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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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hier die ewig gleichen B-Prominenten , sogenannte In-Restaurants säumten die Straßen und aufgetakelte Zahnarztgattinnen sprangen aus protzigen Geländewagen, um
     in kleinen Boutiquen Stiefelchen mit spitzen Absätzen zu kaufen.
    Flo musste grinsen. So war es schon immer gewesen. In gewisser Weise mochte er die Gegend. Wenn man sie aus dem richtigen
     Blickwinkel betrachtete, war es rührend, wie die Menschen hier versuchten, die Stimmung einer internationalen Metropole zu
     erzeugen – und daran scheiterten. Chanel und Dior gab es hier zwar auch, die dazugehörigen Millionärs-Apartments, wie man
     sie in den Nebenstraßen der Champs-Elysées, der Park Avenueoder den weitverzweigten Sträßchen von Notting Hill finden konnte, fehlten jedoch. Oder war die zu den Luxusboutiquen gehörige
     Klientel längst in Mitte zu Hause? Flo lief kopfschüttelnd weiter. Er hatte echt keine Ahnung mehr.
    Als er schließlich den liebevoll gepflegten Garten des Literaturhauses betrat und zu den Fenstern des Cafés hochschaute, das
     im ersten Stock des schönen Altbaus untergebracht war, fiel ihm eine ältere Frau auf, die zu ihm herunterzublicken schien.
     Zeigte sie auf ihn? Doch im nächsten Augenblick wurde er abgelenkt, denn ein Mann eilte die Treppe herab, die zum Café führte,
     und kam ihm durch den Garten entgegen. Florian erkannte ihn sofort wieder. Es war Hannes, ganz in Schwarz gekleidet, wie viele
     Leute vom Film. Der Haarschnitt erstklassig, der Mantel teuer. Aber er wirkte irgendwie aufgescheucht, der Schal hing ihm
     schief um den Hals, die Brille war nicht geputzt.
    »Grüß dich, Flo, entschuldige, dass ich dich hier so abpasse, aber mir ist da was dazwischengekommen.« Er blieb vor Florian
     stehen, nestelte an seinem Schal, atmete schwer und sah schlecht aus.
    Florian lächelte. »Mensch, Hannes, du siehst gut aus.«
    Sie gaben sich die Hand.
    Hannes nickte geistesabwesend. »Ich muss wirklich gleich weiter, tut mir leid.« Er blickte Flo kurz in die Augen, offenbar
     von sich selbst ein wenig überrumpelt.
    Florian nutzte die kleine Irritation. »Ist schon okay, Hannes, ich dachte nur, du hättest vielleicht Neuigkeiten von David.
     Kein Mensch kann ihn erreichen, Thea macht sich Sorgen.«
    »Ist er immer noch nicht aufgetaucht?«
    »Nein. Deshalb wollte ich dich sehen. Ihr habt zusammen ›Tabu‹ gedreht?«
    »Nur ein paar Szenen, der Film ist ja noch nicht fertig.«
    »Ihr habt doch schon ›Das Auge‹ zusammen gemacht   –« Hannes unterbrach ihn. »Ich hab’s dir doch gesagt, Flo. Ich hab nicht viel Zeit, und ich kann dir nicht helfen.« Er warf
     einen nervösen Blick auf das Display seines Handys, das er in der Hand hielt.
    »Schade.« Flo schwieg kurz, setzte aber noch einmal an. »Weißt du, ›Das Auge‹   … ich habe es gestern zum ersten Mal gesehen. Die Bilder sind wirklich stark.« Er lachte ein wenig und nickte mit dem Kopf.
    »Fandst du?« Hannes ließ das Handy sinken. Das Kompliment war nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.
    Flo kniff die Augen zusammen. »Der Film hat mich glatt umgehauen, so etwas hab ich noch nie erlebt.«
    Der Glanz in Hannes’ Blick erlosch. »Ach, das meinst du. Das ist nicht mein Verdienst, das sind Davids Tricks.«
    »Was für Tricks?«
    »Hat er dir damals nichts davon erzählt?«
    »Wovon?«
    »Von den subliminalen Bildern.«
    »Von den was?« Florian starrte Hannes an. Davon hatte er noch nie was gehört.
    In dem Moment vibrierte Hannes’ Handy. Der Kameramann warf einen Blick auf das Display. Sein Gesicht verhärtete sich, und
     er drückte das Gespräch weg. Als er wieder hochsah, kam es Florian so vor, als sei er noch ein wenig bleicher geworden.
    »Wie gesagt, Flo, schön dich zu sehen, aber ich mussjetzt wirklich weiter.« Er nickte Florian zu. »Lass uns telefonieren.«
    Schon wollte er an ihm vorbei zum Ausgang des Gartens eilen, da trat Florian ihm in den Weg. »Das gibt’s doch nicht, dass
     ich extra nach Berlin komme, und alle weichen mir hier aus!«, entfuhr es ihm.
    Einen Augenblick sahen sie sich in die Augen, dann fauchte Hannes ihn an:«Ruf mich nie wieder an!« Seine Stimme war heiser
     und laut. »Ist das klar?«
    Florian prallte zurück. Mit einer so heftigen Reaktion hatte er nicht gerechnet.
    Im gleichen Moment packte Hannes seinen Arm und zog ihn zu sich heran. »Jetzt hör mir mal zu, Flo. Ich hab eine kleine Familie,
     eine süße Frau und eine süße Tochter.« Seine Stimme war schneidend, sein Atem schlug Florian heiß ins

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