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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Manche von uns vermehren das Gute, und einige von uns vermehren das Böse, fürchte ich. Die meisten versuchen einfach, ihr Bestes zu tun.«
    Shandie nickte feierlich. Rap dachte wieder an den Hütejungen, der er vor einem Jahr gewesen war, und wie er reagiert hätte, wenn man ihn damals gebeten hätte, dem Erben des Imperialen Throns eine Lektion über Ethik zu erteilen.
    Als Emshandar nach Wein schickte und befahl, die Lampen anzuzünden, war Shandie – winzig wie eine Puppe in dem großen Bett – eingeschlafen.
    Emshandar rappelte sich hoch und humpelte zu einem bequemen Stuhl in Raps Nähe. Er hatte wenige Schritte zu gehen, doch er schwankte und griff nach einem Bettpfosten, um nicht hinzufallen.
    »Sohn eines Gnoms! Würdet Ihr mich bitte in Ruhe lassen?« rief er, als er Raps okkulte Berührung spürte. Doch sofort verwandelte sich seine Wut in Scham. »Verzeihung, Zauberer. Ich weiß, Ihr habt es gut gemeint.« Er blieb einen Moment stehen und betrachtete den schlafenden Jungen, und seine Gesichtszüge, ähnlich denen eines Totenkopfes, schmolzen zu einem besorgten Lächeln. »Wenn er nicht wäre, würde ich Euch vermutlich bitten, mich in meinen vorigen Zustand zurück zu versetzen! Doch ich würde ihm gerne sein Erbe übergeben, falls es möglich ist.« Er fletschte seine Zähne wie ein alternder Wachhund, zu steif, um zu kämpfen, zu stolz, es nicht zu versuchen.
    Er taumelte hinüber zum Stuhl und ließ sich niedersinken; vor lauter Schwäche schnappte er nach Luft. Mit zitternder Hand goß er sich Wein ein.
    »Ich bin sicher, Eure Majestät wird sich in ein paar Tagen kräftiger fühlen.«
    »Wir haben keine paar Tage! Trinkt ein Glas Wein mit mir. Ich habe einige Fragen.«
    Der jämmerliche Tag neigte sich bereits dem Ende zu, und der Regen tropfte immer noch über die großen Fenster. Rap nahm einen Kristallpokal, verwandelte seinen Inhalt in Wasser und lehnte sich zurück, um sich dem Kreuzverhör zu stellen. »Wie lange seid Ihr schon Zauberer?« fragte der Imperator barsch.
    »Seit heute, Sonnenaufgang, Sire.«
    »Mist!« Der abgezehrte alte Mann starrte ihn an und nippte dann nachdenklich an seinem Wein. »Wir können uns also darauf berufen, daß Ihr das Protokoll nicht kanntet?«
    »Keine Chance, Eure Majestät. Ich habe mehrere Male Bright Water getroffen, und auch Zinixo und Lith’rian.«
    Der alte Mann knurrte und zog seine weißen Augenbrauen voller Erstaunen nach oben. »Tatsächlich? Also wissen Sie von Euch, und Ihr kanntet das Risiko. Meine nächste Frage sollte also lauten, warum habt Ihr getan, was Ihr heute getan habt? Kein Normalsterblicher in ganz Pandemia hat mehr Macht als ein Imperator, dennoch könnte ich Euch keine Belohnung anbieten, die ein Zauberer gebrauchen könnte. Warum habt Ihr meine Krankheit geheilt?« Er zog die Lippen über Zähnen zurück, die für sein eingefallenes Gesicht viel zu groß wirkten.
    Rap griff eilig zu Magie, um sein Erröten zu verhindern. »Ich habe die Geduld verloren, Sire.«
    »Hintern der Götter!« Der alte Mann begann zu lachen, ein brüllender Lachanfall, der absolut nicht zu seiner ausgezehrten Erscheinung paßte. »Nun, Ihr seid ein ehrlicher Mann, wenn nicht sogar ein weiser.« Er lachte immer noch leise in sich hinein, während er sich Wein nachgoß. Rap begann zu erzählen. Er skizzierte die Geschichte so knapp er konnte und ließ nur das schreckliche Schicksal aus, das er für sich in Hub gesehen hatte.
    Vor den Fenstern war es dunkel geworden, als er zum Ende kam, und Emshandar starrte ihn mit glasigen Augen an. Rap fragte sich, ob er auch seinen Wein vom Alkohol hätte befreien sollen. »Es gibt keine Präzedenzfälle!« murmelte der Imperator. »Wir müssen die Wächter treffen, und zwar heute nacht, falls der Zwerg die Zusammenkunft wirklich vorausgesagt hat. Aber ich kann nicht verhehlen, daß Ihr Euch in großer Gefahr befindet.«
    Bevor Rap die andere große Gefahr erwähnen konnte, die auf ihn lauerte, seufzte der alte Mann und fuhr fort.
»Es geschieht nur sehr selten, daß die Vier in der Öffentlichkeit erscheinen. Es können Jahrzehnte ins Land gehen, ohne daß selbst der Imperator sie alle gleichzeitig zu Gesicht bekommt. Meine Vorgänger haben viele Jahrhunderte lang Aufzeichnungen über ihre Geschäfte mit den Wächtern geführt, um ihre Erben anzuleiten. Es gibt unendliche Reihen voll dieser riesigen Wälzer, und niemand hat die Zeit, sie zu lesen. Ich habe ein wenig über die letzten paar Dynastien gelesen und dann

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