die Picardie zu marschieren, weil er geglaubt hatte, seinen Feind beschämen zu können, indem er seine anmaßenden Banner auf französischem Gebiet zur Schau trug. Und jetzt saß er in der Falle. Lanferelle, der den Feind seit der Morgendämmerung beobachtete, schätzte, dass die Engländer nur tausend Feldkämpfer in ihrer Kampflinie stehen hatten, und diese Anzahl war ihm so lächerlich gering erschienen, dass er sie wieder und wieder überprüft hatte, indem er die Linie durch vier teilte, Köpfe zählte und wieder mit vier multiplizierte. Und bei jeder Berechnung war er auf dasselbe Ergebnis gekommen. Ungefähr eintausend Feldkämpfer standen drei aufeinanderfolgenden französischen Kampfeinheiten gegenüber, von denen jede mit wenigstens achttausend Feldkämpfern besetzt war. Allerdings waren da noch die beiden Flanken der Engländer.
    Bogenschützen.
    Tausende von Bogenschützen, zu viele, um sie zählen zu können. Die französischen Kundschafter waren mit höchst unterschiedlichen Zahlen zwischen viertausend und achttausend zurückgekehrt. Und diese Bogenschützen, das wusste Lanferelle, kämpften mit langen Eibenbögen, und sie hatten stählerne Pfeilspitzen, die aus geringer Entfernung auch noch die beste Rüstung der Christenheit durchschlugen. Aus diesem Grund waren Lanferelles Rüstungsteile auch so weit wie möglich abgerundet. Dadurch sollten auftreffende Pfeile abgelenkt werden. Dennoch war ihm klar, dass ein unglücklicher Schuss sehr wohl seine Rüstung durchdringen konnte. Aus diesen Gründen teilte Ghillebert, der Herr der Hölle, die Siegesgewissheit seiner Landsleute nicht. Er bezweifelte zwar keinen Augenblick, dass die französischen Feldkämpfer die englischen Feldkämpfer niedermachen konnten, doch bevor sie diese armselige Kampflinie erreichten, würden sie den Pfeilhagel überstehen müssen.
    In der vorangegangenen Nacht, als die anderen Männer tranken, war Seigneur de Lanferelle zu einem Astrologen gegangen, einem berühmten Mann aus Paris, von dem erzählt wurde, er könne die Zukunft voraussehen, und Lanferelle hatte sich in die lange Schlange derjenigen eingereiht, die den Seher konsultieren wollten. Der Mann, bärtig, ernst und in einen pelzbesetzten schwarzen Umhang gehüllt, hatte Lanferelles Gold genommen und dann, nach vielem Stöhnen und Seufzen, erklärt, er sähe nichts als Ruhm in Lanferelles Zukunft. «Ihr werdet töten, mein Herr», hatte der Astrologe gesagt, «Ihr werdet

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