Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
an ihn zu denken. Wenn das so weitergeht, werde ich überhaupt keinen Schlaf bekommen.
Sie rollte sich auf die Seite und stellte fest, dass sie mit ihrem rastlosen Hin und Her das Bettzeug verheddert hatte. Als sie sich daranmachte, sich aus dem Laken zu schälen, hörte sie ein leises Klopfen aus dem Nebenzimmer.
Von der Haupttür zu ihren Wohnräumen.
Plötzlich war es viel schwieriger als zuvor, sich zu befreien. Als sie sich endlich des Lakens entledigt hatte, streifte sie hastig ihre Roben über und eilte aus dem Schlafzimmer.
Nachdem sie endlich an der Tür angelangt war, zögerte sie jedoch. Sie hatte kein zweites Klopfen gehört. Wenn es Nekaun war, hätte er gewiss aus ihren Gedanken gelesen, dass sie ihm die Tür öffnen würde. Gewiss wäre er nicht einfach fortgegangen, nur weil sie nicht schnell genug reagiert hatte.
Wenn es nicht Nekaun oder eine der anderen Stimmen war, hatte der Besucher vielleicht aufgegeben und sich wieder zurückgezogen.
Seufzend legte sie eine Hand auf den Griff und zog die Tür auf.
Nekaun lächelte sie an. Ihr Herz schlug einen Purzelbaum.
»Guten Abend, Reivan«, sagte er und trat ein. »Es war ein ereignisreicher Tag, nicht wahr?«
»Ja«, erwiderte sie.
Er ging an ihr vorbei und trat in die Mitte des Hauptraums. Dort drehte er sich zu ihr um und winkte sie heran.
»Ich habe eine ernste Frage an dich«, erklärte er.
Eine ernste Frage! Während er Platz nahm, versuchte sie erfolglos, nicht daran zu denken, was für eine Frage er ihr vielleicht stellen würde. Ging es um ihre Beziehung? Ging es um Imenja? Sie ließ sich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder. Er rieb sich die Hände, und in seinen Augen lag ein geistesabwesender Ausdruck.
»Die Götter haben mich heute Nacht besucht«, begann er.
Sie verspürte gleichzeitig Enttäuschung und ein erregendes Staunen. Hier ging es nicht um ihre Beziehung. Trotzdem, die Götter hatten zu ihm gesprochen, und er wollte es ihr erzählen.
»Sie sagten, die Denker würden nach einem alten Artefakt suchen, das den Namen ›Schriftrolle der Götter‹ trägt. Hast du davon schon einmal gehört?«
Reivan runzelte die Stirn. »Nein. Ich weiß, dass es in Hannaya eine Gruppe von Denkern gibt, die nach Altertümern sucht und Studien darüber anstellt. Diese Schriftrolle scheint mir etwas von der Art zu sein, nach dem sie Ausschau halten.«
Nekaun nickte. »Die Sorge der Götter ist folgende: Wenn diese Denker die Schriftrolle fänden - sofern sie noch existiert -, könnten sie sie womöglich aus der Sicherheit ihres Verstecks holen oder sie sogar beschädigen. Sie wollen, dass ich das verhindere.«
Sie verzog das Gesicht. »Wenn du den Denkern befiehlst, nicht länger danach zu suchen, wirst du sie damit wahrscheinlich nur ermutigen, erst recht weiterzumachen.«
»Dann sehe ich nur eine Möglichkeit. Ich werde einen Spion zu ihnen schicken.« Er sah sie an. »Gibt es jemanden, den du mir empfehlen würdest?«
Reivan wandte den Blick ab. »Ich kenne im Grunde nicht allzu viele Leute hier. Jedenfalls nicht gut genug, um jemanden vorzuschlagen.«
»Welche Art von Mensch sollte ich denn deiner Meinung nach mit der Aufgabe betrauen?«
Sie zögerte. Es kam ihr ein wenig wie Verrat vor, Nekaun zu helfen, die Menschen auszuspionieren, zu denen sie selbst einmal gehört hatte. Dann kam ihr ein anderer Gedanke, und sie runzelte die Stirn.
»Warum brauchen die Götter einen Spion? Könnten sie die Denker nicht selbst beobachten?«
Er lachte leise. »Die Götter können nicht überall gleichzeitig sein, Reivan, und sie würden es auch nicht wollen. Das ist die Art von Aufgabe, die man am besten einem Sterblichen überlässt.«
»Ah.« Es gab kein Entrinnen aus dieser Angelegenheit. Aber wie viel Treue schulde ich den Denkern überhaupt?, fragte sie sich. Sie haben mich nie akzeptiert. Ich habe nie wirklich dazugehört. Meine Treue gilt jetzt den Göttern. Und Nekaun.
»Dein Spion wird intelligent sein müssen«, erklärte sie. »Und er sollte nur geringe oder gar keine Befähigungen zeigen, da die meisten Denker selbst keine derartigen Talente besitzen und jene, die es tun, mit Neid betrachten. Außerdem müsste er fest in seinen Überzeugungen sein.«
»›Er‹? Warum keine ›Sie‹?«
»Die meisten Denker sind Männer. Weibliche Denker werden nicht beachtet.«
»Für einen Spion wäre es von Nutzen, nicht beachtet zu werden.«
»Außerdem werden Frauen von wichtigen Arbeiten ausgeschlossen.«
»Ah.«
»Warum fragst du
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