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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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alles, sei unbesorgt.«

Canterbury, September 1075
    Lanfranc, Guthric, Prinz Richard und Cædmon saßen in einem geräumigen, aber doch mönchisch nüchternen Raum beim Licht zweier Öllampen um einen massiven Eichentisch. Cædmon hatte seine Neuigkeiten berichtet, und Ungläubigkeit, Schrecken, Empörung undFassungslosigkeit hatten einander abgelöst, um endlich einem langen, bleischweren Schweigen Platz zu machen.
    Schließlich fuhr Richard sich mit beiden Händen durch die Haare und seufzte tief. »Gott, das wird den König furchtbar treffen.«
    Lanfranc lächelte ihm zu. »Es spricht für Euch, daß Ihr zuerst an die Kränkung Eures Vaters denkt, mein Prinz, aber wir sollten jetzt vor allem überlegen, was zu tun ist. Die Zeit drängt.«
    Cædmon gab ihm recht. »Wir müssen unter allen Umständen verhindern, daß die Verschwörer ihre Kräfte vereinen. Solange wir sie voneinander fernhalten, sollte es nicht allzu schwierig sein, mit ihnen fertigzuwerden.«
    »Wobei wir die dänische Flotte nicht vergessen sollten«, gab Guthric zu bedenken. »Wie viele Schiffe?«
    Cædmon schüttelte den Kopf. »Wir wissen es nicht.«
    Lanfranc schien noch einen Moment tief in Gedanken versunken, dann legte er entschlossen die Hände auf die Tischplatte. »Zuerst müssen wir den König informieren und ihn überreden, sich nicht vom Maine ablenken zu lassen, sondern uns mit der Niederschlagung dieser Rebellion zu betrauen. Denn das war ja sicher eine von König Philips Absichten. Wenn er wirklich in diese Geschichte verwickelt ist. Guthric, seid so gut, schickt nach einem Schreiber.«
    Guthric schüttelte den Kopf und stand auf. »Mit Verlaub, Monseigneur, aber besser, ich schreibe den Brief. Je weniger Menschen derzeit von dieser Sache wissen, um so besser. Und einige unserer Schreiber sind geschwätzig wie Marktweiber.«
    Der Erzbischof nickte. »Ihr habt recht, mein Freund.«
    Guthric trat an das Schreibpult und begann, nach Lanfrancs Diktat schnell und flüssig zu schreiben. Cædmon beobachtete seinen Bruder mit sorgsam verborgenem Stolz. Es ist ein Glück für England, dachte er, daß Guthric im Gegensatz zu Bruder Oswald nie ins Kloster zurückgekehrt ist. Er bekleidete kein offizielles Amt am erzbischöflichen Hof in Canterbury, weil er keines wollte, aber er war allgemein als Lanfrancs rechte Hand bekannt.
    Als der Brief fertig versiegelt war, ließ Lanfranc mehrere seiner Ritter zu sich rufen und schickte sie als Boten aus: zwei zum König auf den Kontinent, um ihm das geheime Schreiben zu überbringen, je einen zu Odo, Montgomery, Warenne und den Bischöfen von Evesham und Worcester mit der Bitte, sich umgehend nach Winchester zu begeben.»Dort treffen wir sie«, erklärte er den anderen. »Es wäre zu zeitraubend, sie alle hierherzubitten. Wenn wir von Winchester aus operieren, sind wir etwa in der Mitte zwischen den beiden Verschwörern und können von dort aus einen Keil zwischen sie treiben.«
     
    Es erwies sich nicht einmal als besonders schwierig.
    Die beiden englischen Bischöfe Wulfstan und Æthelwig sowie Montgomery, der Earl of Shrewsbury, führten ihre Truppen nach Westen und kesselten Roger fitz Osbern in Herefordshire ein, während Cædmon, Prinz Richard, Bischof Odo und der triefnasige Warenne gegen Ralph de Gael im Osten zogen. Ralph bekam Wind von der anrückenden Armee und verschanzte sich in Norwich. Während die königstreuen Truppen die Stadt belagerten, floh er unbemerkt und überließ die Verteidigung seiner blutjungen Braut, Emma fitz Osbern. Nach wenigen Tagen gab sie auf und öffnete den Belagerern die Tore.
    Die dänische Flotte kam zu spät, der Aufstand war niedergeschlagen. So beschränkte Prinz Knut sich darauf, ein paar Küstenorte zu überfallen und, weil es so eine schöne alte Tradition war, York zu plündern. Fünf Jahre war die schwergeprüfte Handelsstadt im Norden verschont geblieben, war gerade wieder aufgebaut und zu neuem Wohlstand erblüht, als die Dänen einfielen, sie ausraubten und niederbrannten. Der Befehlshaber der normannischen Garnison war klüger als sein Vorgänger: Er zog die Zugbrücke ebenso wie den Kopf ein und wartete einfach, bis es vorbei war. Kaum in der Lage, ihre Beute zu tragen, zogen die Dänen ab und segelten heim. Cædmon bedauerte die Menschen der unglücklichen Stadt, aber er wußte Hyld und ihre Kinder sicher in Helmsby. Erik war im Frühling mit zwei vollbeladenen Schiffen nach Grönland aufgebrochen, er wurde erst im nächsten Jahr zurückerwartet.

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