Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
schimmernden Rüstungen, während unzählige Lanzenreiter ihre Flanken bildeten. Die seidenen Flaggen hoben sich strahlend vom grauen Himmel ab, und genau in der Mitte der französischen Linie, wo der Wald der Banner am dichtesten war, wehte die Oriflamme als roter Wellenstreifen in der Luft und sagte den Engländern, dass ihr Feind keine Gnade kannte.
    Hook versuchte in den Reihen des Feindes Seigneur de Lanferelle auszumachen, doch er sah ihn nicht. Stattdessen sah er die Waffen. Er sah Schwerter, Lanzen, Kriegsäxte, Falkenschnäbel, Kampfhämmer, Schlachtbeile und Keulen. Einige der Keulen waren mit Eisendornen besetzt. Hook legte einen Breitkopf über den Bogenschaft und hatte erneut das dringende Bedürfnis, seinen Darm zu entleeren. Einen Moment lang schloss er die Augen und sandte ein weiteres inbrünstiges Gebet zu Sankt Crispinian. Dann suchte er sich mit den nackten Füßen einen sicheren Stand auf dem rutschigen Boden. Er wappnete sich.
    «O lieber Jesus», sagte Thomas Scarlet.
    «Mein Gott, mein Gott», murmelte Will of the Dale.
    Denn Sir Thomas Erpingham, grauhaarig und barhäuptig, hatte sein Pferd bestiegen und war ein paar Schritte vor die englische Linie geritten. Das Pferd hob seine Hufen sehr hoch in dem zäh haftenden Boden. Hinter Sir Thomas warteten die englischen Feldkämpfer. Die neunhundert Männer standen in vier Reihen, und in der Mitte der ersten Reihe stand der König, prächtig anzusehen mit seiner glänzenden Rüstung und der juwelenbesetzten Krone um den Kriegshelm. Sir Thomas, in einem grünen Wappenrock, von dem sich rot das Sankt-Georgs-Kreuz abhob, wendete sein Pferd, sodass er den Franzosen den Rücken zukehrte. Er wartete einige Augenblicke.
    «Bleib jetzt bei mir», betete Hook laut zu Sankt Crispinian.
    Er wünschte, der Heilige würde zu ihm sprechen, doch Crispinian hüllte sich weiter in Schweigen.
    «Spannen!», befahl Thomas Evelgold leise.
    Hook hob den Bogen. Er zog die Hanfsehne bis zu seinem Ohr und spürte die wilde Kraft des gebogenen Holzes. Er fasste ein Pferd direkt vor sich ins Auge, doch er wusste, dass es nur Glück wäre, wenn der Pfeil traf. Wären die Franzosen fünfzig Schritt näher gewesen, hätte er sich seine Ziele nach Belieben heraussuchen können, doch nun musste er sich glücklich schätzen, wenn sein Pfeil nur vier oder fünf Schritt neben dem Ziel auftraf. Er hielt die Sehne zurück Sein rechter Arm zitterte.
    Fünftausend Bogenschützen hatten ihre Bögen gespannt. Fünftausend Pfeile wurden auf fünftausend Sehnen gehalten.
    Ein Starenschwarm flog mit laut rauschendem Flügelschlag über dem Wald von Tramecourt auf. Die Vögel über den Bäumen erinnerten an eine wirbelnde dunkle Rauchwolke, und dann, so schnell sie aufgetaucht waren, verschwanden sie wieder. Auf der gesamten französischen Linie wurden die Visiere heruntergeklappt. Zuvor hatte Hook die Gesichter gesehen, nun hatte er nur noch stählerne Masken vor sich.
    «Gott steh uns bei», murmelte ein Bogenschütze, während sich Sir Thomas in den Steigbügeln aufrichtete.
    Sir Thomas Erpingham schleuderte den grünen Stab so hoch, dass er sich in der diesigen Luft mehrmals um sich selbst drehte. Schweigen hatte sich über das Feld von Azincourt gebreitet, und in diesem Schweigen flog der grüne Stab, und seine goldenen Kreuzblumen funkelten vor dem trüben Himmel. «Jetzt», rief Sir Thomas. «Schießen!»
    Der Stab fiel herab.
    Hook gab die Sehne frei.
    Die Pfeile flogen.
    Das erste Geräusch war das der Bogensehnen, das scharfe Schnarren, mit dem fünftausend Hanfsehnen von einem gekrümmten Eibenschaft nach vorn gerissen wurden, und es klang, als habe der Teufel seine Harfe gezupft. Dann war das Geräusch der Pfeile zu hören, das Seufzen, mit dem die Luft durch die Befiederung strich, jedoch tausendfach vervielfacht, sodass es sich anhörte wie eine heftige Windbö. Das Geräusch entfernte sich, als sich zwei Pfeilwolken, so dicht wie Starenschwärme, in den grauen Himmel erhoben. Als Hook nach dem nächsten Breitkopf griff, bewunderte er den Anblick von fünftausend Pfeilen in zwei himmelverdüsternden Wolken. Dann schienen die beiden Pfeilstürme einen Augenblick auf ihrem höchsten Punkt in der Luft stehenzubleiben. Und dann jagten sie vom Himmel herab.
    Es war Sankt-Crispins-Tag in der Picardie.
    Einen Moment noch herrschte Stille.
    Dann schlugen die Pfeile ein.
    Stahl traf auf Stahl. Ein lärmendes Klappern erhob sich, als habe der Satan selbst einen Hagelsturm geschickt.
    Und

Weitere Kostenlose Bücher