David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
zuzusetzen oder Misstrauen zwischen ihm und dem Skipper zu säen − oder zwischen dir und Van Dort −, dann solltest du vielleicht zu ihm gehen und ihn offen fragen. Wenn du ernsthaft Angst hast, es ginge nur darum, Unruhe zu stiften, dann solltest du dem Skipper wahrscheinlich Bescheid geben, ohne Van Dort einzuweihen. Dann soll der Skipper entscheiden, was am besten ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Unterm Strich, Helen, glaube ich nicht, dass dir jemand die Entscheidung abnehmen kann.«
»Nein«, stimmte sie ihm zu, doch im gleichen Augenblick begriff sie, dass ihr das Gespräch mit Paulo sehr bei ihrem Entschluss geholfen hatte.
»Ja, Helen? Was kann ich für Sie tun?«
Bernardus Van Dort legte den altmodischen Stift beiseite, mit dem er sich Notizen in Langschrift gemacht hatte, als die Glocke der Luke klingelte. Er stellte lächelnd den Sessel zurück und wies auf die kleine Couch auf der anderen Seite der Offizierskammer, die man ihm zugewiesen hatte.
Während Helen Platz nahm, musterte sie ihn und fragte sich ein letztes Mal, ob sie das Richtige tat. Doch sie hatte sich entschieden und atmete dezent durch.
»Ich hoffe, ich trete Ihnen nicht zu nahe, Sir«, begann sie, »aber jemand hat mir gesagt, ich erinnere ihn an jemanden namens Suzanne Bannister.«
Nur einen Augenblick lang gefror Van Dorts Miene. Jeder Ausdruck verschwand, und in diesem Augenblick war es Helen, als sehe sie eine altmodische Marmorstatue vor sich. Dann lächelte er wieder, doch dieses Lächeln war verzerrt und völlig ernst.
»War es Westman? Oder war es Trevor?« Er klang so ruhig und höflich wie immer, doch umschloss sie eine Anspannung, eine Furchtsamkeit fast, wie Helen sie bei ihm noch nie festgestellt hatte.
»Mr Westman war es«, sagte sie bedächtig und sah ihn ruhig an. Er nickte.
»Das dachte ich mir schon. Trevor und ich haben seit über zwanzig Jahren nicht mehr über Suzanne gesprochen.«
»Sir, wenn es mich nichts angeht, dann sagen Sie es mir. Aber als Mr Westman sie erwähnte … ich weiß nicht. Mir kam es vor, als wäre es ihm sehr wichtig, dass ich davon erfahre und wohl auch, dass ich Sie nach ihr frage. Und als ob seine Gründe rein nichts mit dem Anschluss oder dem Grund unseres Hierseins zu tun hätten.«
»Da irren Sie sich, Helen.« Van Dort wandte rasch den Blick ab. Er blickte angestrengt auf eine völlig leere Stelle am Schott. »Wenn auch nur indirekt, hat es sogar sehr viel damit zu tun, weshalb wir hier sind − zumindest in meinem Fall.«
Er schwieg lange und starrte ans Schott. Als Helen der Leere seines Blickes gewahr wurde, bereute sie, das Gespräch begonnen zu haben, doch andererseits hatte er sie weder zur Schnecke gemacht noch hinausgeworfen. Er saß nur da, und wohin immer er sich verirrt hatte, sie konnte ihn dort nicht einfach zurücklassen.
»Wer war sie, Sir?«, fragte sie ruhig.
»Meine Frau«, sagte er sehr, sehr leise.
Helen erstarrte und riss die Augen auf. Sie hatte nie gehört, dass Van Dort verheiratet gewesen wäre. Andererseits, sagte sie sich dann, hatte sie insgesamt kaum etwas über sein Privatleben erfahren.
Van Dorts Blick gab endlich das Schott frei und kehrte zu Helens Gesicht zurück. Er musterte ihre Züge und nickte langsam.
»Ich verstehe, weshalb er sie aufgefordert hat, mich zu fragen. Sie sehen ihr so ähnlich. Sie könnten ihre Wiedergeburt sein, oder wenigstens ihre Tochter. Deshalb hätte ich Captain Terekhovs Angebot, Sie mir als Adjutantin zuzuteilen, beinahe abgelehnt. Es erinnerte mich zu sehr daran, wie ich sie kennengelernt hatte.«
»Mö… möchten Sie darüber reden, Sir?«
»Nein.« Er lächelte wehmütig. »Das heißt aber nicht, dass ich es Ihnen nicht trotzdem erklären möchte. Ich hätte es der Baronin Medusa wahrscheinlich darlegen müssen, als sie mich bat, hierher zu reisen. Ich vermute, es rangiert unter der Überschrift: möglicher Interessenkonflikt.«
Sie sagte nichts, sah ihn nur an, und er sah ihr ganz ins Gesicht.
»Für wie alt halten Sie mich, Helen?«
»Ich bin mir nicht sicher, Sir«, sagte sie langsam. »Sie haben offensichtlich Prolong erster Generation erhalten, wenn Sie mir die Bemerkung verzeihen. Deshalb schätze ich … sechzig T-Jahre?«
»Ich bin weit über achtzig«, sagte er. Sie wölbte die Brauen, und er lachte rau. »Womöglich war ich der erste Mensch im ganzen Talbott-Sternhaufen, der je Prolong erhalten hat. Mein Vater war der Eigner zweier Frachter, als ich geboren wurde. Meine Mutter und
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