Dauerhaftes Morgenrot
das ihm glich, keine einzige Gesichtslinie, nicht einmal ein Barthaar war auf dem leeren Wandfleck über ihm angeklebt. Mitten in dem Gewoge und Gejohle, in dem er sich von der bleichen Melva plötzlich verlassen fühlte, suchte er nach der weiÃgeränderten Brille oder den ausgewaschenen rotgeföhnten Laurahaaren, doch er sah weder Melvas sackbraunes Kleid noch Lauras Augenzwinkern, immer aber hatte er ein volles Glas in der Hand, und seine Knie wuchsen bis an seine Ohren heran. Er nahm fast nichts wahr, nur laute Musik und Körperbewegungen, und nicht weit von ihm die Ãthiopierin, sie tanzte nicht, vielleicht war sie schlapp und müde wie er, sie blickte herüber zu ihm, ohne ihn zu sehen, ihre Haare sträubten sich hartnäkkig in alle Richtungen und waren verflochten zu einem Knoten im Nacken, den keiner der Tanzenden oder Sitzenden streichelte, ihr Gesicht erschien ihm zart, der Blick abwesend, die entblöÃten Arme kamen ihm hilflos vor wie die Hüften, die sich unter der bedruckten Baumwolle ungezwungen wölbten; sie schaute zu ihm herüber und sah doch über ihn hinweg, wäre er aufgestanden, wäre sie nicht allein gewesen, sie aber hätte ihn wohl mit weiÃen Zähnen zurückgestoÃen auf seinen Polsterplatz, er wollte, wann immer, mit ihr tanzen, ihre Schwere oder ihre Leichtigkeit in seinen Armen wiegen, und ihre Tuchfalten auch. Während er unterwegs war zu diesem an der Wand lehnenden Gesicht, spritzte Schaumwein durch den Raum, besprühte auch ihn, so daà er seine eigenen Jauchzer mithörte und mit ausgebreiteten Armen schwankend ging und sie nicht übersehen konnte, die milchgelben Brüste, die Melva aus ihrer Sackbluse herausgekippt hatte und jetzt schlenkernd ihm zutrug, Lukas schlang seine Arme um ihren Hals, er preÃte sich an Melvas warme Brust und hörte das Händeklatschen, das sie in die Mitte trieb, bis um sie beide ein leerer Raum freigeklatscht war, da erst öffnete Melva den ReiÃverschluà seiner Hose, und er wehrte sich nicht, und vor aller Augen betatschte er ihre Brüste. Aber je spürbarer die Augen der anderen wurden, desto schneller verlor er das Gefühl für ihre gemeinsame Haut, so daà sie sich schlieÃlich unter den Zurufen der anderen abstieÃen und einander zuerst wie aus Ãbermut, dann aber doch in echter Wut angeiferten.
Heftiger als zuvor wünschte sich Lukas, endlich die krausen, grauen Haare im Nacken der Ãthiopierin zu streicheln, er wollte mit den Fingern ihren Blick festhalten, er wollte seine Hände an ihre schweren Hinterbacken legen, und er machte sich wieder auf die Suche nach ihr, aber er suchte auch Lauras weiÃe Kobrabrille, nein, er fürchtete nicht das Muskelzucken in ihrem Gesicht, er fürchtete nicht ihre laschen Brüste, im Gegenteil; er sehnte sich nach Zitronengeruch, aber er konnte weder die Ãthiopierin noch Laura wiedererkennen, er fand sie beide nicht, so sehr er auch drei, vier Zimmer steifbeinig durchschritt, wobei ihm Lauras Brillengesicht immer deutlicher als Livias vertrautes Abschiedsgesicht vorschwebte. Auch wenn er in die weiÃen Tunikafalten des bezahlten Erzengels griff und es auf sich nahm, daà der Glatzkopf seine Nase anschmatzte, glaubte er, Lukas, nun doch zu wissen, daà er in Zukunft nur mehr mit Johanna tanzen würde, obwohl er sie zugleich ignorieren wollte, er war auf einmal sicher, daà er den afrikanischen Zwerg mit Johanna nicht von Anfang an hier gesehen hatte, sondern erst, als sich die beiden auf dieser blauen Polstercouch umarmten, wobei er nicht hätte schwören können, ob er Johanna und Gianna zugleich gesehen hatte, während er eine Tür nach der anderen öffnete und in ganz neue Räume gelangte, wie in dieses Zimmer mit dem Silberstreifenbett, oder war es ein Zebrafell auf einem quadratischen Bett, oder narrte ihn die dunkle Haut der Arme, die ausgebreitet auf den Silberstreifen lagen, während Lauras magerer Rücken sich krümmte über den Schenkeln der Ãthiopierin, deren Waden der Koloà umklammert hielt, stimmlos und keinesfalls keuchend.
Plötzlich wuÃte er, daà er Gianna gesehen hatte, und er kniete neben dem Bett nieder und versuchte die Haare der Ãthiopierin mit den Lippen zu fassen, wobei er aber seinen Kopf zu senken vergaà und nur mehrmals Gianna, Gianna ins Zimmer rief, bildete er sich ein. Leck mich am Arsch, fluchte der Maler, oder vielleicht fluchte
Weitere Kostenlose Bücher