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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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niemand ein, sich zu Tische zu setzen.
    Noch ein letztesmal gingen die beiden Zermatt’s mit Frau Wolston und Annah eine Viertelstunde weit den Weg am Schakalbach hinaus. Türk und Braun die daneben mitliefen, blieben still und stumm. Gott weiß, wie freudig sie gebellt, wie tolle Sprünge sie gemacht hätten, wenn die zwei Brüder etwa nur noch einige hundert Schritte entfernt gewesen wären!
    Die Vier mußten sich endlich wohl oder übel entschließen, nach Felsenheim zurückzugehen, und wenn sie sich auch etwas beunruhigt fühlten, sagten sie sich zum Troste doch, daß die Heimkehr der anderen sich kaum viel verzögern könne. Beklommen und gespannt nach draußen horchend, ging man zu Tische, doch berührten die einen und die anderen kaum die Gerichte, von denen die Abwesenden wohl nichts übrig gelassen hätten.
    »Nur ruhig… nur geduldig! sagte endlich der ältere Zermatt. Wir dürfen nichts übertreiben! Da es dreier Tage bedurft hat, den Fuß der Berge zu erreichen, warum sollte die Rückkehr nicht ebensoviel Zeit erfordern?
     

    Der kühne junge Mann wollte die sich hier bietende Gelegenheit benutzen. (S. 237.)
     
    – Sie können wohl recht haben, Herr Zermatt, antwortete Annah, doch agt die Mittheilung Ernsts nicht ausdrücklich, daß dazu achtundvierzig Stunden genügen würden?
    – Jawohl, mein liebes Kind, redete Frau Zermatt ihr zu. Der gute Junge hat aber jedenfalls ein so großes Verlangen, uns wieder zu sehen, daß er etwas versprochen hat, was er nicht halten kann.«
    Alles in allem war jetzt keine ernstere Befürchtung berechtigt, was der ältere Zermatt mit gutem Grunde betonte. Immerhin fand keiner der Insassen von Felsenheim diese Nacht einen so ruhigen Schlummer, wie in der vorigen.
    Wie erklärlich, verschärfte sich die erste Besorgniß am folgenden Morgen zur wirklichen Unruhe und schließlich zur quälenden Beängstigung, denn der Abend des 3. October kam heran, ohne daß Wolston, Ernst oder Jack wieder erschienen wären. Eine derartige Verzögerung erschien bei den kräftigen und unermüdlichen Fußgängern doch kaum erklärbar. Natürlich dachte jedermann nun an einen Unfall. Hindernisse konnten doch dem Rückwege auch nicht mehr entgegenstehen, als dem Hinwege, und die einzuhaltende Richtung war ja bekannt, wenn sie nicht beschlossen hatten, einen anderen, schwierigeren und längeren Weg einzuschlagen.
    »Nein, nein! versicherte Annah. Bei der Wahl eines anderen Weges hätte Ernst nicht gemeldet, daß sie binnen achtundvierzig Stunden hier sein würden!«
    Dagegen war leider nichts zu sagen. Betsie und Frau Wolston begannen schon, alle Hoffnung zu verlieren. Annah konnte ihre Thränen nicht zurückhalten, und womit hätte der ältere Zermatt sie zu trösten vermocht?
    Man einigte sich also dahin, wenn die Abwesenden auch am folgenden Tage in Felsenheim noch nicht erschienen wären, nach der Einsiedelei Eberfurt zu fahren, da jene unbedingt durch den Eischnitt der Cluse zurückkehren mußten. Ging man ihnen aber entgegen, so konnte man sie um zwei Stunden früher begrüßen.
    Der Abend kam, die Nacht verrann; von Herrn Wolston, von Ernst und Jack zeigte sich keine Spur. Da hätte nun nichts mehr in Felsenheim alle die zurückhalten können, die jene unter tödtlicher Angst erwarteten, und das hätte jetzt niemand mehr eine Uebertreibung nennen können.
    Schnell wurden schon am Morgen die Vorbereitungen zur Abfahrt getroffen, der Wagen bespannt und mit einigem Mundvorrath versehen, worauf alle darin Platz nahmen. Das Gefährt rollte davon; Braun sprang ihm voraus. Nach Ueberschreitung des Schakalbaches folgte es den Wäldern und den Ackerfeldern, die an der Straße nach Eberfurt lagen, so schnell es eben anging. Der Wagen war in der Entfernung von einer Lieue nahe dem Stege angelangt, der den in den Schwanensee mündenden Abzugscanal überspannte, als Zermatt plötzlich Halt machte.
    Braun, der immer lauter bellte, war schon weiter vorausgesprungen.
    »Da sind sie!… Da sind sie!« rief Frau Wolston erfreut.
    Wirklich tauchten in der Entfernung von dreihundert Schritten an einer Wegbiegung zwei Männergestalten auf.
    Es waren Wolston und Ernst.
    Wo war denn Jack?… Er konnte doch nicht weit, jedenfalls nur um einige Flintenschußlängen zurück sein…
    Laute Freudenrufe empfingen Wolston und Ernst, da diese aber keinen Schritt vorwärts thaten, eilten die anderen auf sie zu.
    »Und Jack?… Wo ist Jack?« fragte Frau Zermatt.
    Weder Jack noch sein Hund Falb war zur Stelle.
    »Was

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