Das zweite Vaterland
Horizonte, eine Entfernung, die gegen zehn Lieues betragen mochte. Ob auf diesem gänzlich unbekannten Gebiete wilde Volksstämme hausten, war eine gewiß ernst zu nehmende Frage. In der Umgebung des Gelobten Landes hatte sich davon allerdings noch keine Andeutung gezeigt. Hier bildeten die einzige Gefahr etwaige Ueberfälle von Raubthieren, die sich außerhalb des eigentlichen Ansiedlungsbezirkes aufhielten, z. B. von Bären, Tigern, Löwen oder Schlangen, unter anderen einer ungeheuern Boa (Riesenschlange), der schon der Esel zum Opfer gefallen war, als sie sich einmal bis in die Nähe von Felsenheim herangeschlichen hatte.
Wir zählen hier die einheimischen Naturerzeugnisse auf, die der ältere Zermatt, dank seinen gründlichen Kenntnissen in der Naturgeschichte, der Botanik und der Geologie, recht vortheilhaft zu verwerthen wußte. Zunächst wäre da ein Baum zu nennen, der einem wilden Feigenbaume ähnelte und aus dessen gefurchter Rinde ein harzartiger Stoff ausschwitzte, der ihm Kautschuk lieferte, das, außer zu mancherlei Gegenständen, vorzüglich zur Anfertigung wasserdichter Stiefel Verwendung fand. Aus gewissen, in Dickichten zusammenstehenden Büschen der »
Myrica cerifera
« gewann man eine Art Wachs, das sich zu Kerzen eignete. Die Schalen der Cocosnüsse, ohne von deren wohlschmeckendem Inhalt zu reden, verwandelten sich in Becher und Tassen, die jedem Stoße widerstanden. Aus den Schößlingen der Palmen gewann man ein erfrischendes Getränk, den sogenannten Palmenwein, aus Cacaoschoten eine freilich etwas bittere Chocolade, aus dem Mark der Sagopalme, das erst angefeuchtet und dann gedörrt wurde, ein sehr nahrhaftes Mehl, das Betsie häufig bei der Speisebereitung verwendete. Auch an Süßstoffen fehlte es niemals, dank den zahlreichen Bienenvölkern, die Honig in Ueberfluß erzeugten. Flachs erhielt man aus den lanzettförmigen Blättern des
Phormium tenax
, die zu kardätschen und zu verspinnen allerdings einige Mühe verursachte. Eine Art Gips gewann man durch das Ausglühen und Pulverisiren der Felsabfälle von den Wänden in Felsenheim; selbst Baumwolle, dieses so begehrte Material, fand sich in dichtgefüllten Kapseln des hier wild wachsenden Strauches. Aus dem zarten Mehle von Walkerde, die sich in einer anderen Grotte fand ließ sich eine ganz brauchbare Seife erzeugen. Ferner gab es hier die unter dem Namen
Cachiman
bekannten, überaus saftigen Zimmetäpfel. Die Rinde der
Ravensara
lieferte ein Gewürz, worin der Wohlgeruch der Muskate und der Würznägelein sich vereinigte. In einer kleinen Höhle der Nachbarschaft wurde mit Amiantfäden überkreuzter Glimmer entdeckt, der sich recht gut zu Fensterscheiben verarbeiten ließ. Pelzwerk lieferten die zahlreich vorkommenden Moschusratten und Angorakaninchen. Außerdem fand sich Euphorbiumharz für mancherlei medicinischen Gebrauch, Porzellanerde und gab es Honigwein (Meth) als Erquickungsgetränk und sogar eine Art vortrefflicher Confitüren aus Meeralgen, die an der Walfischinsel gewonnen wurden, und die Frau Zermatt ganz ähnlich denen des Caps der Guten Hoffnung zuzubereiten verstand.
Diesen Bodenerzeugnissen sind noch die Hilfsquellen hinzuzurechnen, die die Thierwelt der Neuen Schweiz den muthigen Jägern darbot. Unter den Raubthieren, gegen die sie sich, wenn auch selten, zu vertheidigen hatten, gab es hier Tapire, Löwen, Bären, Schakale, Tiger und Tigerkatzen, Krokodile, Panther, Elephanten und auch große Mengen von Affen, die wegen der Verwüstungen, die sie anrichteten, vor allem abgeschossen werden mußten. Von Vierfüßlern, von denen einzelne gezähmt werden konnten, wären zu nennen: wilde Esel und Büffel, sowie von Vögeln: ein Adler, den sich Fritz zum Jagdgehilfen abrichtete, und ein Strauß, den Jack mit Vorliebe als Reitthier benutzte.
Feder-und Haarwild gab es in den Wäldern von Waldegg und der Einsiedelei Eberfurt in Ueberfluß. Der Schakalbach lieferte vorzügliche Krebse. Zwischen den Uferklippen wimmelte es von Schal-und Krustenthieren, und endlich war auch das Meer noch reich an Heringen, Stören, Lachsen und verschiedenen anderen Fischen.
Die Ausflüge der Ansiedler dehnten sich, trotz ihres langen Aufenthaltes hier, nach der einen Seite doch niemals weiter aus, als von der Nautilusbai bis zur Rettungsbucht, auf der anderen, jenseits des Caps der Getäuschten Hoffnung, wurde die Küste dagegen auf eine Strecke von zehn Lieues genauer besichtigt. Zermatt besaß jetzt ja, außer der Pinasse, eine unter seiner
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