Das zweite Leben
von ihnen als Partner und vor allem als Mittler akzeptiert wurde. Einige hatte er sogar zu Freunden. Sein Vorteil war, daß er es schaffte, als neutrale Person angesehen zu werden. Die verschiedenen Banden hatten einige Dinge im Überfluß, während andere dringend benötigt wurden – Medikamente, Ersatzteile und so weiter. Ein Austausch zwischen den verfeindeten Gruppen war erforderlich, und Barclay war der Mann, der die »Geschäfte« arrangieren konnte. Jeder andere wäre an der Grenze zum Herrschaftsgebiet der benachbarten Bande über den Haufen geschossen worden. Barclay nicht. Das war sein Kapital, als er sich beim Kommandanten des Armeecamps außerhalb der Stadt meldete. Es war wirklich nur ein Lager, Dutzende von Zelten, in denen mehr Zivilisten als Soldaten Unterkunft fanden. So wie hier sah es überall im Land aus. Colonel Mac Ivor nahm alle Flüchtlinge auf, die bereit waren, hart zu arbeiten und das, was sie besaßen, zur Verfügung zu stellen. So gesehen, war der Colonel ein Bandenchef in Uniform. Aber Mac Ivor sorgte dafür, daß keine Willkür aufkam. Die Zivilisten wurden Armee-Farmer, Armee-Hausfrauen, Armee-Schullehrer, Armee-Kinder. Wer sich unterordnete, wurde gerecht behandelt. Wer Ärger machte, wurde davongejagt. Es gab nur wenige Quertreiber, denn trotz allem behandelte Mac Ivor seine Schutzbefohlenen im Gegensatz zu den Bandenchefs als Menschen.
Sein Problem war Barclays Chance. Der Colonel brauchte dringend bestimmte elektrische Geräte und Spezialisten, während er Ärzte und Lehrer im Überfluß hatte. Neunhundert Kilometer entfernt befand sich Camp Peters, wo man genau umgekehrten Mangel litt und an einem Austausch interessiert war. Die Frage war, wie man dorthin gelangte. Zwar hatte Mac Ivor etwa zwanzig schwerbewaffnete Panzerwagen zur Verfügung, aber nicht genügend Munition, um einen 900-Kilometer-Krieg zu führen. Außerdem hielt er nichts davon, sich seinen Weg über Leichen zu bahnen. Er war kein Krieger – aber das wußte nur Barclay, der seit seiner Ankunft gezeigt hatte, daß er ein wertvoller Helfer war und das Vertrauen des Colonels hatte. Barclay erklärte sich bereit, die Kolonne nach Camp Peters zu führen – Lastwagen ohne schwere Bewaffnung und Männer und Frauen, die kaum Kampferfahrung hatten, von den in der Minderzahl befindlichen Soldaten abgesehen. Mac Ivor erklärte sich dafür damit einverstanden, daß die Kolonne auf dem Rückweg einen Umweg von knapp hundert Kilometern machte, so daß Barclay sich im Raumfahrtzentrum umsehen konnte.
Die überflüssigen Ärzte und Lehrer bestiegen die mit Austauschgütern vollgestopften Wagen. Es wurde ein Weg durch von den Banden beherrschtes »Feindesland«, doch Barclays Name und sein Ruf als neutraler Mittler sorgten dafür, daß sie weitgehend in Ruhe gelassen wurden, selbst da, wo er keinen der Bandenführer persönlich kannte. Er verhandelte geschickt, und die Kolonne durfte passieren. Sie erreichte Camp Peters ohne Verluste, wo die Abzuliefernden freudig begrüßt wurden und im Austausch die von Mac Ivor angeforderten Spezialisten die Wagen bestiegen.
Ebenso unangeforchten erreichte die Kolonne das Raumfahrtzentrum. Es war so gut wie verlassen. Bob Saville, Barclays Kontaktmann, war der einzige, der sich überhaupt noch an seinen Vater erinnerte. Und auch dieser wußte nichts Neues zu berichten. Es gab alle möglichen Gerüchte um Dr. Goyers Tod. Eines davon besagte, daß er Akten über den Verlust einer Raumfähre gefälscht hatte. Alles, was Saville wußte, war, daß man Goyers Aufzeichnungen versiegelt hatte, um sie nach seiner Rückkehr durch eine Regierungskommission überprüfen zu lassen, nach Goyers Tod aber darauf verzichtet hatte. Ob es einen Zusammenhang zwischen Goyers Schicksal und dem von Barclays Vater gab, wußte Saville nicht zu sagen. Alte Freunde des Doktors hatten bis zuletzt verhindert, daß einige Neugierige sich die Privataufzeichnungen und Akten aus den Panzerschränken in Goyers Büro ansahen. Sie lagen immer noch an Ort und Stelle.
Am nächsten Tag sah Barclay sich im Zentrum um. Niemand störte ihn. Nur Saville kam immer dann ins Schwärmen, wenn sie vor Modellen geplanter Neuentwicklungen standen, und erzählte, was alles erreichbar gewesen wäre, hätte man ihnen nicht die Mittel gestrichen.
In der nächsten Nacht erfolgte ein Überfall. Ein aufgewühlter Mob riß die Absperrungen an drei Stellen gleichzeitig nieder. Der Angriff war bis ins kleinste Detail geplant. Im Schutz von mit
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