Das Zeichen des Sieges
hinter der englischen Linie, die einen weiteren Angriff von achttausend Franzosen erwartete. Die Gefangenen hätten durchaus die entscheidende Wende des Kampfes herbeiführen können, indem sie Henry in den Rücken fielen, also wurde der Befehl gegeben - zum offenkundigen Missfallen vieler englischer Feldkämpfer, die wertvolle Lösegelder verloren. Henry schickte einen Junker und zweihundert Bogenschützen, um die Gefangenen zu töten, doch sie wurden offenbar recht schnell zurückgerufen, weil klarwurde, dass die Plünderung des Trosses keinen Angriff von hinten zur Folge haben würde und weil sich die Bedrohung durch die dritte französische Kampfeinheit in Wohlgefallen aufgelöst hatte. Die Franzosen hatten genug, ihre Uberlebenden begannen das Schlachtfeld zu verlassen, und Henry hatte den außergewöhnlichen Sieg von Agincourt errungen. Erhebliche Unsicherheit besteht im Hinblick auf die Zahl der Gefallenen, doch zweifellos erlitten die Franzosen schreckliche Verluste. Ein englischer Augenzeuge, ein Priester, berichtet von achtundneunzig Toten unter dem französischen Adel, etwa 1500 französischen Rittern und zwischen viertausend und fünftausend Feldkämpfern. Die französischen Verluste gingen in die Tausende, möglicherweise waren es sogar 5000, während die englischen Verluste allem Anschein nach 200 Tote nicht überstiegen (einschließlich eines Bogenschützen namens Roger Hunt, der von einer Kanone getötet wurde). Die Schlacht war ein Gemetzel, das, ebenso wie die Plünderung von Soissons, für Erschütterung in der gesamten Christenheit sorgte. Gewalt war in dieser Epoche nichts Besonderes. Henry verbrannte und hängte die Lollarden in London, und er ließ einen Bogenschützen dafür hinrichten, auf dem Zug nach Agincourt eine vergoldete Kupferpyxis gestohlen zu haben, doch solche Ereignisse waren alltäglich. Soissons und Agincourt jedoch, die durch Sankt Crispin und Sankt Crispinian in einer erstaunlichen Verbindung zu stehen schienen, galten auch in dieser Hinsicht als höchst außergewöhnlich.
Mit Ausnahme von Thomas Perrill habe ich sämtliche Namen der Bogenschützen aus den Musterrollen von Henrys Armee übernommen, die bis heute in den National Archives liegen (Leser, die sich für einen leichteren Zugang interessieren, finden die Namen im Anhang zu Anne Currys Buch). Es gab wirklich einen Nicholas Hook in Agincourt, wenn er auch nicht Sir John Cornewaille diente, der in der Tat der Turniermeister von Europa war. Sein Name wird oft Cornwell geschrieben, was für mich eine gewisse Peinlichkeit bedeutet. Er ist kein Verwandter.
Das Feld von Agincourt ist erstaunlich unverändert, obwohl die angrenzenden Wälder etwas kleiner geworden sind und die kleine Burg, die ihm den Namen verliehen hat, seit langem verschwunden ist. In dem Dorf gibt es ein wundervolles kleines Museum. Ein Mahnmal und eine Karte der Schlacht findet sich im nahegelegenen Maisoncelle, wo der englische Tross geplündert wurde (ein großer Teil von Henrys Kostbarkeiten wurde später wiedergefunden). Ein Kreuz auf dem Feld zeigt eine der Stellen, an der die Franzosen aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Gefallenen beerdigten. Harfleur ist verschwunden, zusammengelegt mit der größeren Stadt Le Havre, auch wenn sich noch Spuren der mittelalterlichen Stadt finden. Petrochemie-Werke erstrecken sich nun an dem Küstenabschnitt, an dem die englische Flotte landete.
Die Führerschaft Henrys V. hat unbezweifelbar viel zu dem unwahrscheinlichen Sieg beigetragen. Er kämpfte weiter in Frankreich und zwang die Franzosen schließlich, sich seiner Forderung nach dem französischen Thron zu beugen, als dessen rechtmäßigen Inhaber er sich ansah. Es wurde vereinbart, dass er nach dem Tode des geisteskranken Königs Charles gekrönt werden sollte. Doch Henry starb als Erster. Sein Sohn wurde zum König von Frankreich gekrönt, aber die Franzosen wurden wieder stark genug, um die Engländer aus ihrem Land zu vertreiben. Marschall Boucicaut, ein herausragender Soldat, sollte in englischer Gefangenschaft sterben, während Charles Duc d'Orleans fünfundzwanzig Jahre als Gefangener verbringen sollte und erst 1440 freigelassen wurde. Während all dieser Jahre schrieb er viele Gedichte, und Juliet Barker hat in Agincourt eine der Strophen übersetzt, die er in England geschrieben hat. Eine Strophe, die auch dieser Erzählung von einer lange vergangenen Schlacht als Abschluss dienen kann:
«Frieden ist ein Schatz, der nicht hoch genug gelobt werden
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