Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
fürchten die Leramer und die Worns, weil sie uns töten können, aber sie tun das nicht aus Bosheit, sondern aus Hunger. Wir verabscheuen sie, weil sie unser Vieh fressen. Das ist nicht böse, nur kostspielig.«
Der Kaiser lächelte.
»Wir fragen uns, warum der Schöpfer Sterbliche gemacht hat, die zum Bösen fähig sind«, fuhr der weise Mann fort. »Es gibt vieles am Schöpfer, was wir nicht verstehen. Wir haben gerade erst begonnen, ihn wahrzunehmen. Vielleicht wird er uns mit der Zeit gestatten, mehr zu verstehen.«
Der weise Mann verfiel in Schweigen, aber seine Miene war erwartungsvoll. Er hat so viele Male gepredigt, dass er weiß, wie man Menschen dazu anspornt, die richtigen Fragen zu stellen, dachte der Kaiser.
»Woher weißt du, dass dieser Schöpfer nicht eine Ausgeburt deiner Phantasie ist?«
»Manche Menschen brauchen nur in sich selbst hineinzuschauen. Sie brauchen nur die Augen zu schließen und zu suchen. Das Wissen ist da. Es ist immer da gewesen. Wir haben uns früher nur nie die Mühe gemacht, danach Ausschau zu halten, weil die Beweise für die Existenz der alten Götter so offenkundig waren, dass wir niemals darüber hinausgeblickt haben. Der Schöpfer offenbart seine Existenz nicht durch Magie. Da die Götter Wesen aus Magie waren, ist der Schöpfer ein Wesen aus allem. Aus jedem Einzelnen. Aus der Welt.«
»Du sagst, der Schöpfer habe die Götter gemacht. Wie kommt es dann, dass sie vernichtet wurden?«
Der weise Mann zuckte die Achseln. »Er hat allen Dingen eine Schwäche gegeben, vielleicht um sicherzustellen, dass nichts für immer vorherrschen kann. Zu guter Letzt haben die Schwächen der Götter ihr Ende herbeigeführt.«
»Und werden die Schwächen der Sterblichen auch deren Untergang herbeiführen?«
»Vielleicht. Aber ich vermute, dass es nicht lange so bleiben würde. Wir sind trotz unserer Schwächen eine widerstandsfähige Schöpfung.«
Der Kaiser lächelte. Dann hielt er inne, als das Atmen ihm schwerer fiel. Sein Gefährte schob den Brenner mit reinigenden Kräutern näher an sein Bett. Als seine Lunge ein wenig freier war, sah der Kaiser den weisen Mann wieder an. »Bewahrt der Schöpfer Seelen?«
Abermals zuckte der weise Mann die Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber der Schöpfer vergeudet nichts. Wenn wir die Ograsi ernten, töten wir die Pflanze, aber der Stängel verfault und nährt die Erde, und die Samen nähren uns. Unsere Körper mögen auf die gleiche Weise in die Welt zurückkehren, um sie zu bereichern und zu neuem Leben zu werden. Es mag sein, dass es sich mit unseren Seelen genauso verhält.«
Der Kaiser dachte über diese Erklärung nach, dann nickte er. »Das ist für den Augenblick alles«, krächzte er, als er eine neuerliche Atemnot herannahen fühlte. »Lass mich allein.«
Der weise Mann verneigte sich abermals, dann verließ er mit nachdenklicher Miene den Raum. Der Kaiser sank in seine Kissen, atmete einmal mehr die Dämpfe der Kräuter ein und sah dann zu dem einzigen ihm verbliebenen Sohn auf.
»Mir gefallen dieser Mann und sein Schöpfer«, sagte er. »Welchen Eindruck hast du gewonnen?«
Herayla nickte. »Ich kann keine Gefahr in seinen Lehren entdecken, dafür aber viele Möglichkeiten.«
»Dann heißt du diese Lehren gut?«
»Ja.« Herayla zog die Brauen zusammen. »Seit dem Tod der Götter haben wir nun fünfzig Jahre voller Lügen und Aufruhr hinter uns. Wir brauchen etwas, das die Menschen eint. Diese Vorstellung von einem Schöpfer, der alles erschaffen hat, hat viele reizvolle Facetten. Insbesondere die Idee, dass wir alle einige Schwächen besitzen. Es kann den Menschen nicht schaden, wenn sie mit einigen schlechten Charaktereigenschaften rechnen und diese verzeihen können.«
»Verlang nicht zu viel von ihnen«, warnte der Kaiser.
Herayla lächelte. »Du weißt, dass ich das nicht tun werde.«
»Ja, dafür bist du zu klug«, stimmte der Kaiser ihm zu. »Ich muss zugeben, ich bin froh, dass es vorbei ist. Ich muss nur noch lange genug leben, um zu erklären, dass ich, der Kaiser von Sennon, der niemals eine Religion einer anderen vorgezogen hat, zum Kult des Schöpfers übergetreten bin. Es wird eine machtvolle Geste sein. Danach gehört die Welt dir, um darüber zu herrschen.« Er holte mit flachen Atemzügen Luft und seufzte. »Ich hoffe um deinetwillen, dass es funktionieren wird.«
Herayla lächelte. »Mach dir keine Sorgen, Vater. Ob dieser Schöpfer existiert oder nicht, er kann die Dinge unmöglich in so großem Stil
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