Das zweite Leben
wenn auch zu spät. Vielleicht eine neue Methode der Bevölkerungskontrolle oder der Nahrungserzeugung. Es war nicht nur akademisches Interesse. Eines Tages mochte die Erde vor den gleichen Problemen stehen wie all die untergegangenen Zivilisationen des Kosmos. Von den Erkenntnissen der Sucher und den warnenden Beispielen konnte dann das Schicksal der Menschheit abhängen. Jan wollte vor allem wissen, ob die Planetarier die Raumfahrt entwickelt und Kolonien im All gegründet hatten, wo möglicherweise ihre Nachkommen überlebt hatten. Ein solches Projekt wäre mit Sicherheit in einem entwicklungsgeschichtlichen Museum wie diesem verewigt worden.
Die Menschen stiegen die nächste Rampe hinauf. Sie machten sich nichts vor. Letztendlich suchten sie immer noch ihr eigenes Spiegelbild im Weltraum …
Peter erinnerte sich an ihren ersten Flug als Sucher. Damals schien es nicht von allzu großer Bedeutung zu sein, daß man eine tote Welt vorfand. Die Bewohner, deren Funksignale sie empfangen hatten, lebten nicht mehr. Peter und Jan, frisch verheiratet, waren mit einem der ersten Suchschiffe aufgebrochen und trugen die guten Wünsche der Menschen mit sich. Der neue Sternenantrieb brachte sie zunächst zehn Lichtjahre in den interstellaren Raum. Dann fingen die kreisenden Antennen die Signale auf, immer wieder die gleichen Symbolgruppen, ohne Zweifel eine Botschaft von intelligenten Lebewesen irgendwo in der Galaxis. Die Quelle wurde eingepeilt, und nach zwei Hypersprüngen waren die Sucher am Ziel. Weder Jan noch Peter hatte sich viele Gedanken darüber gemacht, wer sich da bemerkbar zu machen versuchte. Es waren einfach andere, die der restlichen Galaxis mitteilten, daß sie da waren.
Doch als das Schiff vor dem System aus dem Hyperraum kam, gab es keine Signale mehr. Jan und Peter fanden eine Welt vor, von der das intelligente Leben längst verschwunden war. Das System befand sich etwa viertausend Lichtjahre von der Erde entfernt, und da Funkwellen sich mit der Geschwindigkeit des Lichts ausbreiteten, hatten die Bewohner des einstmals blühenden Planeten ihre Botschaften ins All gesendet, lange bevor man auf der Erde in der Lage war, sie zu empfangen – vor viertausend Jahren.
Der erste Sprung hatte die Sucher bis auf zweitausend Lichtjahre an das System herangebracht, und da wurden die Signale noch empfangen. Die unbekannte Rasse hatte also mindestens zweitausend Jahre lang gesendet. Die Zivilisation mußte unvorstellbar hoch entwickelt gewesen sein, und doch konnte ihr Zusammenbruch nicht verhindert werden.
Jan und Peter gaben damals die Hoffnung trotz der Enttäuschung nicht auf. Beim nächstenmal haben wir Glück, trösteten sie sich. Sie sahen sich auf der Welt um und fanden nur Ruinen und Insekten, die die Herrschaft über den Planeten angetreten hatten. Auf die Erde zurückgekehrt, gaben die mitgebrachten Relikte der ehemals blühenden Kultur der irdischen Wissenschaft einen ungeheuren Aufschwung. Jan und Peter wurden mit Ehrungen überhäuft, während andere Suchschiffe starteten. Erst nach drei Jahren flogen sie wieder ins All.
Doch auch die nächste eingepeilte Welt trug kein intelligentes Leben mehr. Die Wesen, die auf sich aufmerksam gemacht und Brüder im All gesucht hatten, waren längst gestorben, bevor ihre Signale die Erde erreichten. Die Erde profitierte von den Entdeckungen in den Ruinen der vielen Zivilisationen, die alle den gleichen Weg gegangen waren. Doch die Besatzungen der Suchschiffe wurden mit der Zeit müde und frustriert. Sie wollten keine Grabstätten finden. Sie wollten lebende Wesen finden …
»Das nächstemal lassen wir uns ins galaktische Zentrum schicken«, murmelte Peter und schalt sich sogleich einen Narren. Jedesmal, wenn er und Jan zwischen Ruinen standen, machte er diesen Vorschlag.
»Wir haben es einmal versucht und wären beinahe umgekommen«, erinnerte Jan. »Welchen Sinn hat es, aufs Geratewohl in einen Sternendschungel zu fliegen, wo die Planeten noch so jung sind, daß sich Leben in unserem Sinn erst in Tausenden von Jahren entwickeln kann?« Sie lachte rauh. All das war schon so oft gesagt worden.
Mittlerweile befanden sie sich im vierten Stockwerk des Museums und lernten eine weitere Epoche in der Entwicklung der ausgestorbenen Rasse kennen. Die Fremden hatten die Atomenergie entdeckt und zu nutzen gelernt – allerdings nicht für kriegerische Zwecke. Überhaupt schien es relativ wenige große Kriege gegeben zu haben. Die Wissenschaften und Künste waren nur
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