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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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daß Kade jetzt ebenfalls in Sichtweite war, wenn auch nur undeutlich erkennbar. Sie winkte und bekam ein Winken zur Antwort. Die wunderbare alte Kade! Inos selbst saß auf dem ersten von vier Tieren, Kade bildete das Schlußlicht. Azak hatte sein Tier frei laufen lassen und ritt voraus oder an der Seite, wie es das Gelände erlaubte. Selbst Maultiere stritten sich nicht mit Azak ak’Azakar.
    Entkommen! Freiheit!
    Aus dem Nebel tauchten Felsbrocken und einige struppige Büsche auf, zollten ihnen Respekt und blieben wie eine Prozession von Höflingen hinter ihnen zurück. Das Licht wurde heller, der Nebel lichtete sich. Einige Minuten später war der Weg wieder gepflastert. Nach ungefähr einer Achtelmeile kamen die Maultiere zu einer Senke, in der die Pflasterung verschwunden war, doch Azak fand sie auf der anderen Seite wieder. Er war sehr mit sich zufrieden. Er hatte auch Grund dazu. Man konnte sich die gegenwärtige Verwirrung in Tall Cranes kaum vorstellen – doch es war sehr angenehm, darüber nachzudenken. Rache!
    Inos, so erschöpft sie war, nachdem sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, konnte sich selbst immer noch davon überzeugen, daß sie klarer dachte als in den vergangenen Wochen. Das sprach sie auch aus. »Ich habe das Gefühl, mein Verstand sei in eine Decke eingehüllt gewesen! Niederträchtiger, hinterlistiger alter Mann! Alles kommt mir schärfer und klarer vor.«
    »Dann willigt Ihr also ein, mich zu heiraten?«
    Sie parierte mit einem Spaß und erntete ein Lachen. Azak schien dieselbe Erleichterung zu verspüren wie sie. Er war witzig und lebhaft. Er wirkte ganz und gar nicht wie der finstere Sultan, der einen Palast voller wilder Prinzen mit brutaler Schreckensgewalt regiert hatte. Er war verliebt.
    Sie hatte dieselbe Verwandlung in Kinvale gesehen, allerdings niemals in diesem Umfang. Ein verliebter Mann verwandelte sich in einen Jungen. Er entdeckte Spaß und Übermut wieder und spielte auf eine Weise den heiteren Narren, die er sonst niemals für möglich gehalten hätte. Sie hatte gesehen, wie normalerweise vornehme Tribunen in einen Fischteich sprangen, um den Hut einer Dame zu retten. Vorübergehendes Balzgefieder hatten die Mädchen dieses Verhalten unter sich genannt. Es stand Azak gut. Er wirkte dadurch wesentlich glaubwürdiger in seiner Rolle als Ehemann in Krasnegar. Aber wie lange würde es anhalten, wenn die Zeit der Werbung erst vorbei war?
    Und er war hartnäckig. Selbst bei Tagesanbruch, auf einem Maultier, nach einer schlaflosen Nacht, vor sich unbekannte Gefahren, vielleicht von einem wütenden Zauberer verfolgt, umwarb Azak sie eifrig. Er ließ ihr keine Ruhe, und jede Zurückweisung pralle an ihm ab. »Sagt es mir! Beschreibt mit diese Sitten, die Ihr so unannehmbar findet.«
    »Mord zum einen. Ich weiß, daß Ihr Euren Großvater vergiftet habt… wie war es mit Harakaz und seinem Schlangenbiß? Hatte die Schlange Hilfe?«
    »Gewiß doch. Giftschlangen fallen nicht freiwillig in königliche Wohnungen ein, und es waren sechs. Die in seinem Stiefel hat ihn erwischt.«
    Inos erschauerte. »Wie viele Brüder habt Ihr getötet?«
»Achtzehn. Wollt Ihr noch von meinen Onkels und Cousins wissen?«
    Sie schüttelte den Kopf und hatte den Wunsch, ihn nicht anzusehen. Die Maultiere liefen wieder auf befestigter Straße, und die umgebenden Hänge waren in üppiges braunes Gras gekleidet, feucht vor Morgentau. Die Luft war noch kalt.
»Wollt Ihr meine Gründe hören?«
    »Nein. Ich bin sicher, Ihr hattet Eure Gründe. Und ich weiß, es ist Sitte des Landes, also konnten sie sich nicht beklagen, daß sie…«
    »Klagen gehören auch zu den Gründen.« Er verspottete sie und war doch gleichzeitig ernst. »Aber in Krasnegar werde ich keine Verwandten haben, an denen ich meine Wut auslassen kann. Mit dem gemeinen Volk macht es einfach nicht so viel Spaß.«
    »Oh, Azak! Ich weiß, Ihr tut es nicht aus Spaß, aber… Oh, Azak! Seht!«
    Der Nebel verwirbelte, als verbeuge er sich zum Abschied, und zog sich wie ein Vorhang zurück. Die Sonne brannte heiß und hell. Inos starrte verwundert zu einem zerklüfteten Berg auf, der den Himmel ausfüllte und fast über ihr zu hängen schien; und doch waren auch die schroffen Berge direkt vor ihr bereits ganz ansehnlich. Dann schien die zerknitterte gelbe Landschaft auf dramatische Weise zu erwachen – wie ein schlafender Drachen – und sich vor ihren Augen in die Ruinenstadt zu verwandeln, die ihr nächstes Ziel war. Klippen wurden zu

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