Dave Duncan
der Hitze des Gefechts, war ebenso undenkbar wie die Idee, er könne ein Zauberer sein. Darad jedoch sah aus, als sei er zu allem fähig. Vielleicht war Darad ein Dämon, der Andor zu Hilfe eilte, wenn dieser in Gefahr schwebte. Falls dem so war, und falls die Kobolde freundlich waren, würde Andor dann wiederkehren?
Aber die Kobolde waren nicht ganz freundlich. Man hatte die vier Pferde gefangen und zum Feuer geführt; sie ließen sich unwillig an den Mähnen herbeiziehen, zu schwach und entmutigt, um sich zu wehren. Darad und der Anführer waren in eine heisere Auseinandersetzung vertieft, wobei sie mit den Händen zeigten und fuchtelten. Als die Stimmen lauter wurden, konnte Rap einige Worte verstehen: Pferd und vier und Sattel. Der alte Anführer wandte sich um und blickte Rap an, der sofort zu zittern begann und sich streng ermahnte, daß Kobolde Mut respektierten. Der Gedanke spendete ihm nur wenig Trost.
Der Anführer stellte eine Frage, Darad gab ihm eine Antwort. Rap konnte seinen eigenen Namen verstehen, aber nur wenig mehr. Der Streit schien sich wieder um die Pferde und dann um ihn zu drehen.
Darad kam zu ihm herüber, packte mit eisernem Griff nach seinem Arm und zog ihn aus dem Licht des Feuers in die Dunkelheit des Waldes.
»Ich gebe Euch noch eine letzte Chance.« Seine Stimme klang tief und hart und durch die fehlenden Zähne leicht nuschelnd.
»Ich kenne keine Worte der Macht!« Hoffentlich dachten Darad – und die Kobolde – daß die fürchterliche Kälte ihn so erzittern ließ. Warum konnte er nicht aufhören?
»Der Anführer braucht ein Geschenk. Ich habe ihm zwei Pferde angeboten. Er will alle vier. Aber er wird auch mit weniger einverstanden sein.«
»Was?«
»Euch.«
»Das würdet Ihr nicht tun!«
Darad grinste. Seine Zunge und seine Eckzähne standen wegen der Lücken weit vor, und sein Grinsen wirkte wölfisch und unmenschlich. Seine Augen glänzten so kalt wie die Polarnacht. Wäre Rap in der Lage gewesen, ihm zu geben, wonach er verlangte, hätten schon diese Augen gereicht, ihn dazu zu überreden.
»Ich kenne kein–«
Darad schubste ihn verächtlich. Rap taumelte in eine Schneewehe. Als er sich wieder aufgerappelt hatte, umarmten sich Darad und der Anführer erneut.
Erfahrene Waldleute hätten ihr Lager nicht in einer Entfernung von einer Meile von einem Kobolddorf aufgeschlagen. Sobald Rap in die richtige Richtung geschubst und mit einer Speerspitze vorwärts getrieben wurde, konnte er es am Rande seines Wahrnehmungsvermögens erspüren. Er war unvorsichtig gewesen; jetzt würde er für seine Dummheit teuer bezahlen.
Er stolperte vorwärts und war sich undeutlich der Wachen um sich herum bewußt, sowie Darads und des Koboldanführers, die Arm in Arm vor ihnen hergingen. Sie bildeten ein ungleiches Paar, denn gegen den riesigen Darad wirkte der andere Mann wie ein Zwerg. Der große Mann humpelte, als würden Andors Stiefel ihn schmerzen.
Als er bemerkt hatte, daß die Pferde und die Ausrüstung mitgenommen wurden, konzentrierte sich Rap auf die vor ihnen liegende Lichtung, auf der vier hölzerne Gebäude im Rechteck angeordnet standen. Er wußte bald, daß das nächstliegende ein Stall war, in dem drei kleine Ponies standen – da erstaunte es kaum, daß der Anführer alle vier der krasnegarischen Pferde hatte haben wollen –, doch das am weitesten entfernte Gebäude war viel größer als die anderen und voller Menschen, hauptsächlich Frauen. Von den beiden anderen Häusern schien das eine für Frauen und Mädchen reserviert, das kleinste für Jungen. Von allen drei Gebäuden stiegen träge Rauchsäulen in die eiskalte Nacht, doch das große war das Gemeinschaftshaus, auf das die Prozession zuhielt. Als sie den Wald verließen und auf die schneebedeckte Lichtung hinaustraten, hob ein Bellen zur Begrüßung an.
Bevor Rap Gelegenheit hatte, alle Einzelheiten zu erspüren, hatte er die größte Hütte erreicht und wurde schnell hineingeschubst. Vom Licht geblendet, halb erstickt durch beißenden Qualm und Gestank, wich er zurück und wurde vorwärts geschoben in ein Gewühl von Männern, die fast nackt waren. Er stolperte und strauchelte zwischen schmierigen Beinen und stinkenden Füßen umher. Er begann zu husten; seine Augen tränten; er rang nach Atem in dieser Hitze, die ihm nach wochenlanger arktischer Kälte unerträglich erschien.
Um ihn herum zogen sich Männer ihre Kleider aus; er erhob sich und machte es ihnen notwendigerweise nach. Die Kobolde machten erst
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