Dave Duncan
also hofft er, daß du hier jemanden kennenlernst. Du bist hier einigen der vorzüglichsten Männer vorgestellt worden–«
»Der langweiligsten, fettesten, ältesten–«
»Sei nicht so eingebildet«, sagte Kadolan gouvernantenhaft. »Die Menschen kommen aus anderen Gründen als du nach Kinvale.«
Ihre Nichte errötete leicht und antwortete nicht.
»Bei Ekka sind außerdem noch viele andere Damen zu Besuch. Sie kann ihren männlichen Gästen doch keine Vorschlagsliste mit Heiratskandidatinnen überreichen, oder?«
Kadolan fügte nicht hinzu, daß all die anderen Damen verzweifelt waren, daß Ekkas berühmte Verkupplungskunst seit Monaten kein Paar hervorgebracht hatte und daß kein lebender, atmender Gast für jemand anderes Augen hatte als für die sagenhafte Prinzessin.
Inos nickte reuevoll. »Ich versuche es, Tante! Wirklich! Zuerst habe ich einige Fehler gemacht, aber ich glaube, jetzt mache ich es richtig.« »Du schlägst dich wunderbar, mein Liebes. Ich bin sehr stolz auf dich.«
»Nun, denn! Aber es gibt da ein oder zwei, wie den kernigen Kapitän Eggoli…« Die großen grünen Augen rundeten sich verwundert. »Er hat mir wirklich geglaubt! Er hat wirklich geglaubt, ich würde ihn in dem Geräteschuppen treffen, ausgerechnet, also konnte er–«
»Ich denke, ich kann mir vorstellen, was er dachte.«
Inos lachte wieder in sich hinein, dann seufzte sie. »Das ist nicht fair! Es ist einfach nicht fair! Nur weil sie größer und stärker sind als wir, glauben sie, sie könnten die Welt nach ihren Wünschen regieren. Und uns dazu.«
Kadolan erinnerte sich, solche Dinge selbst einmal gedacht zu haben. »Wir sind nicht völlig hilflos. Kapitän Eggoli ist viel größer und viel stärker als die meisten, dennoch sah er sehr elend aus, als er uns verließ. Seine Nase war rot, und seine Augen waren ganz geschwollen.«
Inos kicherte, doch dann wurde sie nachdenklich. »Oh, wir können also schon ein oder zwei Punkte machen, dann und wann. Aber es ist trotzdem nicht fair.«
»Nein, das stimmt. Was willst du dagegen tun?«
»Oh! Ich habe gerade eine epochale Entdeckung gemacht, nicht wahr? Inosolans Führer durch das Universum! Ich schätze, jede Frau sieht das in diesem Alter so. Hast du in meinem Alter dieselbe erschütternde Erfahrung gemacht?«
»Ich war schon älter als du, glaube ich. Aber das ist der Lauf der Welt, und wir müssen mit den Karten spielen, die uns zugeteilt werden.« »Oder nicht mitspielen?«
Kadolan seufzte aufrichtig. »Nein, mein Liebes. Diese Wahl haben wir nicht – niemand hat sie, und du ganz besonders nicht. Und selbst wenn die Regeln unfair sind, so können wir nur hoffen, daß alle ehrlich spielen.«
Inos zeigte ihre Zähne. »Dafür werde ich sorgen!«
Selbstüberschätzung könnte als nächstes zu einer Gefahr für sie werden. Bedauernd entschied Kadolan, daß sie ganz offen sein mußte, obwohl es ihr zutiefst mißfiel, diese kostbare Brücke aus Vertrauen und Verständnis zu zerstören, die sie unter so vielen Entbehrungen zueinander aufgebaut hatten. Aber es stand jetzt viel auf dem Spiel, die Zeit wurde knapp, und die Gefahren waren sehr groß. Sie griff nach dem Zeichenblock auf Inos’ Schoß und schlug die Seite zurück, die Inos so lässig umgeschlagen hatte, bevor sie zu erkennen gab, daß sie ihre Tante kommen sah.
Die große Uhr schnitt mit ihrem Tick-Tack die Ewigkeit in kleine Scheiben.
»Es hat wirklich große Ähnlichkeit, mein Liebes. Ich wußte gar nicht, wieviel Talent du hast.«
Inos war purpurrot angelaufen, und ihre Augen funkelten wütend. Sie sagte nichts.
»Erzähl mir von ihm.«
»Ich liebe ihn.«
»Ja, das glaube ich. Aber erzähl mir mehr über ihn.«
»Was gibt es da zu erzählen?« Inos fühlte sich verletzt und wütend und in die Enge getrieben. »Was ist sonst noch wichtig?«
»Ziemlich viel, Liebes. Siehst du, Sir Andor war ein Fehler.« Inos holte tief Luft, und Kade unterbrach sie, bevor Emotionen eine Indiskretion provozieren konnten.
»Ich meine, er war nicht eingeladen, um dich kennenzulernen. Er war nicht eingeladen, um überhaupt irgend jemanden kennenzulernen. Er war überhaupt nicht eingeladen, Inos. Er brachte natürlich Referenzen mit. Es war der Herzog, der ihn bat, zu bleiben.«
»Oh.« Inos war alles andere als dumm. Sie lächelte triumphierend. »Also war es Zufall? Nicht der verwitwete Drachen? Die Götter haben eingegriffen!«
»Möglicherweise. Das Problem ist… seine Briefe waren von einigen sehr
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