Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
zu belauschen. Diesen Raum hatte er ihr jedoch nie gezeigt: Sie hatte ihn selbst gefunden.
Was er ihr, Jahre zuvor, gezeigt hatte, war das Loch hinter der Schnitzerei in ihrem Zimmer. Er hatte ihr erklärt, dass sie sich dort verstecken solle, falls der Palast einmal von bösen Leuten angegriffen würde. Sie wusste nicht, ob er einen Angriff durch Landgeher oder durch böse Elai befürchtete. Die Landgeherplünderer, die die Elai in der Vergangenheit ausgeraubt und überfallen hatten, konnten nicht bis in die Stadt vordringen. Sie konnten nicht lange genug den Atem anhalten, um durch den Unterwassereingang zu schwimmen.
Wenn ihr Vater nicht gewollt hätte, dass sie diesen Raum entdeckte, überlegte sie, hätte er ihr auch den Tunnel hinter der Schnitzerei nicht gezeigt. Jetzt kam sie seit einigen Jahren im Abstand weniger Wochen hierher, um Gespräche innerhalb und außerhalb des Palastes zu belauschen.
Mit Hilfe dieser Apparatur hatte sie eine Menge über viele wichtige Personen erfahren, und sie hatte auch herausgefunden, dass die Leute in verschiedenen Teilen der Stadt ein sehr unterschiedliches Leben führten. Manchmal beneidete sie die Kinder, die sie belauschte. Manchmal aber auch nicht.
Obwohl sie wusste, dass ihr Vater diesen Raum benutzte, hatte er sie noch nie hier entdeckt. Außerdem konnte sie von Glück sagen, dass Teiti bisher nie aufgewacht war, ihr Verschwinden bemerkt oder sie dabei ertappt hatte, wie sie durch das Loch hinter der Schnitzerei kletterte.
Jetzt ging sie zu einem der Rohre hinüber und legte das Ohr daran. Die Stimmen, die durch den Schlauch wisperten, waren leise, aber schon bald passte sich ihr Gehör an, und sie konnte die einzelnen Worte verstehen.
»... ihn nicht heiraten, Mutter! Er ist mehr als zwanzig Jahre älter als ich!«
Das war die Stimme ihrer Cousine, Yiti. Hatte sie das falsche Rohr ausgewählt? Nein, sie stand eindeutig vor dem Rohr, das aus der Höhle des Juweliers kam. Sie legte das Ohr wieder an die Öffnung.
»Du wirst tun, was dein Vater dir befielt, Yiti«, erwiderte eine Frau gelassen. »Du wirst ihn heiraten und seine Kinder bekommen, und wenn er an den Folgen hohen Alters stirbt, wirst du noch jung genug sein, um Spaß zu haben. Jetzt schau dir das hier mal an. Ist es nicht hübsch?«
»Jung genug? Ich werde eine alte Vettel sein! Wer wird mich dann noch wollen?«
»Du wirst nicht älter sein, als ich es jetzt bin.«
»Ja. Eine alte Vettel, die nichts zu...«
Imi zog sich von dem Rohr zurück. Obwohl Yiti ihr leidtat, konnte sie nicht die ganze Nacht auf Mitgefühl verschwenden. Ihre Cousine und ihre Tante waren offensichtlich in die Höhle des Juweliers gegangen, um ein Geschenk für die Hochzeit zu kaufen.
Sie hatte es mit diesem Rohr zuerst versucht, weil die Höhle des Juweliers einer der Orte war, an dem die Kaufleute ihre Waren vielleicht anbieten würden. Es bestand eine gute Chance, dass sie über Seeglocken reden würden.
Aber die Kaufleute waren nicht dort. Sie dachte darüber nach, wo sie sie sonst noch suchen könnte. Vielleicht zu Hause. Sie ging zu einem Rohr hinüber, das aus dem Haus eines der Händler kam, und lauschte aufmerksam.
Nur Schweigen drang aus der Öffnung. Sie probierte es noch in einigen anderen Häusern und sogar im Hauptraum des Palastes, aber obwohl sie die Stimmen anderer Mitglieder der Familien der Händler oder ihrer Diener hörte, konnte sie von den Kaufleuten selbst keine Spur entdecken.
Enttäuscht wählte sie willkürlich einige weitere Rohre aus. Nachdem sie ungezählte Bruchstücke von Gesprächen belauscht hatte, erklang aus einem der Rohre ein Lachen, das dem eines Händlers sehr ähnelte. Es war ein gutes Lachen. Eines, das Menschen die Nervosität nahm. Was für einen Händler vermutlich sehr nützlich war, ging es ihr plötzlich durch den Kopf. Er würde wollen, dass die Menschen sich entspannten, denn entspannte Menschen kauften Dinge. Diesen Umstand hatte sie etliche Male bei ihrer Tante beobachtet. Wenn Teiti bei ihren Besuchen auf dem Markt ärgerlich oder unglücklich war, hatte sie kaum einen Blick für die Waren an den Verkaufsständen übrig. Wenn sie entspannt war, war die Wahrscheinlichkeit, dass sie Imi etwas Schönes kaufte, bei weitem größer.
»... Wette?«
»Ja. Zehn.«
»Zwanzig.«
»Zwanzig, wie? Gehe mit!«
»Und du?«
Ein Seufzen. »Ich bin draußen.«
»Mitgegangen, ja? Umdrehen.«
Ein triumphierendes Kichern erklang gleichzeitig mit einem Stöhnen, dann hörte Imi das
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