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Dauerhaftes Morgenrot

Dauerhaftes Morgenrot

Titel: Dauerhaftes Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Zoderer
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Flaschen zwei junge Frauen und einen graubärtigen Koloß von Mann ausmachen. Mit seinem schallenden Gelächter gelang es dem Muskelprotz sogar, die Lautsprechermusik zu überbrüllen, immer wieder einmal kreischten die beiden Frauen gleichzeitig oder hintereinander auf, fielen mit zersprungenen Stimmen dem Mann oder sich gegenseitig ins Wort. Der Afrikaner schien sie zu kennen, nickte oder lachte ihnen zu. Plötzlich zeigte der vierschrötige Graubart mit einem Arm zur Theke hin und schrie: Komm!
    Lukas leerte ohne Hast sein zweites Glas, um für den Fall, daß ihm und nicht dem Zwerg die Aufforderung galt, Zeit zu gewinnen oder jedenfalls deutlich zu machen, daß er sich nicht angesprochen fühlte. Aber es war der Zwerg gemeint, denn der Graubärtige bückte sich zur Wand und hob von dort ein verkehrt hingestelltes Bild über den Tisch und hielt es dem Afrikaner entgegen: Schau dir das an, Krauskopf, komm her und schäm dich nicht, mir zu gratulieren, das ist mein vorletzter Geniestreich! Er schwenkte das Bild im goldgespritzten Rahmen vor den Gesichtern der Frauen hin und her, die Gratulation, Gratulation! riefen und in die Hände klatschten.
    Großartig, das allerbeste! lobte der Zwerg und wollte das Bild in die Hände nehmen.
    Moment, Moment, wehrte der Riese ab, hier bei diesem Schummerlicht seht ihr ja nichts. Er rannte schwerfällig hinter die Theke, und Lukas sah das gerötete Gesicht, das von Schweiß und Begeisterung glänzte. Lorenzo, reg dich nicht auf, beschwichtigte der Koloß den Wirt und schob ihn mit einer Rahmenkante des Bildes zur Seite, es dauert nur eine halbe Minute, und dann trinken wir dir ein paar Flaschen aus. Umsichtig lehnte er sein Werk an die Spiegelwand hinter der Theke, wo es vom Neonlicht ausgeleuchtet wurde. Dann machte er einen Schritt zur Seite und posaunte: Bitte sehr! Er patschte mehrmals in die Hände, und die zwei Frauen drängten sich mit dem Zwerg schäkernd zwischen die Barhokker an den Tresen heran, sie beschnatterten den Maler mit Komplimenten, und Lukas, der den schnellgetrunkenen Schnaps spürte, hätte am liebsten alle umarmt, auch das Bild des Vierschrötigen, den er in dem goldenen Rahmen in der Pose eines Maharadschas mit blauem Turban und mohnrotem Bart im gelben Sand hockend wiedererkannte. Eine der Frauen streifte Lukas mit dem Arm an der Hüfte, und als er sich dafür spontan entschuldigte, schmatzte sie einen Kuß in die Luft: Gefällt es Ihnen auch? Lukas wurde von allen angestarrt, sogar von Lorenzo, dem Wirt. Ja, sagte er, das sind starke Farben.
    Melva, wie sich die eine der beiden Frauen selbst vorstellte, tätschelte seine Hand und rief, auf den Maler zeigend: Das ist er ja selbst, sehn Sie, das ist er, der da.
    Gewiß, die Haltung, das Gesicht – alles in den richtigen Farben. Lukas war es nicht möglich, still dazusitzen, irgendwie blubberten die Worte von selbst aus seinem Mund, er fühlte, daß ihn die Augen des Malers fixierten.
    Da hört ihr einmal das Urteil eines gebildeten Mannes, rief Laura, die Freundin der Kußschmatzerin, eine Brillenträgerin mit gefärbtem Rotblond, und sie kreischte: Es lebe Remo, der Farbenfuchs, und lachend säbelte sie mit der Handkante durch die Luft: Das kostet dich was, Remo! Gib einen aus!
    Der Maler hob sein Bild wieder von der Tresenwand weg und kehrte, sein Porträt über dem Kopf balancierend, zum Tisch zurück. Was trinkt der Herr? rief er zu Lukas herüber, Grappa? Also, Lorenzo, Sekt für die Damen, Schnaps für den Amigo, und alle anderen können wählen zwischen Damen, Sekt oder Schnaps, hahaha.
    Melva und die rothaarige Laura zogen Lukas von seinem Hochsitz herunter und führten ihn zu dem Tisch, von wo ihm der Koloß schon die Hand entgegenstreckte. Erst jetzt fiel Lukas auf, wie faltenlos das Gesicht des Malers trotz des graugesprenkelten Bartes war, die Augenpolster verkniffen jeden längeren Blick. Trink, kommandierte der Fleischberg, kaum daß der Wirt die Schnapsflasche mit ein paar Gläsern auf den Tisch gestellt hatte, und während er sich noch bemühte, die Silberfolie samt Drahtmasche von der Schaumweinflasche zu lösen, hatte der Maler schon die Gläser für den Afrikaner, für sich selbst und für Lukas mit Grappa gefüllt und stieß sie gegen den Hals der Sektflasche, danke, wehrte der Zwerg ab, ich trinke ein bißchen Sekt mit Laura und Melva, und dann basta,

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