David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
Mylady?«, fragte O’Shaughnessy. Offiziell war er ihr nachrichtendienstlicher Fachmann und Berater, doch er hatte längst entdeckt, dass er ihr in politischen Angelegenheiten oft nicht das Wasser reichen konnte.
»Schwer zu sagen«, erwiderte sie nachdenklich. »Eigentlich sollte man sich natürlich hinter ihn stellen und ihm über die Kante der Klippe helfen. Ich wünschte nur, ich wäre zuversichtlich, dass seine Regierung es genauso sieht.«
»Ungefähr ein Drittel seiner eigenen Delegation würde ihn am liebsten gleich im Konventsaal niederschießen«, stellte O’Shaughnessy fest, und sie nickte.
»Das ist wohl wahr. Mit dem Verkauf von Eintrittskarten könnten sie sogar noch gutes Geld verdienen. Haben Sie Lababibis Gesicht gesehen, als sie begriff, dass sein Antrag scheitern würde?«
»Jawohl, Mylady.« O’Shaughnessy grinste unverhohlen hämisch. »Unter Garantie hatte sie Anweisung, ihn zu unterstützen. Sie muss entzückt gewesen sein, dass sie durch Spindles Position als Gastgeber als Letzte abstimmte.«
Medusa nickte. Sie hatte Yvernaus Gesicht beinahe genauso genau betrachtet wie Lababibi, als die Präsidentin des Spindle-Systems sich erhob, um ihre Stimme abzugeben. Der Delegierte New Tuscanys hatte offensichtlich darauf gezählt, sie in der Tasche zu haben, und seine verblüffte Wut, als sie gegen seinen Antrag stimmte, war fast so offensichtlich gewesen wie Lababibis Entzücken.
»Seit Wochen − nein, Monaten − ist offenkundig, dass Lababibi Yvernau verabscheut«, sagte sie. »Er ist wahrscheinlich der Einzige im ganzen Konvent, der es nicht weiß. Und Sie haben recht, was ihre Anweisungen betrifft. Nur war der Antrag bereits gescheitert, als sie die Stimme abgab, und folglich wird sie nicht den Preis dafür zahlen müssen, sich über ihre Anweisungen hinweggesetzt zu haben. Sie ist nun die Frau, die ihren Planeten fest auf die Seite der Gewinner gebracht hat, statt ihn mit den Verlierern zu verbandeln, wie man es ihr befohlen hatte. Und außerdem konnte sie Yvernau öffentlich an einem besonders empfindlichen Körperteil treffen. Das nenne ich ein Omelette backen, ohne Eier zu zerschlagen!«
O’Shaughnessy und sie grinsten einander gehässig an. Dann schüttelte Medusa den Kopf.
»Jeder mit einem messbaren IQ sollte mittlerweile begriffen haben, dass Yvernau mit seiner Politik katastrophal gescheitert ist, Gregor. Seine Anhänger auf der Heimatwelt dürften sich ebenso sehr wie aus Prinzip schon aus zynischem Pragmatismus von ihm abwenden. Aber die Angehörigen der politischen Elite von New Tuscany − ich benutze den Begriff sehr locker, verstehen Sie −, haben mehr als nur ein bisschen Lemming in ihrem Erbgut. Warum sonst sollten sie ihren Delegierten solche Vorgaben machen?«
»Wahrscheinlich erschien es damals als gute Idee.«
»Genauso wie der erste havenitische Angriff auf Grayson«, entgegnete die Baronin trocken, und der Geheimdienstbeamte lachte leise. Doch seine Belustigung wich rasch, und er runzelte die Stirn.
»Sie könnten recht haben, Mylady«, sagte er langsam. »Nach allem, was ich mir zusammenreimen konnte, will Yvernau selbst jetzt nicht ohne direkten, eindeutigen Befehl von zu Hause die Kontrolle über die Delegation aufgeben. Und so lange er sich widersetzt, kann kein anderer Delegierter New Tuscanys auf Flax irgendetwas unternehmen. Ich würde ja gern annehmen, dass die Systemregierung so klug ist, eine Anweisung zu senden, mit der er abgesetzt wird.«
»Sie würden es gern annehmen, aber tun Sie es auch?«
O’Shaughnessy seufzte, nachdem er einige Sekunden nachgedacht hatte. »Nein, eigentlich nicht.«
»Ich bin da auch nicht sehr optimistisch. Ich dachte, Tonkovic wäre schlimm, aber wenigstens haben die Kornatier sie zurückgerufen und ihr genügend zugesetzt, dass sie zurücktrat.« Das Kurierboot hatte am Tag zuvor die Nachricht von Split gebracht. »Ich fürchte nur, die Oligarchen von New Tuscany sind noch starrsinniger und erheblich monolithischer als die Kornatier.«
»Jawohl, Mylady, das ist richtig. Nach meiner besten Schätzung beträgt momentan eine Chance von etwa achtzig Prozent, dass man Yvernau die Leitung der Delegation weiterhin überlässt. Ich schätze, mit siebzig Prozent sendet man ihm auch keine neuen Anweisungen, sondern lässt ihn weiter vor dem Fluglaster stehen, bis der ihn umreißt, und hofft aufs Beste. Aber was sie danach tun, das weiß ich nicht. Deshalb habe ich Sie gefragt. Mir scheint, als wäre es zu ungewiss, um jetzt
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