Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
die Stirn. »Es müsste schon eine Menge passieren, um ihr Vertrauen zu erschüttern. Ich muss mir eine plausible Erklärung zurechtlegen.«
Das Schiff stieg plötzlich unter einer Welle an. Reivans Magen schlingerte auf eine höchst unangenehme Weise.
»Ich glaube, ich muss mich übergeben«, stieß sie leise hervor.
Imenja legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Halte den Blick auf den Horizont gerichtet. Das hilft.«
»Was soll ich nachts tun, wenn ich ihn nicht sehen kann?«
»Versuch zu schlafen.«
»Versuchen?« Reivan lachte, dann umklammerte sie die Reling, als das Schiff auf der anderen Seite der Welle wieder hinunterplatschte.
»Noch etwas«, sagte Imenja. »Beug dich nicht zu weit vor. Du könntest deinen Anhänger verlieren. Oder hinunterstürzen.«
Reivan blickte auf den silbernen Stern, der an einer Kette um ihren Hals hing. »Du würdest mir einfach einen neuen Anhänger machen, nicht wahr?«
»Das kann ich nicht«, erwiderte Imenja. »In jedem Anhänger befindet sich ein winziges Stück von einer Koralle, die sorgfältig und nach geheimen Methoden gezüchtet wurde. Einzig die Stimmen und einige wenige auserwählte Götterdiener kennen diese Methoden. Der Koralle wohnt auf natürliche Weise die Möglichkeit inne, anderen Korallen ein telepathisches Signal zu schicken. Das geschieht in einer bestimmten Nacht in jedem Jahr und löst einen Massenauswurf von Korallensamen aus. Wir haben einen speziellen Typus von Koralle gezüchtet, der es uns ermöglicht, an jedem Tag des Jahres unsere eigenen Signale - oder Gedanken - auszusenden. Deshalb können wir uns über die Anhänger miteinander verständigen.« Imenja lachte leise. »Ich habe keine Ersatzkorallen bei mir, also solltest du den Anhänger nicht verlieren.«
Reivan griff nach dem Stern und drehte ihn um. Die Rückseite war glatt, bis auf eine kleine Vertiefung in der Mitte, die mit einer harten, schwarzen Substanz gefüllt war. Sie hatte sich oft gefragt, was das war, aber ihre alte Angewohnheit als Denkerin, den Dingen auf den Grund zu gehen, hatte sich in der Furcht verloren, sich in Angelegenheiten einzumischen, die den Göttern heilig waren.
»Eine Koralle«, murmelte sie. »Was die Elai wohl davon halten würden?«
»Sie werden es nicht erfahren«, sagte Imenja entschieden. »Es ist ein Geheimnis, vergiss das nicht.«
»Natürlich.« Reivan ließ den Anhänger wieder los.
Imenja trommelte abermals mit den Fingern auf die Reling. »Also, welche Bücher hast du mitgenommen? Es sind nicht nur Bücher der Denker, oder?«
Reivan verdrehte die Augen und trat einen Schritt von der Reling zurück. »Komm mit. Ich werde sie dir zeigen.«
Mirar lachte in sich hinein.
Wir sind ein wenig selbstgefällig heute, wie?, fragte Leiard.
Das Versprechen, das ich Auraya abgenommen habe, löst all unsere Probleme, erwiderte Mirar. Ich brauche das Land nicht zu verlassen. Ich kann hierbleiben und weiter den Siyee helfen. Sie wird ein Versprechen, das sie im Namen der Götter gegeben hat, nicht brechen.
Ach nein? Ich dachte, ich wäre der Vertrauensselige von uns beiden.
Das bist du auch. Du hättest sie nicht gebeten, dieses Versprechen zu geben.
Weil ich weiß, dass sie ein Versprechen brechen würde, sollten die Götter es ihr befehlen.
Ein Versprechen, das sie in ihrem Namen gegeben hat?
Wer würde davon erfahren? Es hat keine Zeugen gegeben.
Auraya würde es wissen. Die Götter würden ihren Respekt verlieren.
Und du wärst trotzdem tot.
Das wird nur dann geschehen, wenn ich ihnen einen Grund liefere, mich zu töten. Solange die Siyee krank sind, droht mir keine Gefahr. Sobald diese Seuche abgeklungen ist, werde ich abermals versuchen zu verschwinden. Und wenn Auraya sich an einem anderen Ort aufhält, stehen meine Chancen auf Erfolg recht gut.
Bei jedem Schritt Mirars sickerte Matsch um seine Füße, und der Schlamm wurde immer tiefer. Die Luft stank nach Verwesung. Er stieß einen leisen Fluch aus, der Tyve galt. Zweifellos hatte der Junge ihn in diese Schlucht geschickt, weil sie zum Nordwalddorf führte oder leichter begehbar war als das Gebiet darum herum. Bedauerlicherweise hatte Tyve den unter den dichten Pflanzen verborgenen sumpfigen Boden nicht gesehen.
Mirar tat noch einen Schritt, dann rutschte er plötzlich aus und musste sich an einem Baumstamm festhalten, um nicht in den Morast hinabzusinken. Er saß mitten in einer flachen Schlammpfütze.
Er fluchte abermals und rappelte sich wieder auf. Vor sich sah er einen
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