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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zie m lich begabt zu sein.«
    »Das ist er ganz sicher«, sagte eine Stim m e hinter ihnen. Keiner hatte gehört, dass die Tür a m Fuß der Treppe erneut geöffnet worden war.
    Ein Mann war lautlos herangeko mm en und legte Ursi von hinten die Hände auf die Augen. Sie quietschte vergnügt auf, ein wenig gekün s telt, f and Chiara. Aber dem Mann schien es zu gefallen.
    »Raten«, sagte er knapp.
    Ursi grinste verschlagen. »Lan g ? Lubitsc h ? Pom m er? Ach, ihr habt alle so zarte Hände …«
    Der Mann ließ los und gab ihr einen spielerischen Klaps, als sie aufsprang, ihn u m a r m t e und küsste. Dann wandte sie sich zu Chiara um und hielt dabei seine Hände.
    »Chiara, darf ich vorstellen – m ein Arthur.«
    Der Mann streifte san f t ihre Hände ab und kam zu Chiara herüber. »Arthur Her m ann«, sagte er, deutete eine Verbeugung an und gab ihr ein e n Handkuss. Er war groß und blond, die beiden einzigen E i genschaften, die Chiara be m erkenswert an ihm erschienen. Er besaß die gleic h e unverfängliche Attraktivität wie Ursi. Als stam m en beide aus de m selben W urf, dachte s i e sar k asti s ch.
    »Sie sind n atü r lich J u las S c hwester«, sagte er. »Die ganze Stadt spricht von Ihnen. Ihr großer Gönner läs s t keine Gelegenheit aus, Ihr Talent zu loben.«
    Mein großer Gönner? Na, wunderbar.
    Her m ann b e m erkte ihr Missfallen und schenkte ihr sein stra h l end s tes Lächeln. »Machen S i e sich n i chts draus. Masken versteht es, die W erbetrommel zu r ühren, das muss m an ihm neidlos lassen.«
    »Neidlos ? « Ursi war an sei n e Seite getreten. » A rthur ist neidisch bis auf die Knochen, wenn es um Maskens

Erfolge geht. Er ist selbst Produzent, weißt du.«
    »Frühere Erfolge«, verbesserte er und fügte m it m erklicher Schadenfreude hinzu: »Späte hat er ja leider Gottes nie gehabt.«
    Maria war derweil von ihr e m Liegestuhl aufgestanden und ließ nachdrücklich ihre Handtasche zuschnappen. »Ich verabschiede m i ch.«
    »Ah, die bezaubernde M a ria Mariannsen«, rief Her m ann, al s hätte er sie e r st in diesem Augenblick be m erkt. Auch sie bekam einen Handkuss, während Ursi hinter seinem Rücken dra m a tisch die Augen verdrehte. Chiara verkniff sich ein Lachen.
    Her m ann unter h ielt sie alle ein paar M i n uten m i t belangl o sem Gerede, ehe Maria s i ch endgültig auf den W eg m achte. Chiara f olgte ihr w enig sp ä t er, all e rdings nicht, bevor sie Ursis enthusiastischem Liebhaber versprochen hatte, bald m it ihnen beiden zu Abend zu essen. » W ir müssen uns näher kennen lernen«, sagte er zu Chiara, zwinkerte d abei aber anzüglich Ursi zu. Sie knuffte ihn in die Seite.
    Chiara lächelte kopfschütt e lnd, während sie die oberen  Treppenstu f en hinabstieg.
    Sie fuhr herum, als hinter ihr ein Pistolenschuss ertönte. Als sie zurückblickte, sah sie, gerahmt vom Metallgestänge des Geländers, wie Hermann mit einem Revolver auf einen Taubenschwarm anlegte. Die Vögel stiegen panisch von den umliegenden Dächern auf. Im Sonnenlicht funkelten Diamanten, die in den Lauf der Waffe eingelassen waren.
    Ein zweiter Schuss peitschte. Am H i m m el explodierte eine Taube in einer Spirale aus Federn und Blut.
    Ursi sch m iegte sich an Her m ann.
    Chiara sprang m it steifen Schritten die restlic h en Stu f en hinunter. Sie war schneller a l s das Hau s m ädchen, das sie zur W ohnungstür führen wollte, und lief in W i ndeseile zur Straße hinunter.
    Federn rieselten vor ihr zu Boden. Eine dritte Taube hatte sie auf dem Weg n a ch unten überholt.
     
     
    *
     
     
    Am Abend des letzten Drehtags brach in den Kulissen ein Feuer aus. D i e Eingangshalle des Hauses Ush e r brannte zu einem guten Viertel nieder, e h e es gelang, die Flammen zu löschen. Ein Großteil der anderen K ulissen wurde durch Ruß und Wasser in Mitleidenschaft gezogen. Es war kein großes Feuer; gelöscht wurde es von Bühnenarbeitern, nicht von der Feuerwehr, die e r st viel später eintraf.
    Masken hatte vorsorglich zusätzliche W asserleitungen legen lassen, da m it sich ein Inferno wie bei den Arbeiten zu Medusa nicht wiederholen konnte, und seine Voraussic h t zahlte s i ch aus. Es gab nur einen einzigen Verletzten, und diesen erst nach dem Ende des Brandes: Einer der A rbeiter rutschte in einer Wasserpfütze aus und brach sich den Ar m .
    Schlim m er waren die Schäden, die die Nässe im Stockwerk unter dem A t elier anrichtete, doch selbst diese würden sich innerhalb w eniger Tage beheben

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