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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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als ob wir sie sähen, versicherte Jack. Doch einerlei, ich beklage immerhin, daß jene Höhen uns den Schakalbach und unsere Wohnung in Felsenheim verhüllen…
    – Ueberflüssiges Bedauern, meinte Ernst, dem man sich besser nicht hingiebt.
    – Daran ist nur der dumme Gipfel hier schuld! sagte Jack. Warum ist er denn nicht noch etwas höher? Stiege er nur noch einige hundert Fuß mehr in die Luft auf, so würden unsere Angehörigen uns auch von da unten aus sehen… sie würden uns Zeichen geben… würden auf dem Felsenheimer Taubenhause eine Flagge aufziehen… und wir sendeten ihnen einen Gruß mit der unserigen…
    – Aha, Jack ist wieder im Durchgehen! spöttelte Wolston gutmüthig.
    – Auch bin ich überzeugt. Ernst sähe da die Annah…
    – O, die sehe ich immer…
    – Natürlich, auch ohne Fernglas, rief Jack. Sapperlot, wie weit reichen doch die Augen des Herzens!«
    Vom Gelobten Lande war also keine Einzelheit zu sehen. Unter diesen Umständen erübrigte es nur, die Gesammtinsel sorgsam zu betrachten, um ihre Umfassungslinien sowie ihren geologischen Aufbau kennen zu lernen.
    Die Küste im Osten, also das Land hinter der »Licorne«-Bai, zeigte einen felsigen Rand, der den ganzen unfruchtbaren Theil, der schon seit der ersten Fahrt der Pinasse bekannt war, völlig einrahmte. Weiterhin erniedrigte sich das Steilufer, dagegen stieg das Land bis zur Mündung des Montrose mehr auf, lief endlich in einen spitzen Vorberg aus und bildete einen rückläufigen Bogen bis zu der Stelle, wo die eigentliche Bergkette im Südosten ihren Anfang nahm.
    Gleich einem leuchtenden Faden glänzten in einiger Entfernung die Windungen des Montrose. In seinem Unterlaufe bewässerte dieser eine grünende und bewaldete Gegend, im Oberlaufe dagegen eine ganz nackte Landstrecke. Von zahlreichen, aus den unteren Theilen des Tannenholzes hervorrieselnden Rios ernährt, machte der Fluß vielfach Umwege und Schleifen. Jenseit des dichten Hochwaldes und zwischen Hainen und vereinzelten Baumgruppen verstreut, zeigten sich Ebenen und Grasflächen bis zur äußersten Westgrenze der Insel, wo wieder ein ziemlich hoher Hügel aufragte, gegen den sich, fünf bis sechs Lieues von hier, das andere Ende der Bergkette stützte.
    Geometrisch dargestellt, hatte die Insel fast genau die Gestalt eines etwas breiteren als langen Blattes, dessen Stiel nach Süden hinausragte. Den Blattnerven entsprachen die Felsenkämme, dem Zellgewebe die grünen Flächen, die den größten Theil der Oberfläche bedeckten.
    Im Westen glitzerten im Sonnenschein noch andere Wasserläufe, die zusammen ein ansehnliches hydrographisches System bildeten, jedenfalls ein mehr lückenloses Netz als das im Osten, das sich auf den Montrose und den Ostfluß beschränkte.
    Kurz, die Neue Schweiz zeigte, nördlich von der Bergkette, mindestens zu fünf Sechsteln ihrer Oberfläche eine reiche Fruchtbarkeit und mußte recht gut einige tausend Einwohner ernähren können.
    Was ihre Lage in diesem Theile des Indischen Oceans betraf, lag es vor Augen, daß sie mit keiner Inselgruppe, mit keinem Archipel in Verbindung stand.
    Auch durch das Fernrohr war am äußersten Horizonte keine Spur von Land zu entdecken. Die nächste Küste wäre erst in der Entfernung von dreihundert Lieues zu suchen gewesen, und das war, wie wir wissen, die von Neu-Holland.
    Fehlte der Insel also auch ein Kranz von ihrem Ufer abgetrennter Eilande so erhob sich wenigstens, etwa vier Lieues westlich von der Perlenbucht, ein einzelnes Felsgebilde. Jack richtete das Fernrohr danach hin.
    »Der Rauchende Berg… der nicht raucht, rief er, und ich stehe dafür ein: Fritz hätte ihn auch schon mit unbewaffnetem Auge erkannt!«
    Die Neue Schweiz eignete sich demnach in ihrem größten Theile zur Anlegung einer bedeutenden Colonie. Was der Norden, Osten und der Westen dazu bot. hätte man vom Süden freilich nicht verlangen können.
    Gleich einem Bogen gekrümmt. lehnten sich die beiden Ausläufer der Bergkette in fast gleicher Entfernung vom Fuße des Kegels, der also gerade die Mitte einnahm, gegen das Ufer. Der hierdurch abgeschlossene Landestheil war nach dem Meere zu von einer Reihe steiler Uferwände begrenzt, deren Untergrund man nicht sehen konnte, die aber lothrecht abzufallen schienen.
    Welch ein Unterschied zwischen diesem sechsten Theile der Insel und den fünf anderen, die von der Natur so freigebig begünstigt waren! Hier herrschte die furchtbare Einöde einer Wüstenei, das abschreckendste Chaos. Die

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