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Das zitternde Herz

Das zitternde Herz

Titel: Das zitternde Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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aus ihrem Auto auszusteigen und zu sagen, daß sie plötzlich das unwiderstehliche Bedürf-nis verspürt habe, Banny wiederzusehen. Dann – na ja, Kate hatte sich auf den Weg gemacht, ohne Reed zu sagen, wohin sie fuhr, denn er hätte wissen wollen, was sie damit bezweckte, und – dies war eine Tatsache – das wußte sie selbst nicht.
    Einen Augenblick lang dachte sie daran, daß sie sich womöglich in Gefahr begab, aber sie beruhigte sich mit der Überlegung, daß, wenn jemand sie hätte töten wollen, anstatt Reed zu entführen, dies längst und mühelos hätte tun können. Nachdem sie sich, während sie den Taconic Parkway entlangfuhr, mit derartigen Scheinargumenten beruhigt hatte, fühlte sie sich ziemlich gefaßt, als sie in Marjories Zufahrt einbog.
    Kate hatte natürlich damit gerechnet, daß Marjorie auf sie zukommen und scharf fragen würde, wer sie sei und was sie wolle. Als sie aber das Ende der ziemlich langen Zufahrt erreichte, hatte Kate nichts weiter als einige Zwinger gesichtet und eine junge Frau, die gerade dabei war, sie zu säubern. Die junge Frau hatte auf Kates Frage hin gesagt, die Besitzerin sei im Haus, und dabei unbestimmt in die entsprechende Richtung gedeutet.
    Kate stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und ging auf das Haus zu. Doch bevor sie weit gegangen war, blickte sie auf und sah sich einer Frau mit einer Schrotflinte gegenüber, einer ziemlich langen Schrotflinte, die in der Mitte abgeknickt war, wie Kate es bei sich ausdrückte; sie wußte so gut wie nichts über Waffen, aber sie hatte die Vorstellung, daß Faustfeuerwaffen am gefährlichsten seien, und daß jeder, der auf dem Land lebte, eine Schrotflinte hatte, um seinen Besitz zu schützen. Genaugenommen hatte Kate diese kleine Information in ihrer Kindheit von Nachbarn auf dem Lande aufgeschnappt, die das ganze Jahr über dort lebten und ihr immer erzählten, daß in ihr Haus nie eingebrochen werde, weil jeder wußte, daß die Besitzer bewaffnet waren.
    Die Frau mit der Schrotflinte stand da und wartete, daß Kate nä-
    her kam. Kate dachte keinen Augenblick daran, daß die Frau auf sie schießen könnte. Der Gedanke kam ihr überhaupt nicht, wie sie Reed später versicherte. Als die beiden Frauen nur noch einen Meter voneinander entfernt waren, starrte Kate die andere einen Moment an und sagte dann: »Muriel.«
    »Ich heiße jetzt Marjorie, Kate Fansler.« Und die Frau ließ den Lauf der Flinte einschnappen und richtete sie auf den Boden. »Sie kommen wegen Banny? - Judith« – rief Marjorie zu der jungen Frau hinüber, die noch immer die Zwinger reinigte – »hol Banny, ja?«
    Sie standen da wie zwei Figuren, die, in Positur gebracht, darauf warteten, photographiert zu werden, bis Judith mit etwas zurückkam, was zweifellos ein großer, tapsiger Bernhardiner war, der auf Kate zustürzte, dann zu Marjorie lief und dann wieder zurück zu Kate. Ich könnte sie jetzt unmöglich mehr auf den Arm nehmen, dachte Kate.
    Sie kauerte sich auf den Boden und legte ihre Arme um den Hund, der ihr Gesicht leckte. Dann stand Kate auf.
    »Der Hund war also auch Teil des Plans«, sagte sie.
    »Natürlich.«
    Kate betrachtete die Frau, die, wenn auch nicht als Muriel erkennbar – denn Kate konnte kaum jemanden nach dreißig Jahren wiedererkennen, dem sie nur einmal begegnet war –, dennoch zweifellos Muriel war, wenngleich Kate nicht hätte sagen können, warum sie sich dessen so sicher war. Banny legte sich zwischen die beiden Frauen und behielt beide im Auge.
    »Sie haben mich also all diese Jahre hindurch gehaßt«, sagte Ka-te, als klar war, daß sie nicht ins Haus gebeten würde. »Ich war zweiundzwanzig, Muriel – Marjorie, und habe mich wie eine Idiotin benommen, das gebe ich zu. Es war nicht an mir, irgendwelche Pläne für meinen Bruder zu schmieden. Man hätte es ihm überlassen sollen, sein Leben in den Griff zu kriegen. Aber ich würde doch gern darauf hinweisen, daß Sie ihn auch nicht hätten fallenlassen müssen, in dem Moment, da er nicht mehr so reich zu sein schien. Sie hätten doch abwarten und die Dinge auf sich zukommen lassen können.«
    »Nein, das hätte ich nicht. Sie waren immer reich. Sie haben nie meine Mutter völlig erschöpft Tag und Nacht arbeiten gesehen, oder meinen Vater, der stolz auf seine ehrliche Armut war. Ehrliche Armut! Er trank nach der Arbeit, und ihre Arbeit hörte nie auf. Ich hatte nicht vor, ein solches Leben zu führen.«
    »Wie kam es, daß Ihre Wut fast drei Jahrzehnte

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