Dauerhaftes Morgenrot
ich muà noch arbeiten an einem anderen Ort. Lukas wartete, bis der Korken aus der Sektflasche zur Decke knallte, und im Gekreisch und Geschrei der anderen setzte er sein Schnapsglas an die Lippen und leerte es. Remo schlug seines an die Sektgläser der Frauen, und Lukas, dem vor jäher Gleichgültigkeit das Herz aufging, klinkerte seinen leeren Kelch ebenfalls an die Gläser der anderen und schenkte sich sofort nach. Die Rothaarige füllte das Glas, das der Wirt geleert und stehengelassen hatte, bis an den Rand und reichte es Lukas, der es mit zurückgebeugtem Kopf austrank und daraufhin von der breitbusigen KuÃschmatzerin umhalst und auf den Mund geküÃt wurde. Der Koloà goà indessen in alle Gläser, in die kleinen und die groÃen, Grappa, Laura beschimpfte ihn lachend und schlug mit der Faust auf seinen Arm ein und besprengte ihn schlieÃlich mit dem Sekt. Laura, Liebste, jaulte der Maler und rieb sein bärtiges Kinn winselnd über ihren Haarschopf. Lukas merkte erst nach einer Weile, daà der Zwerg sich davongemacht hatte und der Wirt sich mit zwei neu hereingekommenen Barbesuchern an der Theke unterhielt.
Die Kunst ist im Grunde die einzige ScheiÃe, die schön ist, grölte der KoloÃ. Die Frauen protestierten und schrien: nichts geht über die Liebe.
Hab ich ja nichts dagegen, ist ja auch Kunst, rief der Maler.
Und ich habe nichts dafür, nichts dafür, lallte Lukas, umkreiste mit seinem Glas den Tisch und setzte sich neben Laura, die Rothaarige, er bestand darauf, daà sie beide gleichzeitig ihr Glas leerten, und zwar mit ineinander verwinkelten Armen, und sich dann auf den Mund küÃten. Als er wieder aufblickte, saà auf dem Stuhl an der anderen Tischseite die Ãthiopierin aus seinem Hotel.
Ich bin betrunken, seufzte er und legte den Kopf an Lauras Hals. Er hörte die KuÃschmatzerin mit der Afrikanerin tuscheln, dann sprang sie von ihrem Stuhl und verkündete schrill: Gehen wir alle zu Lucia, Lucia gibt eine Party, auch die Heiligen der Basilika sind dort!
Sie brauchten keinen Wagen, um Lucias Wohnung zu erreichen, er wollte sich bei Laura einhängen, die breitbusige Melva aber hielt sich an seinem Oberarm fest, Lukas versuchte sich freizumachen und schob sie ein wenig von sich fort, dabei fielen ihm ihre weiÃen Knie und die bis zu den Knöcheln fast gleichförmig dicken Beine auf, die von weiÃen Strümpfen überzogenen Beine; er verstand nicht, warum, aber all das WeiÃe erfüllte ihn mit einem leidenden Gefühl, er fühlte sich plötzlich zu Laura hingezogen, aber er sah auch Melvas strahlenförmig wegfliehende Haare sehr nahe und tappte danach, und seine Fingerspitzen juckten deutlich bei der Berührung ihres gefärbten Haares, er hätte gerne seine Brille mit der Lauras getauscht, aber er hätte sie auch Melva zu gern auf die Nase gesetzt, doch beide wehrten sich, so daà er sich mit einem schmatzenden Kuà begnügte, während er mit dem Koloà und den Frauen durch ein miefiges Stiegenhaus aufwärts drängte, zeitweilig hinter oder um sich Melvas tapsige Hände und ihr Gekicher, neben oder vor sich die hin und her wackelnde Laura, und über allen Köpfen das schallende Organ des Malers. Immer wieder einmal verdunkelten auch die ausladenden Hüften der Ãthiopierin seine Vorstellung von den einzelnen Stockwerken, aber schlieÃlich sah er eine Wohnungstür sperrangelweit offen, und ein Erzengel stand stumm und nackt mit einem Säbel unübersehbar vor ihm.
Lukas wuÃte nicht gleich, wo er ihn zum erstenmal gesehen hatte, vielleicht als Nachtportier irgendwo, in einem anderen Hotel in einer anderen Stadt, er lächelte auf alle Fälle dem halbglatzigen Cherubim zu, und er bemerkte, daà dieser Engel ein schlaffes Glied zwischen den Schenkeln baumeln hatte, Melva langte trotzdem hin.
Vielleicht war es eine groÃe Wohnung, vielleicht ein kleines Labyrinth, den Wänden entlang lagen oder saÃen halbausgezogene oder auch hütetragende Menschen, ältere Kinder noch oder fast schon Greise, Lukas wollte sich neben die Ãthiopierin setzen, neben deren Ohr ein Ãlbild hing, das in seinen dunklen Farben ihr, in den Zügen der Dargestellten jedoch mehr dem Koloà glich; über fast allen Köpfen sah er nach und nach diese Selbstbildnisse oder Ãhnlichkeitsbilder mit den Daruntersitzenden, nur hinter ihm und über ihm war kein Bild angebracht,
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