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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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durchorganisierter
     Infrastruktur gemausert. Eine einschlägige Bar grenzte an die andere. Um diese Tageszeit waren »BearBack«, »Toms« und »Dick
     Tracy« allerdings geschlossen.
    Flo sah sich um. Ein schwarz-goldenes Schild wies den Weg zu einer Videothek im Souterrain eines Mietshauses. Er kletterte
     die steile Treppe hinab und drückte auf eine klebrige Klinke. Als die Tür aufging, ertönte ein langgezogenes Klingelzeichen.
     Es klang, als würde ein Hund überfahren.
    In dem kleinen Kellerladen war schlechte Luft. Hinter der Theke schaute ein Typ mit geschorenem Schädel auf. Er trug eine
     viel zu große Armeejacke, darunter ein Unterhemd. Er warf Flo einen kurzen Blick zu, widmete sich dann wieder seiner Zeitung.
    Florian trat an den Tresen. »Sie sind meine letzte Hoffnung«, fing er an und schenkte dem Typen sein schönstes Lächeln.
    Der Mann grinste gutmütig, entblößte dabei jedoch Zähne, die Flo lieber nicht gesehen hätte. Er bemühte sich, nicht zu sehr
     auf die grauen Stümpfe zu starren.
    »Ich habe gehört, Sie haben die Filme von David Mosbach.«
    Der Typ rollte die Schultern. »Mosbach, ja?« Er sah Florian an und schien zu überlegen, in welche Schublade er ihn stecken
     sollte. »Also ›die Filme‹ ist übertrieben, wir haben nur einen, seinen ersten, ›Das Auge‹. Das ist aber auch der einzige,
     der auf dem Markt ist.«
    »Den nehm ich.« Flo grinste. Na bitte.
    Der Typ nickte, ging an ein Regal, das mit Hunderten von gleichfarbigen Plastikhüllen vollgestellt war, und zog eine daraus
     hervor. Damit kehrte er an den Tresen zurück. »Aber nicht zu oft gucken, wa?« Er lachte und blinzelte Flo zu.
    Der wusste nicht, wie er reagieren sollte. »Dann muss ich wohl Mitglied werden«, meinte er schließlich und sah den Typen fragend
     an.
    »Immer eine gute Wahl«, erwiderte der Kahlkopf und holte einen schmierigen Kugelschreiber unter der Theke hervor, um den Mitgliedsausweis
     auszustellen.
     
    Eine halbe Stunde später lag Flo vor dem T V-Gerät in seinem Hotelzimmer und verkabelte es mit einem DV D-Player , den er auf dem Rückweg zum Savoy für ein paar Euro in einem Discounter erworben hatte. Auf dem Tisch lagen die DVD, die
     er ausgeliehen hatte, sowie zwei Sandwiches. Daneben stand eine geöffnete Dose Bier. Flo richtete sich auf, griff nach der
     Fernbedienung und schaltete das T V-Gerät ein. Das Bild baute sich auf und zeigte an, dass es das Signal von dem DV D-Player empfing. Flo tippte auf »Eject«. Die Schublade fuhr aus. Er nahm einen Schluck von dem Bier, holte die DVD aus der Hülle
     und legte sie ein. Bevor er auf »Play« drückte, hielt er aber noch einmal inne.
    Reichte ihm noch nicht, was er vom »Auge« schon gesehen hatte? Wollte er sich die DVD wirklich anschauen? Warum eigentlich?
     Den Artikel für Hölzemann könnte er auch so schreiben. Und herausbekommen, wo David steckte, würde er dadurch auch nicht.
    Er legte die Fernbedienung wieder auf den Tisch, tratans Fenster und öffnete es. Kalt strömte die frische Winterluft herein. Draußen hatte es zu nieseln begonnen. Der Asphalt
     glänzte nass, einige Autos hatten bereits ihre Scheinwerfer eingeschaltet. Vor dem Delphi standen vereinzelte Kinobesucher,
     die auf ihre Verabredung warteten, andere gingen zu zweit oder zu dritt zielstrebig in das Kino hinein. Eine Weile schaute
     Florian den Passanten zu. Dann riss er sich zusammen. Es hatte keinen Sinn, einen Bogen zu machen um das, was vor ihm lag.
     Viel zu oft hatte er sich schon davor gedrückt, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Außerdem konnte er die DVD ja im Schnelldurchlauf
     und Einzelbildmodus ablaufen lassen, dann würde der Film seine Wirkung erst gar nicht entfalten können.
    Mit einem Ruck schloss er das Fenster, ließ sich aufs Sofa fallen und drückte die Playtaste auf der Fernbedienung.
    Eine Tafel mit den verschiedenen Menüpunkten der DVD baute sich auf. Die schleifende, grollende Musik, die er schon kannte,
     ertönte. Er stellte den Ton ab und wählte »Film starten«.
    Den Anfang kannte er ja bereits. Er spulte vor. Subliminale Bilder. Von einem Werbespot aus den Fünfzigern, der mit solchen
     Bildern den Konsum von Popcorn und Coca-Cola bei den Zuschauern eines Kinos in New Jersey ankurbeln sollte, hatte er mal gelesen.
     Er konnte sich jedoch nicht erinnern, jemals von einem Spielfilm gehört zu haben, in dem nachweislich subliminale Bilder verwendet
     worden waren. In Finchers »Fight Club« vielleicht, das hatte ihm mal jemand

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