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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hinuntergleiten wollte.
    »Nein, nein, sagte er. Sehen Sie nur noch einmal genau hin, Herr Wolston, das Fahrzeug steuert einen anderen Curs.
    – Ja ja, so ist es, erklärte dieser, nachdem er die Bewegung des Schiffes einige Augenblicke beobachtet hatte.
    – Dann wäre es also die »Licorne« nicht? rief Jack halb enttäuscht.
    – Nein, versicherte Ernst.
    – Die »Licorne« würde übrigens, setzte Wolston hinzu, im Nordwesten ans Land gehen, während jenes Fahrzeug nach Südosten segelt und sich von der Insel entfernt.«
    Ein Irrthum war jetzt ganz ausgeschlossen. Das Schiff in der Ferne steuerte mehr nach Osten zu und schien die Neue Schweiz gar nicht weiter zu beachten.
    »Nun gut, sagte Jack, die »Licorne« muß aber doch bald eintreffen, und mindestens werden wir dann zur Stelle sein, der Corvette Sr. Majestät Wilhelms III. die gebührende Ehrenbezeugung zu erweisen.«
    Die Flagge wurde nun auf dem Gipfel des Pic Jean Zermatt gehißt und flatterte bald lustig im Winde, während sie Jack mit zwei Gewehrschüssen begrüßte.
Fünfzehntes Capitel.
In Felsenheim. – Beunruhigende Verzögerung. – Nach der Einsiedelei Eberfurt. – Herr Wolston und Ernst. – Was geschehen war. – Bei der Verfolgung der Elephanten. – Ein Vorschlag Wolston’s. – Widrige Winde. – Jack!
    Am Abende des nämlichen Tages hatten sich Zermatt und seine Gattin, nebst Frau Wolston und deren Tochter nach redlich gethaner Arbeit im Bibliothekzimmer zusammengefunden.
    Plaudernd saßen sie nahe dem nach dem rechten Ufer des Schakalbaches hinausgehenden Fenster, und selbstverständlich betraf ihr Gespräch die in der Ferne Weilenden, die nun schon vier Tage lang fort waren. Wegen des Erfolges dieses Ausfluges beruhigte sie vorzüglich der Umstand, daß die Witterung sich gut gehalten hatte und die Hitze für den Anfang der schönen Jahreszeit keine unerträgliche gewesen war.
    »Wo mögen sie jetzt wohl sein? fragte Betsie.
    – Meiner Ansicht nach, antwortete der ältere Zermatt, müssen sie den Gipfel der Bergkette erreicht haben. Haben sie keine Verzögerung erfahren, so werden ihnen drei Tage genügt haben, zum Fuße der Berge vorzudringen, und am vierten wird der Aufstieg erfolgt sein…
    – Doch wer weiß, unter welchen Beschwerden… welchen Gefahren? fiel Annah ein.
    – Gefahren? Nein, liebes Kind, beruhigte sie Zermatt. Was die Beschwerden betrifft, so befindet sich Ihr Vater ja noch im kräftigsten Alter, und meine Söhne haben schon ganz andere Anstrengungen ausgehalten.
    – Ernst hat aber nicht die zähe Ausdauer seines Bruders, konnte sich das junge Mädchen zu erwidern nicht enthalten.
    – Nicht ganz dieselbe, bestätigte Frau Zermatt; er hat von jeher das Studieren den Körperübungen vorgezogen.
    – Na, na… schon gut, Betsie! sagte Zermatt. Mache nur aus Deinem Sohne keinen halben Mann und kein halbes Weib! Hat er fleißig mit dem Kopfe gearbeitet, so hat er das mit den Armen und Beinen doch nicht minder gethan. Ich denke also, diese Auskundschaftung wird für alle nur einen Touristenausflug bedeuten. Hätte ich es überwinden können, Sie, Frau Wolston und Annah, und Dich, meine Liebe, hier in Felsenheim allein zurückzulassen, so wäre ich trotz meiner siebenundvierzig Jahre flott mit abmarschiert und hätte an diesem Entdeckungszuge mit Freuden theilgenommen.
    – Nun, warten wir bis morgen, äußerte Frau Wolston. Vielleicht kommt die von Ernst mitgenommene Brieftaube morgen zeitig mit einer Nachricht für uns zurück…
    – Warum nicht schon heute Abend?… unterbrach sie Annah. Die Taube würde ihren Schlag doch auch in der Nacht wiederfinden; nicht wahr, Herr Zermatt?
    – Ganz gewiß, Annah. Dieser Vogel fliegt ja so außerordentlich schnell – man sagt, zwanzig Lieues in der Stunde – daß er die Strecke von der Bergkette bis zu uns binnen sechzig bis siebzig Minuten müßte zurücklegen können.
    – Wenn ich nun auf seine Rückkehr bis zum Morgen wartete?… schlug das junge Mädchen vor.
    – Ah, bemerkte Frau Zermatt, unser liebes Kind hat große Sehnsucht, etwas von ihrem Vater zu hören…
    – Und auch von Ihren Söhnen, Frau Zermatt, gestand Annah, sie umarmend.
    – Es ist wirklich zu bedauern, ließ Frau Wolston sich vernehmen, daß jene Bergkette von der Höhe bei Felsenheim nicht zu sehen ist. Mit Hilfe eines guten Fernrohres hätten wir uns sonst wohl unterrichten können, ob die Flagge bereits auf der Spitze des Pics flattert…
    – Das ist freilich bedauerlich, Frau Wolston,

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