Dave Duncan
er. Und nicht lange danach hörte ich ihn mit Vater reden – weniger als eine Stunde später.« »Er kam nicht durch das Tor.«
Sein großer Kiefer wirkte so stur wie der Felsen von Krasnegar.
Youth departs:
There are gains for all our losses,
There are balms for all our pain,
But when youth, the dream, departs,
It takes something from our hearts,
And it never comes again.
Stoddart, And It Never Comes Again
(In jeder Niederlage liegt ein Sieg
Und Balsam gibt’s für jeden Schmerz,
Doch wenn der Jugend Traum vergeht,
Reißt es ein Stück aus uns’rem Herz,
das kehret nie zu uns zurück. )
Zwei
Träume vom Süden
1
Der Wind kommt aus Süden, wir werden Regen bekommen.
Das hätte Raps Mutter gesagt. Vielleicht wäre es dort richtig gewesen, woher sie kam, aber für Krasnegar galt das nicht. Der Wind kam aus Süden, von Land her, also würde es ein weiterer schöner Tag werden. Es war der Nordwind, vom Meer her, der Regen mit sich brachte, oder normalerweise Schnee. Seine Mutter wußte viele merkwürdige Sprüche wie diesen, das wußte Rap jetzt, obwohl er sich nicht mehr gut an sie erinnern konnte. Er wußte kaum noch, wie sie ausgesehen hatte, aber an einige ihrer merkwürdigen Ansichten konnte er sich erinnern.
Eine davon war, sich jeden Morgen zu waschen. Das war in Krasnegar nicht immer einfach. Manchmal war das Eis im Winter so dick, daß es mit einer Axt geschlagen werden mußte; im Sommer aber war es angenehm, sich am Morgen zu waschen, und er mochte diese Angewohnheit zu jeder Zeit. Er fühlte sich gut danach, also tat er es, obwohl die meisten anderen Männer ihn auslachten oder verrückt nannten oder sagten, das sei ungesund. Einige von ihnen schienen sich überhaupt nie zu waschen, doch ihm gefiel das Prickeln des Wassers und wie es den Schlaf von seiner Haut wusch. Und er dachte dabei oft an seine Mutter.
An jenem Morgen hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen Eimer Wasser hereinzuholen. Er stand mit nacktem Oberkörper am Trog im schattigen, taufeuchten Hof, als der alte Hononin herbeikam und sein Hemd auszog. Rap fühlte sich unbehaglich. Es war in Ordnung, draußen auf dem Feld ohne Hemd herumzulaufen, aber die Krasnegarer waren, was die Kleidung anbelangte, puritanisch, und es war ihm unangenehm, halbnackt gesehen zu werden. Den alten Mann so zu sehen war noch schlimmer und ganz unerhört. Seine Haut hing lose an ihm hinunter, und ein Flecken grauen Haares in der Mitte seiner Brust sah aus, als sei er von der kahlen Stelle auf Hononins Schädel heruntergefallen. Rap fragte sich, ob er besser gehen sollte, doch er ging lediglich respektvoll auf die andere Seite des Troges und sagte nichts.
Der kleine, alte Stallknecht schien noch mürrischer und verdrießlicher als sonst, und er sprach kein Wort, sondern steckte einfach seinen ganzen Kopf in den Trog. Das sagte alles.
Er tauchte spuckend und zitternd wieder auf und schaufelte mit den Händen Wasser in seine Achselhöhlen und über seine Schultern. »Der Große ist fertig«, grummelte er, ohne Rap anzublicken. »Will, daß du ihn vor der nächsten Flut hinausbringst.«
Rap sah sich um, ob niemand hinter ihm stand. Niemand. Nun! Die Sonne schien gleich heller. Eine Fahrt mit dem Wagen bot eine wesentlich verlockendere Aussicht als ein weiterer Tag auf Wache, selbst wenn Thosolin sich nicht weiteren kleinlichen Prüfungen hingab. In den Süden, aufs Festland, wo es für einen Mann mehr zu tun gab…
Doch Inos erwartete, mit ihm reiten zu gehen, und sie würde nicht mehr häufig Gelegenheit dazu finden, bevor sie fortging. Er spürte einen plötzlichen üblen Stich und ermahnte sich, erwachsen zu werden und wie ein Mann zu handeln. In jedem Guten gab es etwas Böses, wie die Priester sagten, und ein Mann mußte Befehlen gehorchen.
Er dachte an die Gezeiten. Er würde schnell arbeiten müssen, um vier Pferde fertigzumachen.
»Wer fährt?«
»Du.«
»Ich!«
»Taub heute?« Hononin spritzte wieder Wasser in sein Gesicht.
Rap holte tief Luft. Dann noch einmal. Er versuchte, ruhig zu bleiben. »Wer begleitet mich?« Ollo vermutlich. Er war da und hatte den Großen hergebracht.
»Niemand.«
Rap steckte seinen Kopf ins Wasser, damit er Zeit zum Nachdenken gewann. Das sollte sich als dumme Idee erweisen; es war wie ein Schlag ins Gesicht. Das Wasser lief in seine Ohren und in seine Nase, und hinterher fühlte er sich schlimmer als vorher. Doch schließlich hatte er letzte Nacht nicht getrunken.
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