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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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brauchte es keinen besonderen Schnitt, um seine ausgezehrte Figur einzuhüllen, wie es bei einem Wams und engen Hosen der Fall gewesen wäre, doch was das Aussehen anbelangte, war es das albernste Kleidungsstück, das Rap je gesehen
    hatte. Rap lagerte schläfrig auf einem seidenbestickten Stuhl in einer Ecke des großen Schlafgemachs des Imperators und sah wohlwollend bei der Prozedur zu. Er amüsierte sich darüber, wie wenig ihn nunmehr echte Pracht berührte, oder Brokat, Tapeten und kostbare Kunstgegenstände. Holindarns Torffeuer an einem sonnigen Tag – das war beeindruckend gewesen!
    Es war natürlich leichter, die eigenen Gefühle abzutöten, wenn man wußte, daß man bald sterben würde. Seine Vorahnung war das Grauen
– monströs und erstickend – das er immer schlechter ignorieren konnte. Eine furchtbare Gefahr drohte ihm, und doch konnte er keinen Ausweg finden. Er überlegte sich, zu Fuß zu fliehen, und er erwog sogar die Möglichkeit, sich per Magie etwa nach Dragon Reach oder Krasnegar zu bringen – beide Möglichkeiten schienen keinen großen Unterschied auszumachen. Es schien ihm am wenigsten schmerzhaft, sich einfach von den Ereignissen weitertragen zu lassen, und er hatte sich damit abgefunden, genau das zu tun.
Vielleicht litt er auch unter zuwenig Schlaf oder unter Überanstrengung, doch das Temperament des Jotunns brauste noch immer durch seine Adern und drohte in Wahnsinn umzuschlagen, sobald er es zuließ, daß seine Gedanken zu den Hexenmeistern wanderten, er über Gathmors sinnlosen Tod nachgrübelte oder über den Mißbrauch des kleinen Shandie.
    Der Junge lag ausgestreckt auf dem großen Himmelbett und stellte seinem Großvater oder dem geheimnisvollen Zauberer gelegentlich eine Frage. Rap hatte sich dadurch, daß er dem Protokoll getrotzt und seine wunderbaren Heilungen vorgenommen hatte, für den Jungen zu einem großen Helden gemacht. Wie klein er sich auch fühlte, er wußte, wie sehr Jungen – besonders solche ohne Vater – Männer brauchten, denen sie nacheifern konnten. In diesem Pfuhl der Intrigen würde Shandie nur wenige Männer finden, die seiner Bewunderung wert waren.
    Armer Shandie. Armer Gathmor. Arme Inos.
    Gestern um diese Zeit hatten Rap und Darad den Seemann auf seine letzte Reise geleitet. Es war eine sehr private Zeremonie gewesen, doch alle aus der verwunschenen Gruppe waren nacheinander erschienen, um ihm ihre letzte Ehre zu erweisen. Sogar Andor hatte die Sache beinahe leid getan. Sagorn hatte philosophische Erkenntnisse deklamiert, und Thinal hatte geweint, aber Jalon hatte ein herzerweichendes Klageleid eines Seemannes angestimmt, das in Raps Herzen widerhallen würde bis zu dem Tag, an dem er…
    Denk nicht darüber nach.
Denk auch nicht über lnos nach.
»Großvater?« flüsterte Shandie mit einem Seitenblick auf Rap.
    »Hm?« Der Imperator betrachtete finster seine Zähne in einem Spiegel, den ein zitternder Diener ihm hinhielt.
     
    »Großvater… Faune sind in Ordnung, oder?«
    »O ja. Ich schätze, das muß reichen – bringt mir meine Sandalen. Was? Faune? Natürlich sind sie in Ordnung. Warum sollten sie das nicht sein?«
    »Also… ich meine, ich weiß, daß Imps in Ordnung sind, aber Moms sagt, Jotnar wären blutdürstige Scheusale, Gnome dreckig und Kobolde grausam. Thorog sagt, Elfen sind in Ordnung. Und Faune sind auch in Ordnung, nicht wahr?«
    Sein Großvater wirbelte herum und runzelte die Stirn. »Wer ist Thorog? Gleichgültig. Ich glaube, deine Mutter hat deinen Kopf mit einigen merkwürdigen Gedanken gefüllt. Master Rap, erzählt ihm etwas über Faune.«
    Shandie warf Rap einen beunruhigten Blick zu.
»Ich weiß nicht viel über Faune.« Rap zuckte die Achseln. »Ich habe nur wenige kennengelernt. Meine Mutter war eine Faun. Mein Vater war ein Jotunn.«
    »Oh. Das tut mir leid! Ich meine, es tut mir leid, daß ich gesagt habe –«
    »Schon gut. Ich habe einige wirklich furchtbare Jotnar kennengelernt, wie diesen Kalkor, den ich heute getötet habe. Töten ist schlecht, aber er hatte es verdient. Ich kenne auch einige gute Jotnar. Und einer der besten Menschen, die ich kenne, ist ein Gnom. Er stinkt furchtbar, aber er ist seinen Kindern ein liebevoller Vater und ein sehr mächtiger Zauberer. Ythbane ist ein Imp, nicht wahr?«
    »Äh… ja.« Shandie meinte damit »irgendwie schon«, also wußte er irgendwie Bescheid. Wieso?
    »Es gibt gute und schlechte Imps, Shandie. Es gibt gute Jotnar und schlechte Jotnar. Das gilt für uns alle.

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