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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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schwöre, dir nichts zu sagen, weil Hereward ein englischer Held ist. Aber Prinz Henry ist mein bester Freund, Vater. Und Hereward will die Normannen aus dem Land jagen. Also mußte ich es doch sagen, oder?« fragte er flehentlich. Cædmon löste seinen eisernen Griff von Ælfrics Schulter. »Wißt ihr«, sagte er leise, »das wirklich Vertrackte an der Sache ist, daß ihr beide recht habt. Und ihr könnt beide beruhigt sein. Ich werde Hereward nicht dem Sheriff preisgeben, aber ebensowenig wird Hereward die Normannen aus England verjagen, Wulfnoth. Dafür ist es schon lange zu spät. Hereward hatte seine Chance und hat sie vertan.« Er sah zu Ælfric, der seinen Blick mit skeptischer, verschlossener Miene erwiderte. »Du mußt vor allem lernen, daß dein Bruder ein englischer Patriot und trotzdem dem normannischen Königshaus ergeben sein kann, Ælfric.«
    Ælfric rieb sich verlegen das Kinn an der Schulter. »Ich glaube nicht, daß das möglich ist.«
    Cædmon seufzte. »Doch. Auch wenn es nicht gerade ein leichtes Los ist. Kommt. Laßt uns in die Halle gehen, ehe Aliesa uns vermißt. Und später setzen wir uns zusammen und reden über diese Sache. Es gibt einiges, das ihr lernen müßt, über England, die Normannen und über euch selbst.« Und es ist mein Versäumnis, dachte er, daß Ælfric und Wulfnoth all diese Dinge nicht längst wissen, keinerlei Grundlage haben, um ihren Standpunkt zu finden, sondern nur ihren kindlichen Instinkt und aufgeschnappte Parolen.
    Cædmons Haushalt und die Angehörigen des Guts versammelten sich zum Frühstück in der Halle. Alle senkten die Köpfe, während Guthric ein kurzes Tischgebet sprach, und nach einem hastig gemurmelten »Amen« griffen sie zu. Brotlaibe und Haferfladen wanderten die Tische entlang, dünnes Bier plätscherte in die Becher, und Schmalz- und Buttertöpfe wurden herumgereicht. An der hohen Tafel gab es außerdem weißes Brot und Honig, und Cædmon trug der Köchin auf, jedem Kind in der Halle ebenfalls einen Löffel Honig zu geben.
    »Ihr verhätschelt Euer Gesinde, Thane«, brummte sie mißfällig.
    »Aber wir haben so viel Honig diesen Sommer, daß wir beinah darin ertrinken, Helen.«
    »Der nächste Winter kommt bestimmt«, prophezeite sie düster.
    »Zweifellos. Aber auch für den Winter wird der Honig reichen. Ich habe eher den Verdacht, du willst, daß wir noch ein Faß Met ansetzen für Mittsommer, he?«
    »Aber Thane …«, protestierte sie empört.
    Cædmon lachte. »Honig ist wichtig für Kinder, Helen, er fördert das Wachstum. Sie werden größer und kräftiger und können um so besser für mich arbeiten. Du siehst, es ist purer Eigennutz. Wirst du’s tun?« Sie zeigte ihr dünnes, griesgrämiges Lächeln. »Meinetwegen.« Ohne Hast schlurfte sie davon.
    Aliesa sah ihr mit einem fassungslosen Kopfschütteln nach, äußerte sich aber nicht.
    »Cædmon, ich werde heute vormittag aufbrechen«, sagte Guthric zwischen zwei Bissen. »Ich würde mich zwar viel lieber noch ein paar Tage hier verkriechen, aber ich fürchte, wenn ich nicht bald freiwillig zurückkehre, wird Lanfranc mich holen lassen.«
    Cædmon nickte. Er bedauerte, daß sein Bruder sie verließ, aber er verstand, daß Guthric seine Pflichten nicht länger vernachlässigen konnte. »Ich hoffe nur, der Erzbischof wird dir verzeihen, daß du diese Heirat möglich gemacht hast.« Er hatte Lanfrancs Gesicht am Abend von Richards Beerdigung noch sehr lebhaft vor Augen.
    »Ach, Cædmon, manchmal bist du ein Unschuldslamm«, erwiderte Guthric lachend und senkte die Stimme, als er fortfuhr: »Lanfranc weiß genau, was in Rouen zwischen dir und Etienne fitz Osbern vorgefallen ist. Unter anderem erhält er regelmäßig schriftliche Berichte von Bruder Maurice, an den du dich gewiß erinnerst. Lanfranc weiß immer alles, verstehst du. Und er wollte , daß du sie heiratest. Denn er glaubt,daß es deine Position letztlich stärken wird, Skandal hin oder her. Und er wollte vermeiden, daß du dich weiter vor der Welt verkriechst und still vor dich hin leidest, denn er möchte, daß du an den Hof zurückkehrst, weil du Einfluß auf den König hast und auf Odo.«
    Cædmon winkte ab. »Ich bin Lanfranc für seine Unterstützung dankbar, aber er sollte meinen Einfluß auf William lieber nicht überschätzen. Er ist sehr begrenzt. Der König wird mit zunehmendem Alter nicht einfacher, Guthric. Schon gar nicht, wenn sein Sohn und seine Neffen und Vasallen ihn verraten und von ihm abfallen. Er ist verbittert

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