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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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steuerte sie geraden Weges auf die Ausbuchtung zu, wo das Thal mündete, das von den Höhen neben der »Licorne«-Bai gestern schon gesehen worden war.
    »Ein Fluß!… Da ist ein Fluß!« rief Jack, der nach der Flechting des Fockmastes hinaufgestiegen war.
    Als darauf der ältere Zermatt den betreffenden Theil des Uferlandes mittels Fernrohres betrachtete, zeigte sich ihm folgendes:
    Rechts stieg hinter einer scharfen Biegung die Böschung des Steilufers nach den Abhängen des Innern hinaus. Links endigte die Küste mit einem ziemlich weit, mindestens drei bis vier Lieues, draußen liegenden Landvorsprünge, das Land selbst aber prangte im Grün von natürlichen Wiesen und von Wäldern, die bis zum äußersten Horizonte wie terrassenartig hinter einander lagen. Zwischen den erwähnten zwei Punkten breitete sich die Bucht aus, ein natürlicher Hafen, der durch felsige Wälle gegen die gefährlichen Ostwinde geschützt war und zu dem die Zufahrtsstraßen leicht passirbar zu sein schienen.
    Fast in der Mitte mündete ein von schönen Bäumen beschatteter Fluß mit klarem, ruhigem Wasser. Dieser schien auch schiffbar zu sein, und sein Bett wendete sich, so weit man es von hier aus erkennen konnte, nach Südwesten zu.
    Einen schöneren Ankerplatz konnte es für die Pinasse kaum geben. Sie wurde also einer dahin führenden Wasserstraße gerade gegenüber gebracht und ihr Segelwerk auf die Brigantine und ein Klüversegel vermindert; damit glitt sie nun langsamer mit Steuerbordhalsen dicht vor dem Winde hin. Die Fluth war immer noch eine Stunde lang im Steigen und begünstigte ihre Fortbewegung. Das Meer brandete jetzt nirgends; bei Tiefebbe freilich mochte es sich wohl an den dann freiliegenden Klippen heftiger brechen.
    Natürlich wurde keine Vorsichtsmaßregel vernachlässigt. Der ältere Zermatt am Steuer, Wolston und Ernst zum Auslugen auf dem Vordertheile und Jack auf einer Stenge reitend, so behielten alle die Fahrstraße im Auge, durch die die »Elisabeth« einsegeln sollte. Frau Zermatt saß nebst Frau Wolston und deren Tochter erwartungsvoll auf dem Verdecke. Niemand sprach ein Wort unter der doppelten Einwirkung der Neugierde und einer unklaren Unruhe bei der Annäherung an dieses noch völlig unbekannte Land, das jetzt ohne Zweifel zum erstenmale von Menschen betreten werden sollte. Die Stille wurde nur durch das Plätschern des Wassers längs der Schiffswände unterbrochen, durch das gelegentliche Killen (d. i. Flattern) der Segel oder einen Zuruf Jacks und durch das Geschrei von Meerschwalben oder Möwen, die erschreckt nach den Uferfelsen der Bucht entflohen.
    Es war um elf, als der Anker niedersank, und zwar zur Linken der Mündung, nahe einer Art natürlichen Quais, der eine bequeme Landung gestattete. Ein wenig weiter rückwärts boten große Palmen hinreichenden Schutz gegen die Strahlen der jetzt nahe ihrer Mittagshöhe stehenden Sonne. Nach einem hier verzehrten Frühstücke sollte dann ein Ausflug zur Besichtigung des Innern unternommen werden.
    Wir brauchen wohl kaum zu erwähnen, daß die Flußmündung hier sich ebenso verlassen erwies, wie die Mündung des Schakalbaches, als die Schiffbrüchigen das Land daselbst zum erstenmale betraten. Es schien als ob hier noch niemals ein Menschenfuß gewandelt wäre. An Stelle eines schmalen, vielfach gewundenen und unschiffbaren Rio zeigte sich hier aber ein wirklicher Fluß, der wenigstens bis zur Mitte des Inselgebietes hineinreichen mochte.
    Jack sprang aus Land, sobald die »Elisabeth« nahe genug herangekommen war, und legte sie längs der Felsen an, indem er das Fahrzeug mittels eines an dessen Hintertheil befestigten Seiles schleppte. Das Canot brauchte man hier also zum Landen nicht zu benutzen, und bald standen alle am Ufer versammelt. Zunächst wurden Mundvorräthe nach der schattigen Stelle unter der Baumgruppe geschafft, denn alle verspürten einen gewaltigen Appetit, der durch die mehrstündige Fahrt in freier Seeluft nur noch verschärft worden war.
    Das Essen – und wenn es auch etwas gierig vor sich ging – schloß aber doch den Austausch von Fragen und Antworten nicht aus. Da fielen mancherlei Bemerkungen und darunter folgende, die von Herrn Wolston ausging:
    »Ist es nicht zu bedauern, daß wir nicht lieber am rechten Ufer des Flusses gelandet sind? An der Seite hier ist das Land niedrig, während es auf der anderen in dem Seitenwalle des Steilufers wohl hundert Fuß emporragt…
    – Und mir würde es ein Leichtes gewesen sein, dessen

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