Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
eine große Nachfrage nach ihren Diensten. Außerdem half es, dass sie nun das Aussehen einer dreißig- bis vierzigjährigen Frau hatte - wäre sie jung und schön geblieben, hätte niemand geglaubt, dass sie über große Kenntnisse der Heilkunst verfügte.
Die Straße vor ihr schlängelte sich zwischen Hügeln und Wäldern hindurch, und Emerahl verfolgte sie bis zum Rand des Meeres. In der Mitte einer Bucht scharten sich einige Gebäude zusammen wie Steine auf dem Grund eines Eimers. Nach Auskunft der Besitzer mehrerer Gasthäuser und hilfsbereiter Zechkumpane war dies der Hafen von Dufin, was durch eine grobe Karte, die ein Händler ihr gegeben hatte, bestätigt wurde.
Dufin war aufgrund seiner Nähe zu der Grenze nach Si während der letzten vierzig Jahre gewachsen und gut gediehen. Oder eigentlich lag es wohl mehr an der Neigung der Torener, die Grenze zu ignorieren und sich niederzulassen, wo immer sie gute, fruchtbare Erde oder Mineralablagerungen fanden. Die »Inländer«, mit denen sie gesprochen hatte, hatten ihr voller Häme erzählt, dass die Weißen den König von Toren gezwungen hätten, seinem Volk zu befehlen, Si zu verlassen. Es wäre interessant zu sehen, welchen Eindruck diese Befehle auf die Bewohner Dufins gemacht hatten - falls es überhaupt eine Wirkung gab.
Als sie ein Geräusch hinter sich hörte, drehte sie sich zur Straße um. Ein einzelnes Arem zog einen kleinen Tarn hügelaufwärts auf sie zu. Sie erhob sich. Obwohl der Fahrer noch zu weit entfernt war, als dass sie in seinen Zügen hätte lesen können, war sie davon überzeugt, dass er zu ihr herüberschaute. Sie konnte seine Neugier spüren.
Sie bedachte, wie weit er noch entfernt war, wie spät es bereits war und wie weit es noch bis Dufin sein mochte. Schließlich setzte sie sich wieder hin und wartete darauf, dass der Tarn sie erreichte.
Es dauerte mehrere Minuten. Schon lange davor, sobald der Fahrer nahe genug herangekommen war, hatte sie ein Lächeln mit ihm getauscht und ihm zugewinkt. Als das Arem den Tarn den Hügel hinaufzog, stand Emerahl abermals auf und begrüßte den Mann.
Sie schätzte ihn auf über vierzig. Sein vom Wetter gegerbtes Gesicht war freundlich und wies viele Lachfältchen auf. Er zügelte das Arem.
»Fährst du nach Dufin?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete er.
»Hast du noch Platz für eine müde Reisende?«
»Ich habe immer Platz für hübsche junge Frauen, die ein Transportmittel brauchen«, sagte er leutselig.
Sie sah sich um, als halte sie nach jemandem Ausschau. »Wo ist diese Frau, von der du sprichst? Und wie selbstsüchtig von dir, eine müde alte Frau zugunsten einer jüngeren Gefährtin am Straßenrand stehen zu lassen.«
Er lachte, dann deutete er auf den Tarn. »Es ist kein prächtiger geschlossener Plattan, aber wenn dir der Geruch nichts ausmacht, kannst du dich auf die Pelze setzen.«
Sie lächelte dankbar, dann stieg sie auf den Wagen. Sobald sie auf den Pelzen Platz genommen hatte, drängte er das Arem zum Weitergehen. Neben dem tierischen Geruch der Pelze lag noch ein unverkennbar fischiger Gestank in der Luft.
»Ich heiße Limma Heilerin«, erklärte sie. »Und ich bin Heilerin.«
Er drehte sich zu ihr um und zog die Augenbrauen hoch. »Und eine Zauberin, vermute ich. Keine gewöhnliche Frau reist allein durch dieses Gebiet.«
»Eine kämpfende Frau könnte es tun.« Sie schüttelte grinsend den Kopf. »Aber ich bin keine Kriegerin. Und wer bist du?«
»Marin Hakenmacher. Fischer.«
»Ah«, sagte sie. »Ich dachte mir doch, dass ich Fisch rieche. Lass mich raten: Du belieferst die Inländer mit Fisch und bringst Felle mit zurück und...« Sie besah sich die übrigen Dinge auf dem Tarn. »... und Gemüse, Getränke, Holz, Töpferwaren und - ah - zwei Girris zum Abendessen.«
Marin nickte. »Das ist richtig. Sie sind eine nette Abwechslung für mich und die Küstenbewohner.«
»Ich habe früher am Meer gelebt«, sprach sie weiter. »Damals habe ich mir oft mein Abendessen selbst gefangen.«
»Wo hast du denn gelebt?«
»An einem entlegenen Ort. Er hatte nicht einmal einen Namen. Ich habe ihn gehasst. Zu weit entfernt von allem. Schließlich bin ich aufgebrochen und auf Reisen gegangen, wo ich mein Gewerbe gelernt habe. Aber ich halte mich noch immer gern in der Nähe des Meeres auf.«
»Was führt dich nach Dufin?«
»Neugier«, antwortete sie. »Arbeit.« Sie hielt inne. Sollte sie jetzt mit ihrer Suche nach der Möwe beginnen? »Ich habe eine Geschichte gehört. Eine
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