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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie vielen and e ren an diesem Abend durch den Kopf gegangen sein m usste. Vielleicht war er ein wenig sorgloser als andere, ein wenig unhöflicher. Oder einfach nur unbefangen. Aber er hatte gefragt, und nun musste eine Antwort gefunden werden.
    »Sie wäre begeistert.« Masken, natürlich. W as sonst sollte er sa g en.
    »Sie wäre überrascht«, sagte Ursi. C hiara fand, es klang aufrichtig. Und ein wenig zu diplo m atisch für ihren Gesch m ack.
    »Ach was«, sagte Lea, die m it ihrem Mann dazugekom m en war, nachdem dieser gebeten hatte, Chiara vorgestellt zu werden. » S ie würde Gift und Galle spucken.«
    Her m ann schien ein boshaft e s I n teresse an dem Thema zu haben und bohrte weiter. » W arum ? «
    »Sie hat Konkurrenz gehasst. Uns alle hier.« Lea trank ihr Glas aus. »Jede Einzelne.«
    »Nein.« Ursi klang in Anbetracht ihres Alkoholpegels erstaunlich vehe m ent. »Das ist nicht wahr.«
    Lea ließ sich nicht beirren. »Ich war dabei, als sie gesagt hat, dass s i e neidi s ch i s t auf jede, die an ih r er S t elle ei n e Hauptrolle bekom m t – ganz egal, ob ihr der Film g e fiel  oder nicht.« Lea winkte ab, und die Sache wäre da m it für sie erledigt gewesen. Aber Ursi ließ das nicht zu.
    »Sie kann sich nicht m e hr wehren. Das ist unfair.« Ursis Stim m e schwankte jet z t, vielleic h t weil das The m a sie aufregte, vielleicht auch nur, weil sie gerade einen Schluck aus einem Glas genom m en hatte, das Her m ann ihr gereicht hatte.
    »Ach, hör schon auf«, sagte Lea ruhig. »Sie hat’s oft genug selbst gesagt, und die m eisten hier waren bei der einen oder anderen Gelegenheit dabei.«
    »Du bist nur sauer, weil du selbst keine Hauptrollen kriegst.«
    Leas Miene wurde eisig. »Ich, m ein Schatz, bin zu alt für diesen Zirkus. Das zu m i ndest ist wahr.«
    »Bitte«, f i e l Masken ei n, »wir sind hier, um zu f eiern, nicht wahr?«
    »Richtig«, sagte Her m ann beipflichtend – und setzte dann m it lar m oyant e m Lächeln hinzu: »Außerdem weiß ich, wie wir die Sache klären können. Ein für alle Mal.«
    »Ein Duell ? «, fragte C h iara kichernd und f and sich u m werfend ko m i sch. Himmel, sie war zie m lich betrunken.
    Leas Mann lac h te ei n e Spur zu la u t , es k l ang wie
    Hundegebell.
    Her m ann senkte die Stim m e und blickte m it Verschwörer m iene in die Runde. Für ein paar Sekunden schien es, als b rächen die Gerä u sche im Hintergru n d einfach ab, als holte die gesa m te Partygesellsc h aft im Saal des Adlon auf einen Schlag Ate m .
    » W ir fragen sie einfach«, sagte er gedehnt.
    » W en ? «, fragte Ursi benom m en.
    »Jula ? «, fragte Lea.
    Chiara sagte nichts und wünsc h te sich, sie hätte weniger  getrunken.
    »Jula«, bestätigte Her m ann. » W ir f r agen sie ein f ach, was sie über die neue Berufung ihrer kleinen Schwester … Verzeihung, ihrer Schwester denkt.«
    »Ha-ha«, machte Lea.
    »Blödsinn«, sagte Chiara und hoff t e, dass es energisch klang.
    »Ein Psychograph«, sagte Her m ann, »da m it könnte es gehen.«
    Lea winkte ab. »Klar, sicher. Ei n e schicke S chwarze  Messe.«
    Her m ann fuhr sie an. »Du hast doch keine Ahnung! W er redet denn von Schwarzen Mes s en? Eine Séance, darum geht es. Das ist ein großer Unterschied.«
    »Das ist keine gute Ide e «, sagte Lea beharrlich.
    Her m ann zwinkerte ihr zu. » W e r weiß, was dabei herauskom m t . Und wozu es führt.«
    Chiara wa n dte sich an Ursi: »Ist das sein Ernst? Er will m it Julas Geist s p reche n ?«
    Ursi zuckte die Achseln und lachte. »Vielleicht klappt’s.«
    »Schwachsinn«, sagte Lea, aber ihr Mann ergriff beschwichtigend ihre H and.
    Chiara dr e hte sich zu Her m ann u m . »Das ist gesch m acklos.«
    »Bist du vi el leic h t nicht neugierig ? «
    »D a m it hat das nichts zu tun.«
    »Dann hast du Angst vor de m , was si e sagen könnte ? «
    »Ich bitte dich …«
    »Lass es uns versuchen. Wenn es nicht klappt, kannst du m i ch hinter h er auslache n . Einver s ta n den?«
    Ursi fasste sie an der Hand und drückte auf m un t ernd ihre  Finger. »Komm schon, was soll’s? Lass ihm den Spaß.«
    »Auf Julas Koste n ? «
    Her m ann lächelte kühl. »Auf Julas Kosten wird ja heutzutage so m anches getrieben, nicht wahr ? «
    Sekundenlang hielten alle den Atem an.
    Chiara m achte einen drohenden Schritt auf ihn zu. Ihr Kopf schwirrte vom A l kohol, aber auch vor W ut. » W as willst du d a m it sagen?«
    »Ich denke nicht, dass ich das genauer …«
    »Es reicht!«

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