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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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auf.
    Cædmon legte die Rechte in ihren Nacken, den linken Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Ihre Lippen trafen sich, und es wurde ein sanfter, beschaulicher Kuß, beinah so behutsam als wäre es der allererste, als wären die Lippen des anderen ihnen nicht auch nach drei Jahren noch in jeder Einzelheit vertraut. Sie hielten einander eng umschlungen, aber nicht mehr verzweifelt wie Ertrinkende. Er hätte nichts dagegen gehabt, sie ins kurze, federnde Gras hinabzuziehen und es hier und jetzt zu tun, doch das hatte keine Eile. Zum ersten Mal hatten sie Zeit. Und in diesem Luxus wollte er schwelgen. Er spürte eine tiefe, innere Ausgeglichenheit, die ihm vollkommen fremd war, und erkannte erstaunt, was es bedeutete, wunschlos zu sein. Es war wie ein sanfter Rausch, erfüllte ihn mit einer wohligen Ruhe und gleichzeitig mit Übermut. Als eine Bö Aliesas schwarze Haarflut erfaßte und ihm um den Kopf wehte, lachte er, und alle Trauer fiel von ihm ab.
     
    Sie verbrachten den Nachmittag im Schatten der steilen Klippen am Strand. Cædmon errichtete das kleine Zelt aus einem vorgefertigten Holzgestänge, über welches die Zeltbahnen gebreitet wurden, die er anschließend mit hölzernen Pflöcken im Boden befestigte.
    »Der Sand ist kein idealer Untergrund«, bemerkte er. »Ich hoffe, das Zelt wird uns nicht über den Köpfen weggeweht. Dann müßten wir bei den Fischern um Obdach bitten.«
    Aliesa hockte auf dem Rand des Bootes, das er bis oben auf den Strand gezogen hatte, und rümpfte die Nase. »Schlag lieber noch ein paar Pflöcke ein. Ich hoffe, du verzeihst meine Offenheit, aber die ganze Konstruktion sieht ein wenig merkwürdig aus. Eher wie ein Dach ohne Haus als wie ein Zelt.«
    Er nickte. »Es ist ein englisches Zelt, Madame.«
    »Oh. In dem Fall bitte ich um Vergebung für meine Taktlosigkeit und kann nur hoffen, daß englische Zelte stabiler sind als englische Häuser.«
    Sie lachten.
    Die Sonne stand schon schräg, tauchte das Meer in ein beinah goldenes Licht und wollte bald hinter den Klippen im Westen verschwinden. »Sobald es dunkel ist, wird es kühl«, prophezeite er.
    »Haben wir Feuerholz?« fragte sie. »Hier wächst weit und breit kein Baum.«
    »Wir könnten noch mal nach oben klettern und trockenen Schafmist sammeln. Der eignet sich hervorragend für ein Feuer.« Er erfreute sich einen Moment an ihrem nur unzureichend verborgenen Schrecken, ehe er lachend sagte: »Nein, keine Bange. Wir haben einen Sack Holzkohle.«
    Sie stieß ihn mit den flachen Händen vor die Brust. »Flegel …«
    Er zog sie an sich und legte das Kinn auf ihren Scheitel. »Sag mir einfach, wenn dir das einfache Leben hier nicht geheuer ist, und ich bringe dich sofort irgendwohin, wo es eine Halle mit zivilisierten Christenmenschen und Dienern und Köchen und Mägden gibt, die nichts als nur deine Bequemlichkeit im Sinn haben.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Ich war noch nie im Paradies, darum muß ich mich erst daran gewöhnen. Aber ich will nicht fort. Die Welt da draußen ist mir fremd geworden. Und sie macht mir angst, weil sie mir feindlich gesinnt ist.«
    »Dann bleiben wir einfach hier«, versprach er.
    Sie lachte leise. »Bis wir es nicht mehr ertragen und genau wie Adam und Eva alles tun, um vertrieben zu werden.«
     
    Als die Nacht hereinbrach, schaufelte Cædmon gleich vor dem Zelteingang eine kleine, flache Grube im Sand und machte Feuer. Dann rollte er ihre Decken aus, halb drinnen, halb unter freien Himmel, und als Aliesa sich neben ihn kniete, begann er, sie auszuziehen. Er tat es mit beinah quälender Langsamkeit, betrachtete eingehend jedes Detail, das er enthüllte, hob einen ihrer Arme und strich mit der Wange darüber, um die kleinen, goldenen Härchen darauf zu spüren. Er nahm sich Zeit, sie in aller Ruhe wiederzuentdecken. Und Aliesa, die ihn früher mit ihrer Ungeduld so oft erregt und erheitert hatte, ließ seine gemächliche Erkundung widerspruchslos über sich ergehen und vertrautesich ihm einfach an. Als sie schließlich nackt war, wollte er seine eigenen Sachen abstreifen, aber sie nahm kopfschüttelnd seine Hände, hob dann die Arme, die rötlich golden im Schein des kleinen Kohlefeuers schimmerten, umfaßte den Saum seines Übergewands und zog es ihm über den Kopf, entkleidete ihn ebenso bedächtig wie er sie.
    Er sah sie frösteln und wollte ihr die Decke um die Schultern legen, als sie die Arme um seinen Hals schlang und sich an ihn preßte. Er spürte die Weichheit ihrer

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