Dave Duncan
spürte, wie Tränen durch seine Bartstoppeln über sein Gesicht rannen, doch das war ihm egal. Er wünschte, Jalon wäre da und könnte das Schauspiel beobachten, oder Inos. Als das blendende Leuchten sich zerstreut und der Lärm nachgelassen hatte und die letzten in der Ferne verschwanden, fühlte er sich gleichzeitig in Bedeutungslosigkeit versinken und dennoch innerlich eigenartig aufgerichtet.
Er wischte sich die Wangen ab und sah den winzigen alten Zauberer an. »Danke, my Lord. Danke!«
»Gern geschehen, Bursche«, sagte der Gnom sarkastisch. »Es hat Euch gefallen.«
»Es war wunderbar! Wie viele Menschen haben das gesehen?«
»In diesen Zeiten nur sehr wenige.« Ishist betrachtete die sprachlosen, entsetzten Gesichter der beiden Jotnar und lachte leise. »Nicht viele ververdienen es. Gehen wir und genießen das Essen, auf das sich meine Frau so freut.«
Schon oft war die große Banketthalle unter dem Gelächter berühmter Helden und mächtiger Könige erzittert, erzählte Ishist. Von hier aus war Alsth’aer in sein geweissagtes Schicksal aufgebrochen. Olis’laine hatte hier gespeist, sowie der grausame Jiel, und ihre edlen Gefährten hatten ihnen zugejubelt, sich mit silbernen Kelchen zugeprostet und als Ehrenbezeugung noch härtere Metalle gegeneinander klingen lassen. Hier waren die Tapferen und die Schönen einhergeschritten, hatten gesungen und historische Eide geschworen. Trompeten hatten geschmettert, Violen geklagt, und so mancher geschickte Tänzer war mit Gold überhäuft worden. Hexenmeister Thraine, ein hochberühmter Mann, hatte Warth mehr als einmal besucht, so hieß es, und hatte für Allena die Makellose in seiner Kammer die größten Wunderdinge geschmiedet. Doch jetzt war kein Glas mehr in den fein geschwungenen Fenstern, und die erlesenen Täfelungen waren von den Wänden gefallen. Jetzt gehörte die Halle den Nagetieren, den Vögeln und den Gnomen. Stellenweise waren die Bodendielen verrottet, und ein unvorsichtiger Schritt konnte einen Mann vier Stockwerke tief in den Keller befördern.
In der Mitte dieser staubigen, windgepeitschten Trostlosigkeit stand jedoch ein langer glänzender Tisch. Goldene Teller glitzerten auf Damast, Kristall funkelte. Der Zauberer hatte das Seine getan, sah Rap, und er fragte sich, ob das Gold gegen die Drachen geschützt war oder nur eine Illusion, die sie nicht täuschen würde. Als die Männer näher kamen, ordnete Athal’rian acht Kinder um sich herum an, wobei sie das Baby auf dem Arm hielt. Jedesmal, wenn Rap sie traf, schien sich ihre Familie vergrößert zu haben. Die kleineren zerrten an ihren Kleidern, und sie ermahnte Ugish und die älteren Mädchen, sich wieder anzuziehen. Ugish selbst gab ein schlechtes Beispiel.
Sie reichte das Baby einem der älteren Kinder, damit sie ihren Mann umarmen konnte. Als der lange Kuß endlich vorüber war, hatte sich mehr als die Hälfte der Kinder wieder ausgezogen, und eines der kleineren kroch auf eine Lücke im Boden zu. Rap selbst lief hinterher und brachte es zurück. Dabei wurde er gebissen. »Sind wir soweit?« fragte Ishist. »Stühle, Liebster?« fragte Athal’rian. »Natürlich, Stühle. Beschreibe sie mir.« Athal’rian wurde ganz aufgeregt und machte ein paar vage Bewegungen. »Blauer Samt. Eiche. Ungefähr so hoch. Geschnitzte Rükkenlehnen, hoch…«
Drei Stühle erschienen an einem Ende des Tisches, ungefähr ein Dutzend am anderen Ende.
Ihr fettiges Gesicht erhellte sich. »Danke, Geliebter. Master Geweihter, vielleicht wollt Ihr und Eure Gefährten an jenem Ende sitzen, damit die Kinder Euch nicht stören?«
So viel Takt von einer offensichtlich so konfusen Frau wirkte sonderbar rührend.
Rap setzte sich an ein Ende des langen Tisches, Darad und Gathmor nahmen zu beiden Seiten Platz. Beide schienen von ihren Gefühlen zu sehr überwältigt, um etwas zu sagen, und an dem grünlichen Ton ihrer Wangen las Rap ab, daß ihr Geruchssinn vermutlich mit normaler Leistungsfähigkeit arbeitete. Eine leichte Brise wehte durch die Ruine, doch selbst die Vorstellung, mit Gnomen gemeinsam zu essen, reichte aus, um jeden zum Schweigen zu bringen.
Zum ersten Mal sah Rap jetzt außer dem Drachenwärter und seiner Familie noch weitere Bewohner von Warth Redoubt. Mit seiner Sehergabe hatte er sie bereits erspürt, und der Boden des Stalles hatte auf eine große Population hingedeutet. Ein Zug von Gnomdienern brachte Speisen herein, stellte sie vor die Speisenden und zog sich dann
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