Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
nichts anderes als ein wenig Schlaf.
Er war einige Stunden vor ihr aufgebrochen, aber sie hatte ihn mühelos eingeholt. Jetzt wusste sie nicht recht, ob sie weiterfliegen oder bei ihm bleiben sollte. Was war, wenn die Krankheit bei ihm sehr plötzlich auftrat? Was, wenn er das Bewusstsein verlor und in den Tod stürzte?
Was, wenn er einfach nur müde war und sie zu spät kam, um ein Mitglied des Stammes zu retten?
Es war eine unmögliche Entscheidung. Wenn sie nur gewusst hätte, wie es in dem Dorf aussah - ob irgendjemand wegen der Verzögerung würde leiden müssen.
Vielleicht gab es eine Möglichkeit, das herauszufinden. Es gab jemanden, den sie fragen konnte. Er würde vielleicht nicht auf ihren Ruf reagieren oder ihre Fragen nicht beantworten, aber sie konnte es zumindest versuchen.
Chaia.
Sie wartete mehrere Herzschläge ab, dann rief sie abermals. Als keine vertraute Präsenz ihre Sinne berührte, seufzte sie und dachte noch einmal über ihr Dilemma nach. Mit Sicherheit kann ich nur feststellen, dass Reet gefährlich müde ist. Also musste sie ihre Entscheidung auf diese Tatsache gründen.
Ich werde bei ihm bleiben, zumindest bis ich Genaueres weiß. Vielleicht erscheint Chaia ja doch noch.
Bei dem Gedanken daran, dem Gott abermals nahe zu sein, überlief sie ein Schaudern. Vieles hatte sich während der letzten Tage verändert.
Ich vermisse Leiard nicht mehr, dachte sie lächelnd. In diesem Punkt hatte Chaia recht.
Sie hatte noch nie zuvor solche Wonnen erlebt. Ihre Erfahrungen mit Chaia waren wie eine Traumvernetzung, aber erheblich raffinierter. Traumvernetzungen fußten auf der Erinnerung an körperliche Wonnen. In ihrer Zeit mit Chaia hatte sie eine Ekstase erlebt, wie sie sie noch nie verspürt hatte. Seine Berührung konnte nur die Berührung von Magie sein, aber das änderte sich, sobald ihr Geist und ihr Wille vereint waren. Magie konnte zu einem Gefühl werden. Chaia war in der Lage, auf jedes noch so geringe Begehren ihrerseits einzugehen, aber er konnte sie gleichzeitig auf eine Art und Weise entflammen, wie sie es nie für möglich gehalten hätte.
Sie hatte erwartet, dass die Welt ihr, verglichen mit ihren Begegnungen mit Chaia, gedämpft und farblos erscheinen würde, doch stattdessen war es so, als seien ihre Sinne dadurch belebt worden. Jeder Gegenstand war faszinierend, jedes lebende Geschöpf schön und strahlend.
Glücklicherweise verblasste diese Wirkung nach und nach. Sie wollte nicht von der Schönheit eines Insekts abgelenkt werden, während sie versuchte, mit den Siyee über wichtige Dinge zu sprechen. Die Möglichkeit, sie mit ihren Sinnen zu sehen, weckte in ihr nur umso mehr den Wunsch, sie zu beschützen.
Gleichzeitig waren ihr die Unterschiede zwischen ihnen und ihr selbst jetzt bewusster. Ihre Größe und das Fehlen von Flügeln. Die Sterblichkeit der Siyee. Dieses Wissen um die Unterschiede zwischen ihnen machte sie traurig. War sie einem Gott nähergekommen, nur um sich weiter von den Sterblichen zu entfernen? Es war ein verstörender Gedanke.
Aber es ist schön, sich wieder auf die Nacht zu freuen, dachte sie. Und im Augenblick hat es nicht viel Sinn, sich deswegen Sorgen zu machen. Vor sich hin lächelnd drängte sie alle Kümmernisse beiseite und überließ sich tagträumend ihrer nächsten Begegnung mit Chaia.
27
I ch bin Genrianer!«, rief Devlem Radmacher. »Das könnt ihr mir nicht antun!«
»Du magst Genrianer sein«, erwiderte Reivan gelassen, »aber solange du in Avven lebst, musst du unsere Gesetze befolgen. Du wohnst jetzt lange genug hier, um zu wissen, dass lediglich die Versklavung von Verbrechern gestattet ist.«
»Sie ist kein Mensch «, beteuerte er. »Sie ist ein Tier - ein Geschöpf des Meeres. Man braucht sie nur anzusehen, um das zu begreifen.«
Sie erwiderte seinen Blick ohne einen Wimpernschlag. »Man braucht nur mit ihr zu sprechen , um zu wissen, dass sie ein Mensch ist. Und was für eine Geschichte sie über dich zu erzählen hat.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Du bist derjenige, den ich als unmenschlich beschreiben würde.«
Ein Zornesschrei entfuhr ihm, und er machte einen Satz auf sie zu. Reivan wich zurück, aber seine tastenden Hände erreichten sie nicht. Sie trafen auf eine unsichtbare Barriere.
Magie. Reivan sah zu Götterdiener Kikarn hinüber. Seine missbilligende Miene wurde weicher, als er ihren Blick auffing. Seine Mundwinkel zuckten in die Höhe. Reivan, die sich inzwischen von ihrer Überraschung erholt
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