Dave Duncan
Kalkor, der Than von Gark, stammt von ihm ab. Aber es ist viel komplizierter…«
Sie schwieg, denn Rap würde das nicht interessieren, und es war nicht nett, über diese vielen Vorfahren zu sprechen, wo Rap gar keine hatte. Nun, zumindest keine, von denen er wußte, entschied sie. Er mußte genauso viele haben wie sie, nur nicht von edlem Blut. Ihr Vater sagte, die Äste ihres Familienstammbaumes seien weit verzweigt. Es gab nicht viele edle Familien im Norden, also neigten sie dazu, alle paar Generationen untereinander zu heiraten, sobald es nicht mehr ungehörig war.
Inisso hatte drei Söhne. Anscheinend war das wichtig.
»Wenn du Königin von Krasnegar bist, werde ich dein Waffenmeister sein«, sagte Rap.
Oh, Rap!
»Ich glaube, ich hätte dich lieber als Rittmeister.«
»Waffenmeister!« beharrte er.
»Rittmeister!«
Pause. »Beides!« riefen sie gleichzeitig aus und lachten.
Anscheinend würde Jalon nicht so bald weitersingen.
Einige Minuten lang blieb es still, und Inos bemerkte, daß sie Rap anlächelte wie ein Dummkopf, und er lächelte genauso dumm zurück. Wie konnte sie zu einem Zeitpunkt wie diesem lächeln?
Fortgehen? In das schreckliche Kinvale? Was nützte es, Prinzessin zu sein, wenn man solche Dinge tun mußte? Und der unheimliche alte Sagorn hatte angedeutet, sie könnte einen Krieg anzetteln, falls sie sich jemals in einen Mann verliebte…
»Ich habe heute einen Gott gesehen.«
Auch das hatte sie eigentlich nicht sagen wollen. Sie hatte ihrem Vater sogar versprochen, nicht darüber zu reden.
Doch Raps feierlich blickende graue Augen warteten auf eine Erklärung. Also erklärte sie es. Und sie erzählte ihm von Doktor Sagorn und der Seide und allem, was geschehen war. Sie war sich nicht sicher, warum sie das tat, aber hinterher fühlte sie sich besser. Schließlich konnte sie Rap vertrauen, daß er den anderen nichts davon verraten würde, und niemand war vernünftiger als Rap.
Er hörte aufmerksam zu und ignorierte dann den Gott. »Wer ist dieser Doktor Sagorn? Sitzt er dort oben?«
»Nein, sagte sie. »Er war müde von der Reise. Kein sehr geselliger Mann.«
»Bist du sicher, daß er kein Zauberer ist?« Er war jetzt sehr ernst. »Oh, natürlich!« sagte sie. Der Gedanke erschien ihr jetzt idiotisch – sie war ein Dummkopf gewesen. »Er ist ein alter Freund meines Vaters.« »Der ihn seit vielen Jahren nicht gesehen hat?«
»Ja, aber… antwortete sie. So war Rap sonst gar nicht! »Und selbst der Gott sagte…« Nein, Sie hatten es nicht gesagt; es war Mutter Unonini, die gesagt hatte, Sagorn sei kein Zauberer. Sie schwieg, immer noch besorgt über Raps Gesichtsausdruck.
»Sag mir noch einmal, wie er aussieht.«
»Groß, graue Haare. Lange, krumme Nase. Tiefe Falten. Ziemlich blasses Gesicht. Ich schätze, er geht nicht viel nach draußen–«
»Stimmt etwas nicht, Rap?« Es hatte so ausgesehen, als spiele Lin mit dem Gips an seinem Arm, doch er hatte ihnen trotzdem zugehört. Lin war ein reinrassiger Imp – klein und dunkel und merklich duftend. Auch er war gewachsen, bemerkte Inos; aber seine Stimme war immer noch hoch. Ein Spätentwickler.
Rap schaute finster. »So jemand ist heute nicht angekommen.« Inos Herz tat einen Sprung und schlug dann weiter, als sei nichts gewesen.
»Sei nicht albern!« sagte sie. »Du mußt ihn verpaßt haben. Du kannst nicht gut jeden einzelnen gesehen haben, der durch die Tore gekommen ist.«
Rap sagte nichts und schaute nur finster zu Boden.
»Sag es ihr, Rap!« sagte Lin.
»Sag mir was, Rap?«
Rap schwieg.
Lin sagte erregt: »Thosolin hat sich ihm gegenüber wie ein Schwein benommen. Er hat ihn zur Wache eingeteilt und den ganzen Tag dort in der Sonne stehen lassen. In voller Rüstung! Ließ ihn noch nicht einmal pinkeln gehen. Kein Mittagessen. Das macht er immer so mit Anfängern. Prüfung nennt er das, aber es macht ihm einfach Spaß zuzusehen, wenn sie von dem langen Stehen in Ohnmacht fallen.«
Sie drückte fest Raps Hand. »Ist das wahr?«
Er nickte. »Aber ich bin nicht in Ohnmacht gefallen.« Er drehte sich um und blickte sie fest an. »Und dein Doktor Sagorn ist nicht durch das Tor gekommen.«
»Rap!« protestierte Inos lautstark. Das war absurd! »Ich schätze, er kam neben einem Wagen zu Fuß herein. Ich bin so hinausgelangt.« »Ich habe dich gesehen«, sagte Rap ohne zu lächeln. »Du bist direkt an mir vorbeigegangen. Aber heute kamen keine Wagen herein.« »Er ist mir den Hügel hinauf gefolgt, sagte
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