Das zweite Leben
kommen die Schwestern an die Reihe. Sie müssen neue Programme zusätzlich zu den bestehenden aufnehmen können. Die medizinische Programmierung darf nicht gelöscht werden, weil es eine Situation geben könnte, in der auf sie zurückgegriffen werden muß. Bevor ich in die Einzelheiten gehe, will ich wissen, ob diese Veränderungen durchführbar sind.«
5B antwortete nach einem Zögern von etwa drei Sekunden: »Ich habe Ihren Vorschlag dem Obersten Instandhaltungsroboter weitergeleitet. Strukturelle Veränderungen stellen kein Problem dar, allerdings hängt unsere Lernfähigkeit von der Kapazität der Speicher ab. Eine vollständige Beantwortung Ihrer Frage ist erst möglich, nachdem wir genau wissen, welche Arbeiten wir ausführen sollen.«
»Wunderbar«, sagte Ross. »Der Instandhaltungsroboter soll herkommen. Ich habe Skizzen und Illustrationen gemacht, die ihr beide euch ansehen sollt.«
Ross ging zum Schreibtisch und holte eine dicke Mappe aus einer Schublade. 5B stand neben ihm, als der vielgliedrige Körper der herbeigerufenen Maschine in der Tür erschien und in den Raum rollte.
»Ich möchte«, begann Ross ohne lange Vorrede, »daß die Roboter des Krankenschwester- und des Reinigungstyps anstelle ihrer Räder Metallfüße erhalten und außerdem so gebaut werden, daß sie gegen treibende Asche und Regen geschützt sind, damit sie sich längere Zeit an der Oberfläche bewegen können. Ich weiß, daß sie mit Hilfe ihrer eingebauten Infrarotsichtgeräte auch nachts und unter extrem schlechten Sichtbedingungen arbeiten können. Darüber hinaus müssen sie mit Detektoren ausgerüstet werden, die auf Metalle ansprechen, und in der Lage sein, diese auszugraben und ins Hospital zu transportieren. Und dies soll nur ein erster Schritt sein. Die Metalle werden dazu dienen, weitere Roboter zu bauen, die dann wiederum auf die Suche gehen, um noch mehr von euch bauen zu können. Für meine Zwecke werde ich Tausende von Robotern brauchen. In den Ruinen der umliegenden Städte sollten wir genug Material finden. Später könnt ihr nach Erz bohren, aber vorher werden alle verfügbaren Roboter den Meeresboden untersuchen, und Spezialmodelle werden zu den anderen Kontinenten fliegen oder schwimmen. Ich will, daß jeder Quadratmeter dieses verdammten Planeten untersucht wird!« Ross steigerte sich in eine Erregung hinein, die ihn selbst erschreckte. Er wälzte die Seiten und zeigte immer wieder auf seine Skizzen, erklärte, wie er sich die neuen Modelle vorstellte, und konnte schließlich nicht mehr mit den Hoffnungen, die ihn vorwärtstrieben und seinem Leben einen neuen Sinn gaben, zurückhalten. »Irgendwo muß es Hospitäler wie unseres geben, und in ihnen möglicherweise Patienten, die sich noch im Tiefschlaf befinden. Vielleicht hat sogar jemand in den unterseeischen Basen den Krieg überlebt. Ich lebe, also können auch anderswo Menschen gerettet worden sein. Und deshalb darf das medizinische Programm der Roboter nicht gelöscht werden. Falls sie jemanden finden, wird er wahrscheinlich Hilfe benötigen. Und noch etwas: solltet ihr tatsächlich irgendwo einen Tiefschläfer finden, dann werde ich die Wiederbelebung überwachen …«
Beide Roboter tickten laut, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie überhaupt nichts verstanden hatten. Ross fluchte und holte tief Luft. Dann begann er, so ruhig wie möglich konkrete Fragen zu stellen, die Umprogrammierung der Krankenschwestern betreffend.
Das Hauptproblem war immer noch die begrenzte Aufnahmefähigkeit der robotischen Gehirne. Jede Maschine war in gewissem Umfang fähig, aus Erfahrung zu lernen, das heißt, Daten aufzunehmen, wie ein Mensch Wahrnehmungen als Erinnerungen im Bewußtsein behielt. Man hatte ihre Datenspeicher vorsorglich nicht völlig gefüllt. Doch diese Lücke reichte nicht aus, um die zu einem völlig neuen Aufgabenbereich benötigte immense Datenfülle aufzunehmen.
Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, einem Reparaturroboter mit Hilfe von Skizzen etwas klarmachen zu wollen. Für ihn war eine Zeichnung nichts weiter als ein paar Striche auf Papier. Ross mußte jede Einzelheit genau erklären – daß dieser Strich die Funkantenne sei und jener ein Bohrer oder Greifarm. Selbst das reichte nicht aus, um begreiflich zu machen, was Ross eigentlich wollte.
Schließlich verlor er die Geduld. Er schrie die metallene Riesenspinne an, sie solle ihm aus den Augen gehen oder besser noch zur Hölle.
Der Roboter zeigte sich nicht im geringsten beeindruckt.
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