Das zweite Leben
Mit seiner monotonen, emotionslosen Stimme erbat er eine genaue Definition des Begriffes »Hölle« und Anweisungen, wie er dorthin gelangen könne.
Ross schlug sich die Hände vor die Augen, dann raufte er sich die Haare. »Weshalb mußt du nur so dumm sein? Du bist hier der Obermechaniker, und die Schwester versteht mehr von dem, was ich gesagt habe, als du.«
»Es hängt von der Programmierung ab, Sir«, bemerkte 5B. »Instandhaltungsroboter können keine Diagramme lesen wie ich. Sie sind unfähig, ein Röntgenbild von einer Fieberkurve zu unterscheiden.«
»Immerhin kann ich Flußdiagramme lesen«, protestierte der Reparaturroboter.
»Nun fangt bloß nicht an, euch zu streiten«, seufzte Ross. »Ich will nur wissen, warum einer von euch intelligenter ist als der andere.«
Es gab zwei Gründe, und Ross hätte sie mittlerweile auch ohne die Antwort der Schwester kennen müssen. Sie war Courtlands letzte Schöpfung. Vielleicht hatte Courtland mit ihr den ersten Schritt zum kreativ denkenden Roboter getan. Ross hatte nicht vergessen, wie sie das bei seiner Wiederbelebung auftretende Dilemma durch selbständiges Denken gelöst hatte. Der zweite Grund war die Speicherkapazität. Das, was Ross bei seiner ersten Begegnung mit 5B irrtümlich für einen auf die Radaufhängung montierten Lautsprecher gehalten hatte, war nichts anderes als ein zusätzlicher Datenspeicher.
Ross brauchte also nur die Datenspeicher der Roboter zu vergrößern, und der Reparaturroboter bestätigte, daß dies machbar war.
»Dann wäre ja alles klar«, sagte Ross. »Was wir brauchen, sind ein paar weitere Roboter von deiner Intelligenz, Schwester. Courtland sagte, daß du zu jedem auftretenden Problem eine Reihe von Lösungsalternativen hast und daß jede falsche Reaktion automatisch als solche gespeichert wird und für immer ausscheidet. Ist es möglich, die 5B-Modifikationen an anderen Robotern vorzunehmen?« wollte Ross vom Reparaturroboter wissen.
Dieser bejahte. Allerdings würde er dazu 5B auseinandernehmen müssen, um Courtlands Arbeit zu rekonstruieren. Als Ross das hörte, lief es ihm kalt den Rücken hinunter, und er ertappte sich dabei, wie er sich um die Schwester Sorge machte – um einen Roboter, der ihm wochenlang das Leben schwer gemacht hatte. Ross erkannte erst jetzt, wie sehr er sich schon an 5B gewöhnt hatte. Die Schwester war fast immer bei ihm und gab ihm das Gefühl, nicht wirklich allein zu sein.
Auf eine entsprechende Frage versicherte sie, daß kein Schaden an ihr zu befürchten sei. Nach der »Durchleuchtung« würde sie die gleiche sein wie vorher, ohne Gedächtnis- oder Funktionsbeeinträchtigung.
»Na schön«, sagte Ross. »Dann verlange ich folgendes. Zunächst müssen alle Roboter, die vorhandenen und die zu konstruierenden, mit der Fähigkeit ausgerüstet werden, Daten zu speichern und darüber hinaus mindestens drei verschiedene Programmierungen aufzunehmen. Dann müssen sie Karten und Diagramme lesen und alle Wahrnehmungen verarbeiten können, also auch das, was ihre Detektoren aufspüren, oder einfache Laute. Sie sollen Datenmaterial sammeln, bis ihre Speicher platzen, und immer wieder Neues dazulernen können. Versteht ihr das?«
»Ja, Sir«, sagte der Instandhaltungsroboter.
»Sie wollen einen Robotertyp, der nicht auf eine Aufgabe spezialisiert ist und einer Vielzahl von Programmen gehorchen kann«, kam es von der Schwester, und sie fügte hinzu: »Solch eine Maschine würde wahrscheinlich zu groß sein, um sich innerhalb des Hospitals bewegen zu können.«
Das war ein Punkt, den Ross nicht berücksichtigt hatte, doch für das, was er vorhatte, spielte es keine Rolle. »Ich brauche Hunderte von diesen Konstruktionen. Wir können sie an der Oberfläche bauen. Noch irgendwelche Einwände?«
»Das von Ihnen vorgeschlagene Konstruktionsprogramm ist durchführbar«, meldete sich der Reparaturroboter. »Doch ich verlange genaue Instruktionen und einen Aufbauplan, wenn wir mit der Arbeit beginnen sollen.«
Anspruchsvoller Roboter! dachte Ross und schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf. Auch das noch!
Wenige Stunden später sah er dabei zu, wie der »Oberste Instandhaltungsroboter« und eine andere Maschine seines Typs die Schwester in ihre Einzelteile zerlegten. Beide Reparaturroboter verfügten inzwischen über die gleiche Intelligenz wie 5B. Der Chefinstandhalter hatte nur Minuten gebraucht, um seinen »Kollegen« so zu modifizieren, wie Courtland es mit 5B getan hatte. Bei dem
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