Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
zu haben, sonst werden sie uns allein spaßeshalber verfolgen. Schwimmt!«
Ohne darauf zu warten, dass die anderen ihm folgten, tauchte er ins Wasser. Die Furcht verlieh ihm Kraft und Geschwindigkeit. Als er schließlich den Strand erreicht hatte, zog er sich mühsam hoch und blickte aufs Meer hinaus. Das Schiff hatte die Boote jetzt fast erreicht. Als seine Mannschaft aus dem Wasser auftauchte, stieß er einen Fluch aus und rannte dann auf den Wald zu.
Erst später, als er von einem Felsvorsprung aus die qualmenden Rümpfe der Boote betrachtete, fiel ihm das Meeresmädchen wieder ein. War sie klug genug gewesen, sich zu verstecken oder zu entfliehen, oder hatten sie sie gefunden? Er schickte Silse zurück, um nachzusehen, aber der Schwimmer konnte keine Spur von ihr entdecken. Er fand lediglich das durchschnittene Ende des Seils.
Es fiel Erra nicht schwer, seine Gewissensbisse beiseitezuschieben. Er hatte jetzt wichtigere Sorgen.
Wie zum Beispiel die Frage, wie er von dieser Insel kommen sollte.
Der bleierne Himmel stahl allem die Farbe - nur nicht dem Blut.
Die Gesichter der Leichen waren weiß, und ihr Haar war entweder schwarz oder farblos bleich. Den Waffen, die noch immer von steif gewordenen Händen umfasst wurden oder in erkaltetem Fleisch steckten, fehlte der Glanz. Die Zirks der Priester waren von einem dumpfen Weiß.
Aber die Flecken auf ihren Gewändern leuchteten. Dickes Rot sickerte aus Wunden und klebte an Klingen. Ganze Teiche davon sammelten sich wie ein morbider Teppich unter den Toten. Rinnsale sickerten in die Erde. Es sammelte sich zu Strömen, drang in den Boden ein, so dass jeder Schritt ein schmatzendes Geräusch hervorrief.
Auraya versuchte, sich über die trockenen Stellen zu bewegen, aber das Blut stieg auf und überzog ihre Sandalen. Der übelkeiterregende Schlamm saugte an ihren Füßen. Sie machte noch einige weitere Schritte, dann stellte sie fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Der Schlamm hielt ihre Schuhe fest und gab unter ihr nach. Sie spürte, wie sie hinabsank, verlagerte das Gewicht auf ein Bein und versuchte, das andere zu befreien, doch sie sank nur umso tiefer in den Boden. Schließlich spürte sie, wie die kalte Feuchtigkeit ihre Beine hinaufkroch, und ihr Herz begann zu rasen.
»Du hast uns getötet«, zischte eine Stimme.
Als sie aufblickte, sah sie Leichen, die die Köpfe hoben, um sie mit toten Augen anzustarren.
Nicht jetzt, dachte sie. Ich habe schon genug Probleme.
»Du«, sagte ein anderer Leichnam, dessen Kopf halb abgetrennt war. »Du hast mir das angetan.«
Sie versuchte, die Stimmen zu überhören und sich darauf zu konzentrieren, sich aus dem Schlamm, der sie nicht loslassen wollte, zu befreien. Rote Bläschen und Schaum bedeckten die Oberfläche. Sie beugte sich vor und suchte verzweifelt nach irgendetwas, woran sie sich festhalten konnte, um nicht weiter abzusinken. Etwas, das sie als Hebel benutzen konnte.
Ich werde ertrinken, schoss es ihr durch den Kopf, und Angst wallte in ihr auf. Ich werde ersticken, den Mund und die Lunge voller blutdurchtränkter Erde.
Doch da war nichts, nichts als ein Meer aus Leichen, die mit Fingern wie Krallen nach ihr griffen. Sie wich zurück, spürte, wie sie tiefer hinabsank, und zwang sich schließlich, die Hände nach ihnen auszustrecken.
»Es ist deine Schuld, dass ich tot bin«, zischte eine Frau.
»Deine Schuld!«
»Deine!«
Nein.
Alles um sie herum kam zum Stillstand. Die Leichen erstarrten mitten in der Bewegung. Die Saugkraft des Schlamms verebbte. Auraya sah sich verwirrt um. Die Augen der Leichen zuckten hin und her, auf der Suche nach der Stimme.
Das passiert sonst nicht, überlegte sie.
Es ist nicht ihre Schuld, dass ihr tot seid. Wenn ihr irgendjemandem die Schuld geben müsst, dann gebt sie mir. Doch so oder so, ihr irrt euch. Weder Auraya noch ich haben den Schlag geführt, der euch getötet hat.
Eine leuchtende Gestalt erschien. Die Leichen wichen vor dem Mann zurück. Er blickte auf Auraya hinab und lächelte.
Hallo, Auraya.
»Chaia!«
Ja.
Er kam an den Rand des Schlamms und streckte eine Hand aus. Sie zögerte, dann ergriff sie sie. Feste, warme Finger umfassten ihre. Er zog, und sie spürte, wie der Schlamm ihre Beine freigab.
Lass uns in dein Zimmer zurückkehren, sagte er.
Das Schlachtfeld verschwand. Plötzlich saß sie auf ihrem Bett, Chaia an ihrer Seite. Er lächelte und streckte die Hand nach ihrem Gesicht aus. Die Berührung seiner Finger, als er ihr Kinn
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