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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Richard.« Flo hatte keine Lust, sich Einzelheiten aus der Nase ziehen zu lassen.
    Hölzemann räusperte sich. »Okay, ich will Sie bestimmt nicht in eine unangenehme Situation bringen, Florian, aber ich weiß
     wirklich nicht, wie wir uns da wieder rauswinden wollen. Ich meine, ich habe den Artikel fest eingeplant   –«
    Florian unterbrach ihn erneut. »Erzählen Sie mir nichts,Richard. Dann nehmen Sie eben einen anderen Artikel stattdessen rein. Sie sind der Redakteur, es ist Ihr Job, das Blatt vollzubekommen,
     auch wenn mal ein Stück wegbricht.«
    »Sicher. Aber was ist mit den Flugkosten? Mit den Hotelkosten? Das haben wir doch alles schon bezahlt.«
    Florian biss die Zähne zusammen. Stimmt! Das hatte er ganz vergessen. »Kein Problem, ich überweise Ihnen das Geld zurück.«
    Er glaubte, durch die Leitung zu hören, wie Hölzemann nervös wurde. Er wollte den Artikel wirklich haben, daran bestand kein
     Zweifel.
    »Florian, hören Sie, was soll das denn? Passen Sie auf, ich sag Ihnen was. Ich erhöhe die Gage. Ich verdoppele sie. Nein,
     ich verdreifache sie. Genau. Neuntausend Euro. Sie können schreiben, was Sie wollen. Schreiben Sie, dass David ein Freund
     ist. Schreiben Sie, warum Sie ihn schätzen. Was Sie zusammen erlebt haben. Dass Sie das Wichtigste aber lieber verschweigen.
     Ich verspreche Ihnen, wir werden Ihren Text praktisch nicht redigieren. Sie brauchen nichts zu veröffentlichen, was Ihnen
     unangenehm wäre, nichts, was ein schlechtes Licht auf Mosbach wirft, nichts, was Sie nicht wollen.«
    Florian dachte nach. Neuntausend. Nicht schlecht. So viel hatte er noch nie für einen einzigen Artikel bekommen. Aber er hatte
     kein gutes Gefühl dabei. Er wollte über David nicht schreiben. Das war seine Sache, seine Sache allein, und die ging niemanden
     etwas an. Auf der anderen Seite wollte er sich die Connection zu Hölzemann aber auch nicht verscherzen. Immerhin hatte er
     mit ihm schon manch gutes Geld verdient. Und er wardem Redakteur dankbar dafür, dass er ausgerechnet ihm diesen Artikel über David angeboten hatte.
    Er atmete aus. Ihm blieb nur ein Ausweg. Er musste eine Summe fordern, die so hoch war, dass Hölzemann von selbst aufgab.
     »Zwölftausend, Richard. Für zwölftausend mach ich es.«
    Einen Moment lang rauschte es in der Leitung. Dann war Hölzemanns Stimme wieder zu hören. »Zwölftau send ? Mann, Florian, wo haben Sie plötzlich verhandeln gelernt?« Er lachte, ohne eine Antwort abzuwarten. »Aber gut! Ich lasse
     Ihnen eine Vereinbarung rüberfaxen, die Sie mir bitte unterschreiben und zurückfaxen, in Ordnung?«
    Als Flo auflegte, hatte das ungute Gefühl in seinem Bauch noch zugenommen. Zwölftausend? Seit wann zahlte Hölzemann zwölf
     Tausender für einen einzigen Artikel?

16
    Als Florian am nächsten Morgen aufwachte, wusste er, was er zu tun hatte. Nach dem Gespräch mit Hölzemann hatte er noch lange
     wachgelegen und darüber nachgedacht, wie er weiter vorgehen sollte, bevor er endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen war.
     Doch jetzt sah er klar. Er hatte keine Ahnung, was David nach dem »Auge« für Filme gemacht hatte. Wie sollte er über ihn schreiben
     – geschweige denn ihm helfen   –, wenn er nichts über das Einzige wusste, was David jemals etwas bedeutet hatte? Über seine Filme!
    Während er aufstand, duschte, ein frisches Hemd überzog und in seinen dunkelblauen Leinenanzug schlüpfte, legte Florian sich
     die nächsten Schritte zurecht. Soweit er wusste, war bisher nur ein einziger Film von David ins Kino gekommen. »Das Corps«
     von 1996.   Es war sein Abschlussfilm an der Filmakademie gewesen, aber er musste erhebliche Gelder dafür aufgetrieben haben, denn er
     hatte einen aufwendigen Film gedreht und mit dem Ergebnis großen Erfolg erst bei den Festivals, dann beim Publikum eingefahren.
     Florian erinnerte sich, dass die Zeitungen damals voll davon gewesen waren. Das große neue Regietalent. Endlich ein würdiger
     Nachfolger für die längst nicht mehr aktuellen Herzogs, Fassbinders undSchlöndorffs. Ein Mann, der den deutschen Film aus dem traurigen Tal der Beziehungskomödien herausführte. Der den Anschluss
     fand an die neuen, internationalen Meisterwerke. Die Kritiker hatten sich überschlagen, die Zuschauer waren scharenweise ins
     Kino gelaufen. Hätte er nicht »Das Corps« gemacht, würde kein Mensch heute Davids Namen kennen.
    Florian selbst hatte »Das Corps« nie gesehen. Dabei war der Film natürlich auch in Spanien

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