Dave Duncan
und sah zu, wie sie es hinunterschlangen. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, und er hoffte, daß ihm jemand einen Knochen zuwerfen würde.
Die Hunde schnarchten und zuckten im Schlaf. Rap war erschöpft, doch Angst und Kälte hielten ihn wach. Er fragte sich, warum es so viel mehr Frauen als Männer gab. Als er die anderen Gebäude mit seiner Sehergabe überprüfte, stellte er fest, daß dort die Zahlen ausgeglichener waren; Mädchen in einem, Jungen im anderen Gebäude. Der Unterschied bestand bei den erwachsenen Männern, daher nahm er an, daß irgendwo ein Krieg wütete.
Von Zeit zu Zeit schlüpften einige Frauen hinaus und kamen mit noch mehr Essen zurück zu den beiden ungeheuer großen Feuern. Sie zumindest trugen Kleider, während die Männer, die hinausgingen, um sich zu erleichtern, sich nicht die Mühe machten, sich etwas überzuziehen. Schon der Gedanke, unbekleidet in diese unglaubliche Kälte hinauszugehen, ließ Rap erschaudern. Die Wildlederkleider, die die Kobolde vorher getragen hatten, waren viel dünner als seine Felle, also schienen Kobolde weniger kälteempfindlich als Halbblute aus Faun und Jotunn, und die Feuerstelle war eher ein Ehrenplatz als ein Ort, an dem man es sich gemütlich machte.
Das Mahl war beendet. Das Trinkgelage ging weiter. Nach ein oder zwei Stunden blickte der Anführer zu Rap hinüber und fragte Darad etwas. Darad grinste und winkte Rap zu sich. Widerwillig erhob sich Rap, der sich in diesem unbekleideten Zustand schrecklich verlegen und verletzlich fühlte, und näherte sich den jungen Kobolden, die um die Feuer stelle herumsaßen.
Seine Gastgeber betrachteten ihn zunächst voller Neugier, dann voller Vergnügen, und schließlich machten sie geringschätzige Bemerkungen, die er nicht verstand. Sie lachten. Er mußte ihnen merkwürdig vorkommen – genau wie sie ihm. Seine Haut hatte ein sehr blasses Braun, er war sehnig und groß. Auch sein Büschel wilden braunen Haares würde sie unterhalten. Der Spielmann Jalon hatte ihm erzählt, daß Faune haarige Beine hatten, und auf Raps Beinen waren in letzter Zeit viele Haare gewachsen. Das amüsierte die Kobolde offensichtlich.
Doch anscheinend hatte er übersehen, was ihnen am meisten Vergnügen bereitete. Der Anführer sagte etwas, das besonders lautes Gelächter hervorrief. Darads Antwort fachte das Lachen weiter an.
Er grinste Rap lüstern an. »Der Anführer hat angeboten, mir Eure Nase zu geben, weil meine gebrochen ist. Ich sagte, meine sei immer noch schöner.« Er lachte wieder und trank einen Schluck.
Die Kobolde hatten breite, plumpe Gesichter, aber ihre Nasen waren dünn und sehr lang. Außerdem hatten sie große Ohren.
»Wahn bekomme ich etwas zu essen?« fragte Rap.
Darad grinste wieder und zeigte seine Zahnlücke. »Warum gutes Essen verschwenden?«
»Was wird dann passieren?« Selbst wenn Mut wichtig war, konnte Rap einfach nicht mutig sein – doch jetzt kam ihm die Wut zur Hilfe. Wenn sie ihn töten wollten, wäre es ihm lieber, wenn sie es gleich täten, als ihn auf die Folter zu spannen.
Wieder das wölfische Grinsen. »Wartet ab! Ich will Euch die Überraschung nicht verderben.«
Der Anführer wandte sich um und grunzte einen Befehl. Einer der jüngsten Männer sprang auf und rannte durch den großen Raum zur Tür hinaus. Wie Rap mit seiner Sehergabe erkennen konnte, eilte er zu dem kleinsten Gebäude, wo die Jungen und die Jugendlichen des Stammes um ein Feuer herumsaßen oder -lagen. Zwischen ihnen schien sich ein erwachsener Mann aufzuhalten, vielleicht ein Aufseher. Er erhob sich, um dem Boten des Anführers zu folgen. Doch während der Bote zurückrannte, ließ der andere sich Zeit und kickte mit seinem nackten Fuß lässig den Schnee, während er frech durch die tödliche, arktische Kälte bummelte, nur mit einem Stück Hirschleder bekleidet.
Er kam in die Halle zum Feuer geschlendert, verschränkte seine Arme und blickte den Anführer erwartungsvoll an. Er war noch nicht erwachsen, aber nicht mehr weit davon entfernt – ungefähr so alt wie Rap, beinahe genauso groß und doppelt so breit, ein kräftiger junger Mann mit breitem Brustkorb, so groß wie die anderen anwesenden Kobolde. Sein Schnurrbart war schon kräftiger als der der meisten anderen, der schwarze Haarschopf hing ihm fast bis zur Taille. Auf seinem breiten, häßlichen Gesicht waren keine Tätowierungen zu sehen, dafür sehr viel Arroganz.
Der Anführer sagte etwas. Der junge Mann sah Rap von oben bis unten an, und
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