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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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schrecklicher Schwätzer, aber erträglich. Seit er sich den Arm gebrochen hatte, fand niemand für ihn eine nützliche Betätigung. »Was ist in der Tasche?«
    Mühsam und unbeholfen erkletterte Lin die Sitzbank. »Käse vor allem und Reste von Lamm. Brötchen.«
     
    Rap war viel zu aufgewühlt, um jetzt an essen zu denken, aber er hätte für später etwas einpacken sollen. »Genug für uns beide?« Lin nickte feierlich. »Der alte Mann sagte, du hattest keine Zeit für ein Frühstück.«
    Rap ließ seine Peitsche wieder sinken. »Was ist heute nur in ihn gefahren? Er benimmt sich merkwürdig! Seit wann kümmert es ihn, ob ich ein Frühstück bekomme? Warum hat er es so eilig, daß ich aus der Stadt komme?«
    Lin hatte ein offenes Ohr für Skandale. Seine dunklen Augen zwinkerten. »Du hast gestern abend mit Inos Händchen gehalten.«
»So?« fragte Rap unbehaglich. »Was hat das mit ihm zu tun?« »Nichts, Rap. Nichts.«
»Raus damit!«
Lin kicherte. »Ihr Papa hat es bemerkt.«
Ich vertraue dir, auch wenn andere es nicht tun.
    Rap zerrte mit finsterem Gesicht an der Bremse, ließ seine Peitsche lauter zischen, als er beabsichtigt hatte und rumpelte los.

    Zwischen dem Schloßtor und dem Hafen gab es vierzehn Haarnadelkurven. Mit Ladung abwärts zu fahren war leichter als hinaufzugelangen, dennoch war es eine heikle Angelegenheit. Rap hatte oft genug dabei zugesehen, doch es war ihm nie erlaubt worden, in der Stadt die Bremse und die Zügel zu führen. Es war eigenartig, daß Hononin das nicht gewußt hatte.
    Die ersten beiden Kurven waren einfach, aber er seufzte erleichtert auf, als sie die dritte durchfahren hatten, wo der Abhang steil hinunter fiel. Ein außer Kontrolle geratener Wagen konnte beinahe genauso schlimm sein wie Schiffbruch. Es war ihm bewußt, daß Lin ihn genau beobachtete und sich mit seiner gesunden Hand krampfhaft festhielt. Glücklicherweise war es noch sehr früh, und es waren kaum Fußgänger zu sehen, die ihnen in die Quere kommen konnten.
    Nummer vier und fünf waren nicht allzu schlimm. Sechs war grauenvoll, der Wagen erhob sich über das Gespann, und die Räder kratzten über die Steine. Das unbeladene, viel zu leichte Fuhrwerk war zu nahe an der Wand und begann, zur Seite zu rutschen. Rap bemerkte, daß er schweißüberströmt war und zwei Hände mehr benötigte, als die Götter ihm gegeben hatten.
    Die nächste war die schlimmste.
    Er würde vor der Flut drüben sein. Er würde das hier nicht vermasseln. Wenn er versagte, würde er sich niemals vergeben, und Hononin würde ihm nie wieder vertrauen. Und Inos würde hören, wie er Fußgänger überfahren hätte oder gegen einen Wagen geknallt wäre oder in ein Haus gefahren und Pferde getötet hätte – das passierte manchmal.
    Habe Vertrauen in dich selbst, hatte seine Mutter gesagt. Wenn du es nicht tust, wer dann?
     
    Er schrie auf, zog an den Zügeln, stellte die Bremse fest und das Fuhrwerk kam zum Stehen. Stille. Lin sah ihn fragend an. »Was ist los?«
    Rap wischte sich mit dem Arm über seine schweißnasse Stirn. Er atmete schwer, als sei er den ganzen Weg vom Meer zum Schloß gerannt. »Hör mal!«
    Lin horchte, und seine Augen weiteten sich – Hufgetrappel und das Rumpeln von Eisen auf Steinen. Dann wurde das Geräusch plötzlich lauter, und ein weiteres Gespann erschien vor ihnen in der Kurve Nummer sieben, dampfende Pferde mit weit aufgerissenen Augen; sie hielten sich nahe an den Wänden, um in der Kurve genügend Raum für ihre Ladung zu haben. Dann folgte der Wagen, dessen Fahrer Flüche schrie, er transportierte eine Ladung frischen Torfs, von dem Wasser tropfte. Übles Zeug, frischer Torf. Er war schwer und konnte verrutschen, aber Torf konnte bei diesem Klima im Winter nicht zum Trocknen aufgeschichtet werden, also waren die ersten Ladungen immer feucht.
    »Mann, wenn wir den in der Kurve getroffen hätten…« Lin erschauerte. Manchmal konnte es Stunden dauern, den Weg freizumachen, wenn sich zwei in einer Kurve begegneten und die Ladung rückwärts wieder den Hügel hinunterrollen mußte – und manchmal sogar hinunterstürzte.
    Das heraufkommende Gespann ging in gestreckten Galopp über. Iki war der Fahrer. Er grinste und zeigte dann Überraschung, als er nur Rap und Lin sah. Durch das Donnern der Räder seiner Sprache beraubt, zeigte er den Hügel hinunter und hielt einen Finger hoch. Rap nickte und gab das Zeichen für Null und versuchte so auszusehen, als mache er das öfter. Dann war Iki vorbei, und Rap

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