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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Brustwehr schicken. Wir müssen uns sofort formieren.«
    Der Prinz riß ungläubig die Augen auf. »Sie greifen an?«
    Cædmon fuhr zu den Soldaten an der Belagerungsmaschine herum. »Laßt alles stehen und liegen. Zurück zum Lager, schnell! Tretet das Feuer aus und nehmt die Geschosse mit!«
    Rufus schwang sich eilig in den Sattel und sah noch einmal kopfschüttelnd zur Burg. Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben: Ein Strom berittener Soldaten ergoß sich aus dem Tor.
    »Robert … du mußt wahnsinnig sein.«
    »Er tut genau das, was dein Vater auch getan hätte«, bemerkte Cædmon, saß auf und preschte mit Eadwig und dem Prinzen zusammen zum Zelt des Königs.
     
    Robert wartete nicht, bis das normannische Heer sich formiert hatte. Er wußte, daß seine Truppen zahlenmäßig weit unterlegen waren, und er nutzte den Überraschungsvorteil ohne jede Rücksicht auf die Gepflogenheiten eines ehrenvollen Kampfes aus.
    Der König behielt einen klaren Kopf, rückte mit allen kampfbereiten Männern vor und hieß Etienne fitz Osbern, die Säumigen zu sammeln und ihm so bald wie möglich zu folgen. Dann formierte er seine englischen und normannischen Ritter zu zwei Spitzen, von denen eine er selbst, die andere Rufus anführte.
    Cædmon ritt mit den englischen Rittern aus Williams Haushalt an deräußeren rechten Flanke, weit genug vorn, um in der Nähe des Königs zu bleiben.
    Robert hatte seine Ritter zu einem langen Wall aufgestellt, der ihnen in tadellos gerader Linie entgegenpreschte. Als die gegnerischen Seiten aufeinandertrafen, bohrten sich die Spitzen der königstreuen Truppen wie Keile in Roberts Phalanx.
    Als Etienne die Nachhut von gut hundert normannischen Rittern ins Feld führte, kämpften auf seiten des Königs knapp achthundert Mann gegen Roberts fünfhundert.
    Waffen klirrten, Pferde wieherten, und Menschen schrien. Der knöchelhohe Schnee knirschte unter Hufen und Füßen, wurde zu nassem, braunem Schlamm aufgewühlt, und die kleinen weißen Inseln, die sich noch hielten, waren bald voll roter Tropfen und Schlieren. Der Anblick des blutgetränkten Schnees brachte Cædmon den Winter der Todesreiter in Northumbria in Erinnerung, und er fragte sich, ob das der Grund war, weshalb ihn ein ebenso unbestimmtes wie heftiges Grauen überkommen hatte, oder die Tatsache, daß hier Väter gegen Söhne und Brüder gegen Brüder kämpften.
    Neben ihm fällte ein kostbar gerüsteter Normanne einen jungen englischen Ritter mitsamt dessen magerem Gaul, und Cædmon ritt eine Länge vor, um ihn abzudrängen, ehe der Normanne seinem stürzenden Opfer das Schwert in die Kehle rammen konnte. »Toki«, brüllte er über die Schulter. »Bleibt beim König und haltet ihm den Rücken frei.« Aus dem Augenwinkel sah er den jungen Wigotson nicken und nach links verschwinden, dann richtete Cædmon seine ganze Aufmerksamkeit auf den Gegner, parierte seinen abwärts geführten Schwerthieb mit seiner eigenen Klinge und schlug ihm unfein mit dem dicken Eschenschild gegen den Kopf, so daß der Mann benommen vom Pferd fiel. Ehe Cædmon sein junges Schlachtroß noch wenden konnte, sprang ein englischer Soldat hinzu und spaltete dem Normannen mit der Axt den Schädel.
    Ein gutes Stück weiter vorne schlug sich der König mit zwei Gegnern, der treue Toki war direkt an seiner Seite. Cædmon sah kurz über die Schulter, um zu sehen, wo die Nachhut blieb. Etienne hatte nicht getrödelt: Seine hundert Normannen bildeten eine exakte Linie und hatten schon fast aufgeschlossen. Eine etwa gleichgroße Schar von Roberts Männern, die die königstreuen Linien durchbrochen hatten, galoppierten in einem unordentlichen Knäuel auf sie zu, und noch währendCædmon zurücksah, verwickelten zwei von ihnen Etienne in einen hitzigen Kampf.
    »Gott schütze dich, Etienne«, murmelte Cædmon, sah aus dem Augenwinkel eine schnelle Bewegung und riß den Schild hoch. Krachend landete ein Schwert darauf.
    »Jetzt seid Ihr fällig, Helmsby«, drohte eine wütende Stimme, es war beinah ein Zischen. »Euren Bruder hab ich schon erledigt.«
    Es war Guillaume fitz Osbern.
    Cædmons Brust fühlte sich plötzlich an wie zugeschnürt, und ein eisiger Schauer rieselte seinen Rücken hinab. Aber er gestattete sich nicht, an Eadwig zu denken, sondern münzte seinen Schmerz um in Kampfeswut und hob das Schwert gegen den Bruder seines einstigen Freundes, um ihn zu töten, wenn er konnte.
    Es wurde ein harter, langwieriger Kampf. Da sie beide von Jehan de Bellême ausgebildet

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